Möglichkeitsraum
Oft sind moderne Bauten von aufwendiger Technik und zahllosen Sensoren abhängig. Doch bei der Schulanlage Guggach in Zürich von Weyell Zipse regulieren die Nutzenden das Raumklima selbst, indem sie große Schiebetore öffnen und schließen.
Herr Weyell, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Das Herzstück der Schulanlage Guggach ist das Foyer – eine unbeheizte Zwischenklimazone, die sich flexibel den Jahreszeiten anpasst: Im Sommer offen und im Winter geschlossen, kann das Klima mit handbetriebenen Schiebetoren gesteuert werden. Hier starten die Kinder ihren Tag mit dem gemeinsamen Singen am Montagmorgen, lernen in den Freiluftklassenzimmern und genießen ihre Pausen im Freien.
Während des Entwurfsprozesses haben wir uns immer wieder mit der Freiluftschule von Johannes Duikers in Amsterdam beschäftigt. Uns interessierte die Schwelle zwischen Innen- und Außenräumen, und wir fragten uns, wie sich deren Beziehung in der Architektur darstellt. Denn wir wussten, dass man außerhalb des Dämmperimeters sehr einfach und kostengünstig bauen kann.
Das Schulhaus ist als poröser Stadtbaustein konzipiert, der den Kontakt zu seiner Umgebung sucht. Das Foyer öffnet sich einladend zum Quartierpark – ähnlich einer großen Bühne. Und es eröffnet eine Vielzahl an Möglichkeiten für den Lehrbetrieb, deswegen ist es auch sehr gut von den Nutzern angenommen worden.
Mit Ausnahme der beiden Treppenkerne bestehen die oberirdischen Geschosse ausschließlich aus vorgefertigten Elementen. Dies gewährleistet eine hohe Flexibilität im Betrieb, ermöglicht langfristige Anpassungen und erleichtert die Wiederverwendung der eingesetzten Bauteile. Die klare Trennung von Struktur, Haustechnik und Ausbau bleibt erfahrbar und wird bewusst in die Gestaltung integriert.
Da das Foyer außerhalb des Dämmperimeters liegt, konnte es kostengünstig realisiert werden. Dennoch: Weder das Atrium noch die Außenklassenzimmer waren im Raumprogramm und im Budget vorgesehen. Somit musste im übrigen Gebäude Geld gespart werden. Darum ist das Schulhaus sachlich und rational konstruiert. Wir haben vorwiegend Materialien verwendet, die man eher aus dem industriellen Bauen kennt.
Die Wandelbarkeit des Foyers zeigt, wie man mit einfachen technischen Mitteln – wie dem Öffnen von Dach oder Fassade – und unter Nutzung der Sonneneinstrahlung das Raumklima beeinflussen kann. Die meisten modernen Gebäude sind stark von technischen Installationen abhängig. Von autochthoner Architektur können wir lernen, wie sich ein Gebäude an das Klima und die Jahreszeiten anpassen kann. Oft haben einfache bautechnische Prinzipien eine große Wirkung. In unserer Arbeit verfolgen wir daher bewusst Lowtech-Strategien und streben an, den Nutzenden wieder mehr Verantwortung für das Klima und den Raum zurückzugeben.
2024
Wehntalerstrasse 109
8057 Zürich, Kanton Zürich, Schweiz
Nutzung
Primarschule
Vergabe
Wettbewerb
Bauherrschaft
Stadt Zürich, Amt für Hochbauten
Architektur
Weyell Zipse, Basel
Natalia Podejko, Micha Ringger (Projektleitung), Christian Weyell, Momoko Yasaka und Kai Zipse
Fachplaner
Landschaftsarchitektur: Atelier Loidl Landschaftsarchitekten GmbH, Berlin
Baumanagement: HSSP AG, Zürich
Fassadenplanung: PPEngineering GmbH, Basel
Tragwerksplanung: Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG, Zürich
Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik: Waldhauser + Hermann AG, Basel
Sanitärplanung: BLM Haustechnik AG, Zürich
Elektroplanung: IBG Engineering AG, Winterthur
Energiestandard
Minergie P Eco
Bruttogeschossfläche
7608 m²
Gesamtkosten
CHF 43'500'000
Auszeichnung
»Goldener Hase« beim Preis »Die Besten 2024« der Architekturzeitschrift Hochparterre
Fotos
Daisuke Hirabayashi, Basel