Die Schulanlage erstrahlt in neuem Glanz

Häberli Heinzer Steiger Architekten
8. Juni 2023
Während der ältere Gebäudetrakt der Schulanlage Risi seinen bauzeitlichen Ausdruck zurückerhielt, wurde der neuere Bau wesentlich umgestaltet. (Foto: Simon Walther, 2plus AG)
Herr Heinzer, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Die Schulanlage Risi besteht aus zwei komplett unterschiedlichen Gebäudetrakten, die im Untergeschoss und mittels einer Überdachung miteinander verbunden sind. Der ältere Trakt mit einem imposanten Kreuzgiebel stammt aus dem Jahr 1916 und ist kantonal denkmalgeschützt. Der grössere Erweiterungsbau wurde 1974 errichtet und nun im Zuge der Umbaumassnahmen bis auf den Rohbau zurückgebaut. Anschliessend wurde er mit Holzbauelementen neu eingekleidet. Im Rahmen der Sanierung wurden die beiden Gebäude gesamthaft erneuert, mit je einem Lift ergänzt, den heutigen Ansprüchen an Klassenzimmer, Gruppenräume und Lernzonen angepasst sowie mit einer neuen Aula ausgestattet.

Das alte Schulhaus aus dem Jahr 1916 steht unter kantonalem Denkmalschutz. (Foto: Simon Walther, 2plus AG)
Die ursprüngliche Aula im 2. Obergeschoss wird nun als Klassenzimmer genutzt. Sämtliche Sichtholztäfer und die Deckenstuckaturen konnten beibehalten werden. (Foto: Simon Walther, 2plus AG)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Das übergeordnete Ziel der Gesamtsanierung war, die Eigenständigkeit der beiden Gebäude weiter zu schärfen, aber gleichzeitig die Schulanlage als Ensemble näher zusammenzuführen. Der Altbau wurde daher zumindest in seinem Aussenbild wieder mehr seiner ursprünglichen Gestaltung angeglichen, während der 1970er-Jahre-Bau sowohl innen als auch aussen farblich und hinsichtlich der Materialien weitgehend transformiert wurde. Mit seiner neuen Holzfassade hat er einen komplett neuen Ausdruck erhalten, ohne dass dabei der Bestand negiert worden wäre.

Treppenaufgang im historischen Schulhaus (Foto: Simon Walther, 2plus AG)
Blick in die Aula des aus den 1970er-Jahren stammenden Baus der Schulanlage Risi (Foto: Simon Walther, 2plus AG)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Die Schulanlage Risi liegt erhöht an einer Hügelkette oberhalb von Wattwil. Sie ist umgeben von Wiesen und Wäldern und gut besonnt. Man hat von dort einen schönen Ausblick auf das Toggenburg. Die unterschiedlichen Fassadenpartien des Altbaus in Kunststein, die Putzflächen in grobem Kellenwurf und die feinen Putzbänder wurden in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege anhand von Farbuntersuchungen neu interpretiert und zu einem ganzheitlichen, in sich stimmigen Ausdruck gebracht.

Beim denkmalgeschützten Gebäude handelt es sich um einen typischen Schulhausbau im Jugendstil der damaligen Zeit. Charakteristisch sind für diesen Baustil die grosszügige Linie, die typische Dachpartie mit den beiden Schweifgiebeln im Toggenburger Heimatstil sowie die massive Korridor- und Treppenhauspartie in Kunststein. Auf der Restaurierung von Gipsreliefbildern und Zahnfriesen an den Wänden und der Sanierung der hölzernen Brust- und Wandtäfer im Treppenhaus sowie entlang der Aussenwände in den Klassenzimmern lag das Hauptaugenmerk bei der gelungenen Gestaltung dieses Zeitzeugen.

Die verglasten Trennwände zwischen Klassen- und Gruppenräumen können auf Knopfdruck transparent oder opak erscheinen. (Foto: Simon Walther, 2plus AG)
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?


Während der Abbrucharbeiten wurde festgestellt, dass im denkmalgeschützten Primarschulhaus sämtliche Böden der Klassenzimmer aus statischen Gründen ersetzt werden müssen. Im Endeffekt hatte diese kostspielige Massnahme aber auch Vorteile: Haustechnik- und Elektroleitungen konnten so komplett neu geführt, die Rollläden den heutigen Gebrauchsanforderungen angepasst und die beiden kleinen Klassenzimmer im 2. Obergeschoss leicht vergrössert werden. Zudem war es uns trotz eigentlich schon weit fortgeschrittenen Bauarbeiten noch möglich, auf den Wunsch einzugehen, einen Betreuungsraum mit Gastronomieküche einzubauen.

