Schweizer Holzbauten begeistern Berlin

Ulf Meyer
22. de gener 2020
Umbau Bachmatte, Gstaad, 2016 (Foto: Jürg Zimmermann)

Massivholz als tragendes Baumaterial hat viele Vorteile: Es riecht gut und fühlt sich angenehm an, es ist umweltfreundlich und ästhetisch, weist gute Dämmwerte auf und verfügt über eine ausgezeichnete Tragfähigkeit. Die Schweizer Wälder können in weniger als zwanzig Minuten alle Rohstoffe «produzieren», die für den Bau eines ihrer Gebäude nötig sind, rechnen Nathalie Rossetti und Mark Aurel Wyss auf einer ihrer Tafeln vor, mit deren Hilfe sie sich derzeit in einer exzeptionellen Ausstellung in der Architekturgalerie Berlin präsentieren. Die Schau selbst ist ebenso umwerfend gestaltet wie ihr Sujet: schöne, grosse Schwarz-Weiss-Fotos, informative Schnittmodelle aus Holz und MDF sowie ansehnliche Zeichnungen, die mitteilsam sind, ohne geschwätzig zu sein. Stark! Thomas Kramer vom Verlag Park Books, der als Eröffnungsredner der Ausstellung nach Berlin eingeladen war, nannte die Arbeit der beiden Architekten «getrieben von Neugierde auf der Suche nach dem Spezifischen und Einfachen». Mit an Peter Bichsel erinnernden Sätzen beschreiben die Architekten selbst ihre Werke: «Es ist, was es ist», sagten sie zum Beispiel. Das klingt tautologisch, aber es beschreibt ihren Ansatz gut. Schliesslich sagen sie von sich selbst, ihre gestalterische Haltung sei die Zurückhaltung.

Werkhalle AWEL, Andelfingen, 2015 (Foto: Jürg Zimmermann)
Doppelhaus, Zürich, 2012 (Foto: Jürg Zimmermann)

«Die Kraft liegt im Stoff, in der Form, in der Kombination und der Reflexion», so Rossetti und Wyss, die ihr Architekturbüro im Jahr 2000 in Zürich gegründeten. In der Berliner Schau zeigen sie fünf Arbeiten. Die Werkhalle AWEL für Nutzfahrzeuge beispielsweise besteht aus 36 massiven, grossen Holzelementen, die vorfabriziert und auf der Baustelle ineinander verzahnt wurden. Wände, Dachbinder und die Dachfläche bestehen aus Massivholz. Öffnungen im Bereich der Dachbinder versorgen die Halle mit Tageslicht und Luft. Fertig! Rossetti und Wyss präsentieren ihr Modell als Bausatz. Das «Haus Gottshalden», auf einer Hochebene am Zürichsee gelegen, ist «holzig und scharfkantig». Massive Eichendielen überspannen hier in Verbundbauweise die Räume. Die Innenräume atmen. Beim Festraum «Trublerhütte» ist den Architekten ein Haus gelungen, das Innen- und Aussenraum zugleich ist. Denn grosse Tore öffnen den Saal zum umgebenden Wald, bieten Ein- und Ausblicke. Das Doppelhaus in Zürich hingegen besteht aus Holzwänden, auf denen massive Betondecke ruhen. Die Bachmatte in Gstaad offenbart einen sorgfältigen, feinfühligen Umgang mit dem Bestand und findet eine Balance zwischen Konstruktion und Form, Material und Funktion, Dichte und Leichtigkeit. 

So illustriert jedes der präsentierten Gebäude einen Aspekt der Arbeitsweise von Rossetti+Wyss, die «eine eindeutige, einmalige und wiedererkennbare Haltung suchen». Durch die Reduktion der Gestaltungsmittel entsteht ein «kontrolliertes Produkt der Projektidee», wie sie es ausdrücken. Einfach anmutende Formen verstärken dabei die Lesbarkeit des Entwurfs, Zurückhaltung, die Arbeit im Kontext, die Ökonomie der Mittel und Ausgewogenheit prägen die Bauten. Integration und Bescheidenheit sind die Zutaten ihrer Architektur. Ein Erfolgsrezept!

 «Haus Gottshalden», Horgen, 2012 (Foto: Jürg Zimmermann)

Rossetti+Wyss: «Massivholz – Material, Reduktion, Balance»
Bis zum 29. Februar 2020 in der Architekturgalerie Berlin, Karl-Marx-Allee 96
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 14 bis 19 Uhr, Samstag 12 bis 18 Uhr
 

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