Umweltfreundliche Ortsverbundenheit

LOCALARCHITECTURE | 28. März 2025
Foto: Matthieu Gafsou, LOCALARCHITECTURE
Herr Saurer, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Eigentlich war die Aufgabe denkbar einfach: Wir sollten neue Umkleidekabinen und einen Imbiss für das Sportzentrum der Westschweizer Gemeinde Daillens entwerfen. Doch weil der ökologische Fußabdrucks so klein wie möglich ausfallen sollte, entstand ein ehrgeiziges und wegweisendes Bauwerk. 

Die Gemeinde besaß seit den 1970er-Jahren Umkleidekabinen, deren Zustand leider zu schlecht war, um sie zu renoviert. Sie beschloss daher, für ihren Fußballverein, den FC Venoge, einen neuen Infrastrukturbau zu errichten. Wir haben das Gebäude auf die Mittelachse des Fußballplatzes ausgerichtet, und es zieht sich elegant mit einem großen Metalldach in die Länge. Sein First ist dünn wie ein Blatt Papier und verweist so auf die Bergkämme des Jura im Hintergrund. Unser Haus besteht hauptsächlich aus Holz und hat eine Grundfläche von weniger als 400 Quadratmetern. Es beherbergt Umkleidekabinen, Duschen für die Spieler und einen Imbiss, aber auch diverse Nebenräume und einen Bereich für den Pétanque-Club.

Das Gebäude entwickelt sich horizontal und ist auf die Mittelachse des Fußballplatzes ausgerichtet. Die landwirtschaftlich geprägte Umgebung und die Berge des Jura inspirierten die Architekten. (Foto: Matthieu Gafsou, LOCALARCHITECTURE)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Das Projekt ist von der Landwirtschaft und ihrer Infrastruktur inspiriert, die die Schweizer Kulturlandschaft prägen. Während das verwendete Holz – es handelt sich um Tieflandlärche – in erster Linie aus den Gemeindewäldern stammt, wurde das Stroh, mit dem wir die Wände gedämmt haben, von den Landwirten des Dorfes zur Verfügung gestellt. 1200 kleine Ballen wurden mithilfe von alten Bündelmaschinen nach Maß gefertigt, die für diesen Zweck extra wieder in Betrieb genommenen worden waren. Die Größe der einzelnen Bündel strukturiert das gesamte Projekt und diente als Referenz beim Gestalten der kleinsten Details. Die Rahmen der Wände aus Massivholz wurden in der Werkstatt vorgefertigt und dort auch mit der Stroh-Dämmung gefüllt. 

Die Primärstruktur besteht aus 37 sich wiederholenden Rahmen aus Brettschichtholz, die sich gleichmäßig im Grundriss verteilen – auch ihre Größe basiert auf den Abmessungen der Strohballen. Diese Rahmen aus Fichtenholz sind mit Konsolen unterschiedlicher Länge versehen. Sie tragen die grün gefärbten Latten der Fassade und das Dach aus Wellblech. 

Wie reagiert das Projekt auf den Ort?


Unser Haus besitzt ein langgestrecktes Satteldach, dessen Traufe gebogen und gekrümmt ist – diese Form fügt sich harmonisch zwischen die Sonnenblumenfelder und den Fußballplatz ein. Den Baukörper selbst, der von dem weit auskragenden Metalldach geschützt wird, haben wir in vier verschiedene Volumen unterteilt. Diese sind symmetrisch zur Mittelachse des Fußballplatzes angeordnet. Diese beheizten Gebäudeteile sind durch überdachte Durchgangsräume voneinander getrennt, die als Treffpunkte für die Mannschaften dienen. Die Mitte der symmetrischen Anlage haben wir frei gelassen, hier werden Snacks und Getränke ausgegeben und gemeinsam genossen. Die langen, witterungsgeschützten Gänge auf beiden Längsseiten des Gebäudes werden durch die Holzkonstruktion mit ihren sich wiederholenden Bauteilen rhythmisiert. 

Das Gebäude ist leicht vom Terrain abgehoben, und die Höhe des Fußbodens entspricht etwa der Sitzhöhe einer Bank, sodass man unter dem Dachvorsprung Platz nehmen und die Fußballspiele verfolgen oder die Sonne genießen kann. Unser Ziel war es nämlich, ein multifunktionales öffentliches Gebäude zu entwerfen, das die Dorfgemeinschaft zusammenbringt. Durch den Bauprozess und die Arbeit mit den Menschen, Bauern und örtlichen Unternehmen wurden die sozialen Bindungen gestärkt.

Die Gebäudemitte blieb frei. Hier genießen Spieler und Gäste unter dem großen Dach gemeinsam Snacks und erfrischende Getränke. (Foto: Matthieu Gafsou, LOCALARCHITECTURE)
Haben Sie den Auftrag über einen Wettbewerbsbeitrag oder direkt erteilt bekommen?


Das Projekt ist das Ergebnis eines geladenen Wettbewerbs, den wir aufgrund einer genauen Analyse der Gemeinde Daillens und des Standorts gewannen, in der wir den Kontext und die Landschaft hervorhoben.