Obwohl der neuere Trakt auch hinsichtlich seiner Farbigkeit und der verbauten Materialien stark verändert wurde, bleiben typische Elemente der 1970er-Jahre-Architektur erkennbar. (Foto: Simon Walther, 2plus AG)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?


Ein Grossteil unseres Schaffens besteht aus dem Umbauen, Umnutzen und Ergänzen sowie der Instandstellung von bestehenden, oft denkmalgeschützten Gebäuden. Dieses Projekt ist unser erster Umbau einer Gesamtschulanlage. Thematisch passt es indes gut zur Transformation eines Bürogebäudes in Schulraum an der Zürcherstrasse und zur Sanierung der Turnhalle Lind Nord – zwei Projekte im denkmalgeschützten Bestand in Winterthur. Zurzeit arbeiten wir an der Sanierung und Erweiterung eines ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden Primarschulhauses in der Altstadt von Stein am Rhein.

Der 1970er-Jahre-Bau erhielt eine neue Holzfassade und damit auch einen neuen architektonischen Ausdruck. (Foto: Häberli Heinzer Steiger Architekten)
Das Primarschulhaus aus dem Jahr 1916 besitzt einen beeindruckenden Kreuzgiebel. (Foto: Häberli Heinzer Steiger Architekten)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Der Oberstufenschulbau aus den 1970er-Jahren wurde von den Fassadenelementen aus Waschbeton befreit. Mit einer hinterlüfteten Fassade aus vorgefertigten Holzelemente wurde er den heutigen Energie- und Nachhaltigkeitsvorgaben angepasst. Zudem erhielt er so einen neuen Ausdruck durch die vertikale Holzschalung und die horizontalen Metallbänder. Dabei haben wir auf die Verwendung von Schweizer Holz geachtet, nach Möglichkeit mit Beizug lokaler Bauunternehmen.

Durch die kleinen Volumenergänzungen für Lift und Technikraum der Aula konnten sämtliche Anforderungen des Raumprogramms in der bestehenden Schulanlage umgesetzt werden. Besonders sind sicher auch die verglasten Trennwände zwischen Klassen- und Gruppenräumen, die auf Knopfdruck nach Wunsch opak oder transparent sein können, oder die mobil unterteilbare Aula.

Situation (© Häberli Heinzer Steiger Architekten)
Grundriss Erdgeschoss (© Häberli Heinzer Steiger Architekten)
Grundriss 2. Obergeschoss (© Häberli Heinzer Steiger Architekten)
Querschnitt des Schulbaus aus den 1970er-Jahren (© Häberli Heinzer Steiger Architekten)
Bauwerk
Gesamtinstandsetzung Schulanlage Risi, Wattwil
 
Standort
Frohmadernweg, 9630 Wattwil
 
Nutzung
Schulhaus für Kindergarten bis Oberstufe, Einfachturnhalle, Aula, Schulküche und Mittagstisch
 
Auftragsart
Planerwahl, 1. Rang
 
Bauherrschaft
Schulgemeinde Wattwil-Krinau
 
Architektur
Häberli Heinzer Steiger Architekten ETH FH SIA, Winterthur
Stefan Heinzer (Projektleiter), Mathias Steiger, This Häberli und Stefano Künzli
 
Fachplaner 
HLS-Planer: Keller Edwin Partner AG, Gossau
Elektroplaner: Elektroplanung Huber AG, Herisau
Bauingenieur: Huber Partner AG, Wattwil
Bauphysik: Baumann Akustik und Bauphysik AG, Uzwil
 
Bauleitung 
Markus Giger, Baukom AG, St.Gallen
 
Fertigstellung
2023 
 
Gesamtkosten BKP 1–9
CHF 11.9 Mio.
 
Gebäudekosten BKP 2
CHF 9.6 Mio.
 
Gebäudevolumen 
24'950 m3 (gemäss SIA 416)
 
Kubikmeterpreis
385 CHF/m3
 
Energiestandard
Minergie Standard
 
Kunst am Bau
Signaletik: Simon Walther, 2plus AG, Wattwil
 
Fotos
Simon Walther, 2plus AG

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