Dan Schürch: «Mich erstaunt, wie rasch sich die Hochschule auf ein digitales Semester eingestellt hat»

Katinka Corts
25. Mai 2020
Dan Schürch unterrichtet neu am Institut für Entwerfen und Baugestaltung der TU Braunschweig. (Foto: Tom Haller)

Katinka Corts: Im April startete an vielen Hochschulen und Universitäten das Sommersemester – jedoch unter deutlich anderen Bedingungen. Wie hat die Corona-Pandemie eure Planungen an der Hochschule beeinflusst?

Dan Schürch: Für mich war das schon sehr speziell, hatte ich doch gerade erst am 1. April beim Institut für Entwerfen und Baugestalten an der TU Braunschweig angefangen und befand mich im Krisenmodus. Meinen neuen Lehrstuhl habe ich nur per Video gesehen und meine Mitarbeiter*innen nur digital bei den wöchentlichen Meetings.
Trotzdem bin ich erstaunt, wie rasch sich die Hochschule auf ein digitales Semester eingestellt hat. Die Lehre läuft anders, aber trotzdem gut. Die Student*innen bereiten sich sehr gewissenhaft auf die Korrekturen vor, und unserem Betreuungsteam gelingt es, sie per Video-Call fundiert zu begleiten.

Mit dem generellen Versammlungsverbot, das auch für die Einrichtungen der TU gilt, bekommt ihr eure Student*innen nicht direkt zu Gesicht, gearbeitet wird vom Wohnort aus, die Zeichensäle sind geschlossen. Physische Distanz funktioniert in der Lehre?

Physische Distanz, richtig, nicht die vielerorts beklagte soziale Distanz! Wir müssen uns jetzt körperlich fernbleiben, aber doch nicht sozial. Und da liegt ja gerade die Spannung. Können wir in der Lehre etwas schaffen wie soziale Nähe? Wie können wir die Menschen in dieser Zeit näher zueinander bringen, anstatt sie noch mehr voneinander zu entfernen?
Solche Fragen bewegen uns in der Lehre. Können wir Student*innen zu Wort kommen lassen bei unsere Korrekturen? Interessant finde ich auch, dass während den Kritiken ein Live-Chat läuft, in dem gewisse Sachen präzisiert oder Referenzen korrekt niedergeschrieben werden. Trotz allem vermisse ich die physische Nähe, das kann man einfach nicht ersetzen.

Aus der Distanz Architektur zu lehren, stelle ich mir schwierig vor. Das gemeinsame Skizzieren, die Arbeit am Modell – gerade in der Lehre ist die Nähe ein wichtiger Faktor, um besser begreifen zu können, im wahrsten Sinne des Wortes. Wie nimmst du das wahr und wie reagieren die Studierenden?

Ja, das ist schwierig. Aber Krisenzeiten machen auch kreativ. Modelle werden nicht mehr nur für Präsentationszwecke am Ende eines Prozesses in der Werkstatt gebaut, sondern werden wieder das, was essenziell für die Architekturausbildung ist: experimentelle Kompositionen der räumlichen Erfahrung. Alltagsgegenstände werden so arrangiert und fotografiert, dass der architektonische Willen zum Ausdruck kommt. Auch die in unserem Gedächtnis auf immer verankerten Lego-Bausteine erfahren ein architektonisches Revival!

Im Verlauf der Corona-Pandemie hat das Digitale Lernen für Schulen massiv zugenommen, im Studium gehört es ohnehin zum Alltag. Welche Kanäle funktionieren für euch momentan gut?

Die Instrumente sind in der Lehre nicht anders als in der alltäglichen Berufswelt. Zum Glück waren sie alle schon da, was die Umstellung erleichterte. Programme wie zoom für Videokonferenzen und Astropad, um Pläne per Zeichenstift zu kommentieren, helfen. Im Kontext der Universität und der digitalen Lehre wurde mir jedoch neu bewusst, wie sorgfältig man mit Bildrechten umgehen muss. Einerseits dahingehend, was man vermittelt und mit welchen Quellen man arbeitet, aber andererseits auch bezüglich der eigenen Persönlichkeitsrechte. Wie schnell gehen eigene Beiträge viral, auch wenn dies gar nicht beabsichtigt war!

Vielen Dank für das Gespräch und ein gutes Semester!


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