Haus im Pinienwald

MET Architects, Basel
17. April 2019
Südostansicht (Foto: Ieva Saudargaité)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Das 6 Hektar grosse Baugrundstück liegt innerhalb einer Landwirtschaftszone 1'000 Meter über dem Meeresspiegel an der Westflanke des Libanongebirges. Die grösste Herausforderung war, in dem gänzlich unerschlossenen, topographisch stark bewegten und dicht mit teils 100-jährigen Pinien bewachsenen Gelände einen geeigneten Bauplatz auszuwählen – für unser Büro eine völlig neue Erfahrung. Es ist keine alltägliche Aufgabe auf 60'000 m2 sozusagen «die Nadel im Heuhaufen» zu finden. Am Ende haben wir sie jedoch gefunden und uns gemeinsam mit dem Bauherrn für einen (Bau-)Platz entschieden, auf dem keine Bäume gefällt werden mussten und dessen Rundumblick in die Umgebung am meisten Abwechslung bot.

Südwestansicht (Foto: Ieva Saudargaité)
Nordostfassade (Foto: Ieva Saudargaité)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Lange vor der Einführung von Klimanlagen war es im Libanon üblich die schwülen, sehr heissen Sommer nicht in der Stadt, sondern in höher gelegenen kühleren Regionen zu verbringen. Die Männer fuhren morgens zur Arbeit, die übrigen Familienmitglieder blieben in den «Bergen». 

Unser Auftraggeber hat sich einen derartigen Ferien- und Rückzugsort gewünscht, an dem er inmitten der Natur Zeit verbringen, Freude und Verwandte einladen und der Hektik und dem Gestank einer Grossstadt wie Beirut entfliehen kann.

Wohnraum (Foto: Ieva Saudargaité)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?

Bestimmend für das Haus waren die baurechtlichen Rahmenbedingungen der Landwirtschaftszone in der Gemeinde Deir El Harf. Neben den üblichen Vorgaben wie zum Beispiel zur Ausnutzung und der maximalen Gebäudehöhe gibt es dort spezifische Vorgaben zur äusseren Erscheinung der Häuser. Das örtliche Baurecht spricht hier vom «traditional house» für das etwa Dachform, -neigung und -eindeckung sowie natursteinverkleidete Aussenwände vorgegeben sind. Nicht vorgeschrieben ist der Anteil der verglasten Aussenwandflächen im Verhältnis zu den geschlossenen, mit Naturstein verkleideten Aussenwänden. Unsere Interpretation dieser «Lücke» im Baurecht als vollverglaste Fassade hat bei der Bauabnahme zu etwas Verwirrung und in der Folge zur Anpassung des örtlichen Baurechts geführt…

Essraum (Foto: Ieva Saudargaité)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen Entwurf beeinflusst?

In der Auseinandersetzung mit dem Auftraggeber war es mitunter nicht ganz einfach zu vermitteln, dass «Luxus» auch bedeuten kann, Dinge nicht zu tun, die man sich eigentlich leisten könnte. Vielmehr war es wichtig, gemeinsam herauszufinden welches Mass an Annehmlichkeit, Behaglichkeit und Komfort umgesetzt werden muss, damit man sich an einem Ort wohlfühlt. Das ursprünglich nur für eine tageweise Nutzung an den Wochenenden vorgesehene Haus ist inzwischen zum dauerhaften Wohnort avanciert.

Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?

Unsere Neu- und Umbauprojekte zeichnen sich durch einen sensiblen und respektvollen Umgang mit der jeweils bestehenden Situation aus. Uns interessiert, wie die unterschiedlichen Bedingungen eines Projektes zu einem kohärenten Endergebnis führen. Dabei ist es weniger erheblich, ob es um den Umbau eines denkmalgeschützten Hauses geht oder um die Platzierung eines Neubaus in einer landschaftlich aussergewöhnlichen Situation wie der des Pinienwaldes von Deir El Harf.

Schlafraum (Foto: Ieva Saudargaité)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Eine handwerkliche Baukultur im europäischen Sinne existiert heute in Beirut nicht mehr. Sie ging schon vor Jahrzehnten durch einen vollständig industrialisierten Baustoffmarkt verloren. Abseits der globalen Handelsrouten und aufgrund hoher Einfuhrzölle wird nur importiert, was sich in grossen Stückzahlen verkauft und ohne fachliche Qualifikation auf der Baustelle zusammensetzen lässt. Dementsprechend schwierig war es Unternehmer zu finden, die bereit waren längst vergessene Handwerkstechniken und Produktionsmethoden von Neuem zu «lernen» und diese auch anzuwenden. Bei der Produktion des innen und aussen verlegten Terrazzobodens haben wir zum Beispiel sämtliche örtlich verfügbaren Rohmaterialien und Zuschlagsstoffe selbst geliefert und die Produktionstechnik zusammen mit der ausführenden Firma solange verfeinert bis das gewünschte Ergebnis erzielt werden konnte. Die besondere Erfahrung lag vor allem im gemeinsamen Prozess des «Herstellens» in unmittelbarer Auseinandersetzung mit den wiederentdeckten handwerklichen Möglichkeiten vor Ort.

Situationsplan
Grundriss Erdgeschoss
Längsschnitt
Querschnitt
Südwestansicht
Südostansicht
Nutzung 
Wochenendhaus
 
Ort 
Deir El Harf, Ras El Maten, Libanon
 
Architektur 
MET Architects GmbH SIA, Basel
Roula Moharram und Thomas Thalhofer
 
Fachplaner 
Tragwerk: Beatec, Jounieh
Elektro: R. Ngeim, Beirut
Haustechnik: R. Kazopoulo, Mansourieh 
Landschaftsarchitektur: Francis Landscape, Sin El Fil
 
Bauleitung 
Khater Contracting Group, Mansourieh
 
Jahr der Fertigstellung 
2018
 
Gebäudevolumen 
1'400 m3
 
Fotos Ieva Saudargaité, Beirut

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