Modellwerkstatt als 1:1-Modell

Jenny Keller
5. Januar 2018
Bild: Universität Liechtenstein

Die Modellwerkstatt an der Universität Liechtenstein war ein zehnjähriges, stark in Anspruch genommenes Provisorium und musste ersetzt werden. In einem Erasmus-Programm-Workshop wurden 2016 in einem ersten Schritt strukturelle Konzepte erprobt und 1:1 vor Ort aufgebaut. Diese Prototypen stellten die Ausgangslage für die Weiterentwicklung des Pavillons in einem experimentellen Prozess dar. Entwurfsteams von zwei Studios der Architekturfakultät Liechtenstein untersuchten die Tragstrukturen und verglichen sie miteinander. Vier Varianten wurden überarbeitet, konstruktiv überprüft und anschliessend gebaut. In einem Auswahlverfahren klärte sich, welche Tragstruktur sich am innovativsten und gleichzeitig als realisierbar herausstellte, schreibt die Universität. In einer Seminarwoche wurde daraufhin von den Studierenden in Zusammenarbeit mit einem Zimmermannbetrieb die Rohbauelemente in der Werkstatt hergestellt und am Ende der Woche auf den vom Baumeister vorbereiteten Fundamenten aufgerichtet.

Zur Tragstruktur ist der Medienmitteilung der Universität Folgendes zu entnehmen: «Die Tragstruktur der Werkstatt besteht aus gebogenen Brettern, die bogenförmig ausgelegt und auf einer fix montierten Lehre um die halbe Breite versetzt wellenförmig unterspannt wurden. Die Gegenspannung garantiert trotz der Feinheit der Bretter die statische Höhe. Um die Biegung zu ermöglichen, war es notwendig, die Bretter je nach Radius auf die geeignete Dicke zu hobeln. Die Optimierung des einzelnen Tragelements machte eine grosse Anzahl von Versuchen und Bruchtests notwendig. Die Verbindungen zwischen Ober- und Untergurt wurden mit verleimten Hartholzkeilen und wenigen sichtbaren Schrauben gewährleistet. (...) Eine darüber liegende Bretterlage stabilisiert die Konstruktion in Längsrichtung und bildet die Unterlage für eine moderate Dämmebene, Hinterlüftung und schliesslich die Wetterhaut aus Lärchenschindeln.»

Mit diesem Projekt sollte der handwerkliche Aspekt in den Vordergrund gestellt werden. Nicht nur das eigentliche Hand-Anlegen, sondern auch die Beschäftigung mit der der Logik des Fügens der Materialien hin zu einem charakteristischen Ausdruck, war zentral. Das computerdominierte Entwerfen habe das Entwickeln aus der Logik der Materialien seit der Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend aus der Architekturausbildung vertrieben, schreibt die Universität Liechtenstein weiter. Wie sich aber aktuell zeige, finde parallel ein Umdenken statt. Die Studierenden stellen ausserdem selber fest, dass sie von dem direkten Kontakt mit den Materialien beim Bohren, Sägen, Hobeln und Schindeln profitieren, was ihnen helfe, die konstruktiven Zusammenhänge nachhaltig nachzuvollziehen.


Bauherrschaft
Universität Liechtenstein, Institut für Architektur und Raumentwicklung
Fläche
72 m2
Grundkonstruktion
320 Holzlamellen à 5 Meter erzeugen in gebogenem Zustand durch ihre Spannung die Grundkonstruktion
Projektbeteiligte
Entwurfsstudio Urs Meister| Entwurfsstudio Carmen Rist-Stadelmann | Zimmerei Frommelt Ing. Holzbau AG

Bild: Universität Liechtenstein
Bild: Universität Liechtenstein

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