Wettbewerbe: wie weiter?

Inge Beckel
5. November 2015
Wettbewerbe generieren grundsätzlich eine Auswahl an Lösungsmöglichkeiten. Bild: Tina Schmid.

Ohne Wettbewerbe wäre die Baukultur – insbesondere jene der Schweiz mit ihrer langen Wettbewerbstradition – nicht da, wo sie ist. Wettbewerbe stellen für eine konkrete Aufgabe verschiedene Lösungsmöglichkeiten zur Diskussion. Und lassen möglichst die beste zur Ausführung kommen. Gleichzeitig produzieren Wettbewerbe Überschüsse. Zahllose Projekte, die nicht zur Ausführung kommen. So überschrieben die Deutschen Martin Haas und Amandus Sattler in der Bauwelt 34.2015 einen Beitrag bewusst provokant mit «110 vergebliche Jahre». Nun stellen Wettbewerbseingaben neben der Konkurrenz gleichzeitig Diskussionsplattformen innerhalb der Architekturbüros dar. Sie sind Experimentierfelder und Übungsstücke für Architektinnen und Architekten. Nichtsdestotrotz sind die insgesamt angehäuften Stunden beträchtlich. Diskussionen zum Thema bleiben aktuell und tun not.
 
Am Podium an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich beteiligt waren neben Ivo Bösch Ursula Müller vom Hochbaudepartement der Stadt Zürich, Meinrad Morger von Morger Partner Architekten, Stefan Dambacher von Mobimo sowie Ruedi Vogt, der Präsident der SIA-Wettbewerbskommission. Etwas ganz Neues ist – wohl wie zu erwarten war – nicht herausgekommen. Interessant war das Gespräch gleichwohl. Die thematischen Schwerpunkte seien im Folgenden, ohne in die Details zu gehen, zusammenfassend skizziert.
 
Zurück zum «Start» – es geht ums Konzept
Im Grundsatz war man sich in vielen Punkten einig. So grundsätzlich darin, dass Architektur-Wettbewerbe hierzulande ein wichtiges Kulturgut darstellen. Entsprechend sorgfältig ist mit ihnen umzugehem. Zudem verleihen Wettbewerbsverfahren, und mit ihnen aus Wettbewerben hervor gegangene realisierte Bauten, Legitimität – ein nicht zu unterschätzender Punkt.
 
Eine der Voraussetzungen ist, dass Programme nicht überladen sind. Wichtig ist weiter, dass nach abgeschlossenem Verfahren der Auftrag auch wirklich an das siegreiche Büro erteilt wird. Wesentlich ist zudem die Gleichbehandlung der Beteiligten und die Transparenz des Verfahrens. Heikel kann hierbei die Befangenheit von Juroren sein. Ist etwa ein guter Freund unter den Wettbewerbsteilnehmern, sind von Seiten des «befreundeten» Jurors besondere Disziplin und Fairness bezüglich einer fachkompetenten und unabhängigen Beurteilung gefragt. Wesentlich sind überdies klare Regelungen bezüglich der Preise und Ankäufe sowie, ganz wichtig, der Urheberrechte. Die SIA-Wettbewerbskommission hat hierzu grundsätzliche Regeln für faire Wettbewerbe aus den SIA-Ordnungen destilliert.
 
Generell einig war man sich zudem darin, dass es bei Wettbewerben ums Konzept geht. Respektive um Konzepte gehen sollte! Heute mutieren Wettbewerbsverfahren leider immer wieder zur verkappten Einholung von Vorprojekten. Die dann eine «Detail»-Genauigkeit und Komplexität verlangen, die einer Konkurrenz von Konzepten nicht angemessen ist. Eine Folge dieser überrissenen oder verfrühten Komplexität ist der Beizug von Experten. Diese beurteilen im Vorfeld der Jurierung all die speziellen und eben schon viel zu detaillierten Anforderungen, was letztlich die Kompetenz von Fach- und Sachpreisrichtern untergräbt.
 
Nimmt man nun aber die ursprüngliche Ausgangslage von Architekturwettbewerben wieder ernst und fragt nach Konzepten, heisst dies, dass Pläne im Massstab 1:200 abgegeben werden. Ergänzt von einem Modell 1:500. Nichts Genaueres, nichts «Grösssere», nichts Detaillierteres. So heisst die klare Forderung an Wettbewerbsveranstalter und Auslober: Zurück zu den Konzepten!
 
Bei den abschliessenden Voten wurde gefordert, dass Jurypersonen in den Vorbereitungssitzungen präsent sein müssen. Und dass sie damit Verantwortung gegenüber den Programmen übernehmen können – und müssen. Jurymitglieder müssten sich aktiv dafür einsetzen, früh involviert zu werden. Ein weiteres Votum war – ganz generell gesprochen – dass es Vertrauen zwischen den Beteiligten braucht, also zwischen den Auftraggebern auf der einen Seite und Architektinnen und Architekten auf der anderen. Was nicht immer gegeben ist. Schliessllich hiess es: Programme abspecken und Ansprüche runterschrauben, so dass ein realisierbares Projekt entworfen werden und auch gebaut werden kann!
 
Also nochmals: Abspecken der Vorgaben und Ansprüche und damit der Programme. Und: Entschlacken der Eingaben in dem Sinne, dass es um den Wettbewerb der Konzepte geht.
 

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