Verdichten in Zofingen

Manuel Pestalozzi
11. August 2015
Bilder Frei Architekten AG

«Eine Kleinstadt wird zum Vorort der halben Schweiz» - mit diesem Titel berichtete die NZZ vor zehn Jahren aus dem Aargauer Teil des Wiggertals. Dank der guten verkehrstechnischen Lage ist Zofingen mit seiner schmucken Altstadt ein begehrter Wohnort. Man kommt gut hin – und ist schnell weg. Das Färbi-Areal war jener Teil der Mini-Boomtown, das den Reporter damals besonders anzog, vielleicht auch, weil es eine melancholische Schilderung fast menschenleerer Siedlungsräume zuliess.
 
Einst wurde hier eine Färberei betrieben, der nördliche Teil des Areals hat die Eigentümerin SUVA zur Jahrtausendwende mit Wohnungen und etwas Gewerberaum überbaut, rund ein Drittel ist eine Freifläche geblieben, mitten im Stadtraum. Für dieses an die Bahnlinie grenzende dreiecksförmige ebene Terrain hat die SUVA einen Studienauftrag ausgeschrieben. Das siegreiche Projekt der Frei Architekten AG, Aarau, sieht rund 120 Wohnungen unterschiedlicher Grösse vor. Für eine Diversifizierung des Angebots soll ein Teil der Wohnungen als Alterswohnungen entwickelt werden. Zusätzlich wird die Tiefgarage erweitert.

Die bestehende Bebauung auf dem Färbi-Areal weist eine klare kammartige Nord-Süd-Ausrichtung auf und eine entsprechende Zonierung der Aussenräume. Die Neubauten lehnen sich in der Anordnung an das bestehende Bebauungsprinzip an. Ein zweigeschossiger Gebäudekörper entlang der Bahnlinie wird als Lärmriegel konzipiert und für gemeinschaftliche Nutzungen wie Veloräume, Entsorgung und Gemeinschaftsraum genutzt. Auf dieses Volumen stützen sich drei Baukörper mit je fünf Geschossen und einem Attikageschoss ab. Sie ergänzen die Kammstruktur. Der vierte frei stehende Baukörper bildet den Übergang zur bestehenden Bebauung.

Eine Skelettbauweise mit tragenden Erschliessungskernen und Stützen gewährt eine hohe Flexibilität bei den Wohnungsgrundrissen. Schaltzimmer ermöglichen einen gewissen Spielraum im Wohnungsschlüssel. Die Gebäudekörper sind als Zwei- und Dreispänner organisiert, die Zugänge erfolgen über die öffentlichen Zwischenräume. In einem nächsten Schritt wird die SUVA das Projekt für eine Neuauflage des Gestaltungsplans bereinigen. Dieser wird voraussichtlich Anfang 2016 den Bewilligungsbehörden eingereicht. Noch in diesem Jahrzehnt will man mit bauen beginnen.

Die vom NZZ-Reporter beschriebene Vorort-Tristesse war natürlich eine Momentaufnahme und für Zofingen eher untypisch, so hofft man. Denn der Wert solcher Zwischenorte mit hoher Erreichbarkeit aus vielen Richtungen ist nicht zu überschätzen. Charakterbildende Architektur tut hier ganz besonders Not, denn hier dürfte sich entscheiden, was «daheim sein» morgen bedeutet.

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