Alle unter einem Dach

deplus architekten eth/fh
22. August 2024
Durch die geknickte Ortfassade auf der Nordseite des Neubaus bleibt ein kleiner Vorplatz frei. (Foto: Samuel Trümpy Photography)
Frau Demme, Frau Plüss, wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Gabriele Demme: Die Form des Neubaus berücksichtigt die Parzellengeometrie, wodurch ein grosszügiger Aussenbereich für die Kinder verblieb und die prägenden Bäume im Garten erhalten werden konnten. Das polygonale Gebäude lässt die Spitze des Grundstücks frei, sodass dort neu ein kleiner öffentlicher Raum als Ankunftsort entstanden ist. Gleichzeitig bildet die abgeknickte Ortfassade ein Gegenüber zum kleinen Quartierplatz vis-à-vis. Das geneigte Dach hat eine polygonale Form. Einerseits entfaltet der Bau durch die damit verbundene Höhe eine angemessene Präsenz im Strassenraum. Andererseits ordnet sich das Gebäude so in das von Schrägdächern geprägte Quartier ringsherum ein.

Nach Süden fügt sich das Gebäude in das umliegende Wohnquartier ein. (Foto: deplus architekten eth/fh)
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?


Franziska Plüss: Der Skizzenentwurf, mit dem wir das Planerwahlverfahren gewonnen hatten, musste im Projektverlauf nur in wenigen Punkten angepasst werden. Das Grundkonzept, also die polygonale, zweigeschossige Gebäudeform, wird auf grundsätzlich konzeptionelle Art vielen Anforderungen gerecht, die das Gebäude in der Weiterentwicklung zu erfüllen hatte. Dies waren einerseits der eng gesetzte Kostenrahmen des bereits vorgängig bewilligten Baukredites, aber andererseits auch Fragen der Einordnung, feuerpolizeiliche Richtlinien und hohe Standards in Bezug auf Ökologie und Energie.

Die beiden Lauben beim Treppenaufgang bieten stimmungsvolle, wettergeschützte Aussenbereiche. (Foto: Samuel Trümpy Photography)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?


Gabriele Demme: Öffentliche Gebäude und das Bauen für die Gemeinschaft und für Kinder sind Aufgaben, mit denen wir uns gerne immer wieder befassen. Inhaltlich liegt das Gebäude also nahe bei vielen Projekten, die wir bisher bearbeiten konnten. Eher ungewöhnlich ist, dass es sich um einen reinen Neubau handelt. In den meisten Fällen bauen wir im Kontext von bestehenden Gebäuden und realisieren Um- und Erweiterungsbauten.

Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Franziska Plüss: Die Gemeinde Glarus hatte sich von Beginn an verpflichtet, den Kindergarten als Minergie-P-Gebäude zu erstellen. Während des Vorprojekts wurde zusätzlich die Erfüllung des Eco-Standards festgelegt. Dank der sehr kompakten Gebäudeform ohne Untergeschoss und einer geschickt gewählten Materialisierung konnten wir die Vorgaben des Baustandards ohne «Kunstgriffe» einhalten; dies trotz kleinem Gebäudevolumen mit entsprechend grossem Anteil an Gebäudehülle.

Dank grosser Fenster und diagonaler Blickbeziehungen sieht man immer wieder ins Grüne. (Foto: Samuel Trümpy Photography)
Im Obergeschoss wird die polygonale Dachform erlebbar. (Foto: Samuel Trümpy Photography)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Gabriele Demme: Der Einsatz von Holz prägt den Ausdruck des Gebäudes entscheidend und macht seine Anziehungskraft aus. Zu dieser Wirkung trägt das Material an sich bei, aber auch die handwerklich sehr sorgfältige Ausführung durch alle beteiligten Zimmerleute und Schreiner. Von Beginn an haben wir darauf hingearbeitet, dass Holz nicht nur für die Gebäudestruktur, sondern auch für Fassade und Innenausbau eingesetzt wird und so im fertiggestellten Gebäude sicht- und spürbar bleibt. 

Bauteilrecycling im Kleinen: Die Bänkli des alten Kindergartens wurden hergerichtet und mit neuen Kindertischen ergänzt. (Foto: deplus architekten eth/fh)
Situation (© deplus architekten eth/fh)
Grundriss Erdgeschoss (© deplus architekten eth/fh)
Schnitt (© deplus architekten eth/fh)
Bauwerk
Ersatzneubau für den Kindergarten Ennetbach
 
Standort
Ennetbachstrasse 9, 8754 Netstal
 
Nutzung
Doppelkindergarten
 
Auftragsart
Planerwahlverfahren, 1. Rang
 
Bauherrschaft
Gemeinde Glarus, Departement Liegenschaften und Sicherheit
 
Architektur
deplus architekten eth/fh, Zürich
Projektleitung: Gabriele Demme und Franziska Plüss
Mitarbeit: Marleen Elschen
 
Fachplaner
Landschaftsarchitektur: Kirsch & Kuhn Freiräume und Landschaftsarchitektur, Bauma
 
Bauleitung
Baumanagement: Contect GmbH, Thalwil
 
Fertigstellung
2024
 
Gebäudevolumen
2244 m3
 
Energiestandard
Minergie-P Eco
 
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Holzbau: Marti AG Holzbau, Matt
Baumeister: Ragotti + Weber Bau AG, Netstal
Schreinerarbeiten: Tschudi Holz AG, Ennenda
Bedachungsarbeiten und PV-Anlage: Riget AG, Bilten
Umgebungsarbeiten: Landolt Hans Gartenbau AG, Näfels
 
Fotos
Samuel Trümpy Photography und deplus architekten eth/fh

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