Wie haben Sie das Gebäude ausgestaltet?


Die Architektur dieses einzigartigen Bauwerks zeichnet sich durch eine differenzierte Farbgebung und den Ausdruck von Stapelung und Fügung aus. Die Lesbarkeit der einzelnen Teile wird dadurch deutlicher. Zwischen den hellen Naturholzrahmen des Tragwerks stapeln sich grüne Blattstrukturen aus Lärchenbrettern. Sie erinnern an die Strohballen, die sich hinter ihnen verbergen. Die Belüftungsöffnungen der Fassade haben wir durch Zwischenlagen aus ebenfalls hellem Holz betont. Elemente aus der Welt der Landwirtschaft wie das Blechdach oder die Mistgitter am Boden kontrastieren schließlich mit der raffinierten Holzarchitektur, die eine Hommage an das Know-how, die Handwerkskunst und die Flexibilität dieses Materials darstellt.

Das Gebäude ist leicht erhöht, sodass die Plattform unter seinem weit auskragenden Dach eine hervorragende Sitzgelegenheit abgibt, um die Spiele zu verfolgen. (Foto: Matthieu Gafsou, LOCALARCHITECTURE)
Inwieweit haben die Bauherrschaft oder die Nutzenden das Projekt beeinflusst?


Die Verantwortlichen der Gemeinde Daillens legen großen Wert auf Umweltfragen. Das hat uns ermöglicht, über den ganzen Planungs- und Bauprozess hinweg konsequent auf die Nachhaltigkeit und die Nutzung lokaler Ressourcen zu achten.

Welche Maßnahmen haben Sie der Umwelt zuliebe konkret ergriffen?


Wir haben lokale Baumaterialien eingesetzt, um die Transportwege so kurz wie möglich zu halten, und ganz bewusst mit lokalen Unternehmen zusammengearbeitet. Zudem haben wir das Gebäude nach einer einfachen Konstruktionslogik konzipiert, sodass es leicht und relativ zerstörungsfrei zerlegt werden könnte. Darüber hinaus haben war uns wichtig, Elemente aus dem Vorgängerbau weiterzuverwenden. So haben wir zum Beispiel das alte Schuhwaschhaus wieder aufgestellt, und auch eines der alten Wachhäuschen auf dem Gelände konnten wir erhalten. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach versorgt die Geräte und die Wärmepumpe mit Strom. So erreichen wir, dass sich Energieverbrauch im Betrieb und eigene Energieproduktion des Gebäudes die Waage halten. Wichtig für die Umweltbilanz war außerdem, die Verwendung von Beton konsequent zu minimieren: Wir haben lediglich Streifenfundamten betoniert.

Aus unserer Sicht verkörpert das kleine Gebäude, das im September 2024 eingeweiht wurde, auf diskrete Weise einen erfolgreichen Ansatz in einer Zeit, in der wir alle Verantwortung für den Umgang mit Ressourcen und unser Lebensumfeld übernehmen müssen. 

Detail der Fassade: Gut zu erkennen sind die Holzrahmen der Tragkonstruktion und die mit hellen Holzteilen hervorgehobenen Belüftungsöffnungen. (Foto: Matthieu Gafsou, LOCALARCHITECTURE)
Inwiefern beschäftigten Sie sich im Büro mit der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit?


Wir beschäftigen uns bei LOCALARCHITECTURE schon seit unserer Bürogründung im Jahr 2002 mit Fragen der ökologischen Nachhaltigkeit. Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, den ökologischen Fußabdruck unserer Bauten auf ein Minimum zu reduzieren. Wir wollen, soweit möglich, weder Klima und Umwelt schädigen noch die Landschaft beeinträchtigen. Diese Fragen sind Teil der DNA unseres Büros.

Situation (© LOCALARCHITECTURE)
Grundriss (© LOCALARCHITECTURE)
Schnitt A (© LOCALARCHITECTURE)
Schnitt B (© LOCALARCHITECTURE)
Sportanlage Daillens
2024
Chemin de l’Arbalète
1306 Daillens, Kanton Waadt, Schweiz
 
Bauherrschaft
Gemeinde Daillens
 
Architektur
LOCALARCHITECTURE, Lausanne
Laurent Saurer, Antoine Robert-Grandpierre und Andrew Hugonnet
 
Fachplaner
Holzbauingenieur: Bureau Cambium, Yverdon-les-Bains
Tragwerksplanung: 2M, Yverdon
Heizung, Lüftung und Sanitär: Energa SA, Yverdon-les-Bains
Elektroplanung: Perrin Spaeth SA, Crissier
Landschaftsarchitektur: Pascal Heyraud sàrl, Neuchâtel
 
Ausführende Firmen
Holzbau: Amédée Berrut SA, Collombey
Vorfertigung: E préfabriqué Sàrl, Pompaples
Zimmererarbeiten im Außenbereich: Gindraux SA, Le Mont-sur-Lausanne
Zimmererarbeiten im Innenbereich: Gallarotti Sàrl, Carouge
 
Bruttogeschossfläche
690 m²
 
Gebäudevolumen
3312 m³
 
Fotos
Matthieu Gafsou, Lausanne

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