Nachhaltig leuchten
Was im Großen gilt, gilt auch im Kleinen: Eine ökologische Leuchte kommt mit wenig Material aus, lässt sich einfach reparieren und rezyklieren. Wie sie aussehen kann, zeigen Reflexion und Herzog & de Meuron mit einer für das Bürogebäude Hortus entworfenen Rohrleuchte.
Demnächst stellen Herzog & de Meuron einen weiteren Baustein des BaseLink-Areals in Allschwil fertig. Das Bürogebäude Hortus zog bereits während der Planungsphase viel Aufmerksamkeit auf sich, da die Beteiligten eine konsequent nachhaltige Bauweise verfolgen, die sowohl in der Erstellung als auch im Betrieb möglichst wenig CO2 erzeugt. Einen wichtigen Beitrag dazu leisten die eigens für dieses Projekt entwickelten Holz-Lehm-Decken. Die in einem engen Raster angeordneten Holzbalken und der Stampflehm, der leicht gewölbt darüber spannt, prägen den warmen Charakter der offenen Bürolandschaften wesentlich mit. »Aufgrund der besonderen Konstruktion bestand der Wunsch, dass die Decken möglichst frei von technischen Installationen bleiben«, erklärt der Architekt Alexander Franz von Herzog & de Meuron. »Das betraf insbesondere die Leuchten, die nicht zu einem Bestandteil der Deckenuntersichten werden sollten.« Stattdessen hängen die hell leuchtenden Rohre an dünnen, kaum wahrnehmbaren Drahtseilen rund sechzig Zentimeter unterhalb der Holzbalken und bilden so eine separate Beleuchtungsebene.
Hinter der schlichten Ästhetik der linearen Leuchtkörper verbirgt sich ein disziplinübergreifender Entwurfsprozess, der in engem Austausch zwischen den Architekturschaffenden und den Lichtspezialistinnen und -spezialisten von Reflexion stattfand. »Die Rohrleuchte präsentiert sich minimalistisch und widerspiegelt den geringen Materialverbrauch, der ihr zugrunde liegt«, so Thomas Mika, Gründer von Reflexion. »Weitere wichtige Aspekte in Bezug auf die Nachhaltigkeit sind die Materialwahl und die Verbindungstechnik, die hauptsächlich durch Stecken und Klemmen erfolgt.« Eine zentrale Rolle spielt dabei die geometrische Form der Leuchte: Ihr Hauptkörper besteht aus einem runden Glasrohr, das von zwei Aluminiumringen umklammert und festgehalten wird. Ähnliche, dem runden Querschnitt angepasste Klammern befinden sich im Innern des Rohrs und halten dort ein langes Aluminiumgehäuse fest, das die weiteren Komponenten zusammenhält. Nur punktuell werden Schrauben benötigt. Gegenüber gängigen Kunststoffprodukten weist Glas die Vorteile auf, dass es nicht vergilbt und problemlos rezyklierbar ist. Letzteres gilt auch für das Gehäuse aus Aluminium, das mit seiner materialsparenden Bauweise nicht nur das Erscheinungsbild der Leuchte prägt, sondern auch das der Räume: Durch die perforierte Struktur dringt ein kleiner Teil des Lichts nach oben und verleiht den außergewöhnlichen Decken einen feinen Glanz.
Im Gegensatz zu den Holz-Lehm-Decken, bei denen es sich um traditionelle Baumaterialien handelt, weisen die Leuchten einen technischen Charakter auf, der auf die Forschung und die Innovationen verweist, die bei Hortus zum Einsatz kommen. »Rohrleuchten gibt es viele – bei der Form handelt es sich nicht um eine neue Erfindung«, stellt Alexander Franz klar. »Neu sind der Einsatz wiederverwendbarer Materialien, der geringe Aufwand im Falle einer Reparatur sowie die intelligente Sensorik, die Teil der Leuchten ist.« Gerade in diesem Bereich sieht Thomas Mika großes Potenzial, einen weiteren Beitrag zur Ressourcenschonung zu leisten: »Häufig geht in Großraumbüros überall das Licht an, sobald jemand den Raum betritt.« Hortus verfügt zwar über eine große Photovoltaikanlage, dennoch soll mit der Elektrizität sparsam umgegangen werden. Deshalb stellen in die Leuchten integrierte Sensoren, die Bewegungen und Tageslicht messen, sicher, dass es dort, wo sich die Nutzenden aufhalten, ausreichend hell ist, während die übrigen Bereiche weniger stark beleuchtet werden. Beim Leuchtmittel selbst handelt es sich um eine effiziente LED-Linsentechnologie, die das Licht gezielt in den Raum lenkt. Der Wunsch der Architekturschaffenden, die Decke möglichst freizuspielen, führte dazu, dass nebst den Sensoren auch das Vorschaltgerät in die Leuchte eingebaut wurde. Zudem verfügt nicht jede Leuchte über einen direkten Stromanschluss; jeweils bis zu sechs Stück sind über ein halogenfreies Baumwollkabel miteinander verbunden.
Die Entwicklung der neuen Rohrleuchte hat beinahe zwei Jahre in Anspruch genommen. Ab kommendem Juni hängen tausend Stück davon im Hortus, produziert von Zumtobel in Vorarlberg. »Dank der einfachen Form und der klaren Struktur liegen die Produktionskosten grundsätzlich nicht viel höher als bei einem herkömmlichen Produkt«, hält Thomas Mika fest. »Allerdings hängt der Preis stark von der nachgefragten Stückzahl ab.« Das gilt auch für andere Bauteile, die für das Bürohaus erstmals angefertigt wurden. Nach dessen Fertigstellung wartet nicht nur die elegante Rohrleuchte Solena auf weitere Abnehmende – auch die Produktionsstraße, an der die Deckenelemente aus Stampflehm gefertigt wurden, steht für den nächsten Einsatz bereit.