«Die Besten» des Jahres 2016

Juho Nyberg
6. Dezember 2016
Prämiertes Wagnis in der nördlichen Agglomeration von Zürich. Bilder: Istvan Balogh, Zürich

Zum zweiten Mal in Folge fand die Verleihung der Auszeichnungen an «die Besten» in Zusammenarbeit mit dem Museum für Gestaltung Zürich statt. Die Ausgezeichneten sind keine Neulinge für Interessierte, vielmehr werden unterschiedliche Lösungen unterschiedlicher Aufgaben hervorgehoben. Eine Klassifizierung, weshalb diese Architektur besser ist als jene, wäre nicht zwingend. Aber die Treppchen auf dem Siegerpodest sind nun mal abgestuft und schmal.

Zuoberst in der Kategorie Architektur steht heuer das Areal Zwicky Süd in Dübendorf. Die Bau- und Wohngenossenschaft Kraftwerk 1 aus Zürich hat dort, an einem «absurden, aber für die Agglomerationen der heutigen Schweiz typischen Ort» eine Siedlung geschaffen, die, so die Bauherrin, der Agglomeration «hilft, Stadt zu werden.» Die Erdgeschosse der drei unterschiedlich geformten Baukörper sind mit verschiedenen Nutzungen bespielt: Wohnung, Gewerbe, gemeinschaftlich genutzte Räume. Das architektonische Kleid für diesen Nutzungsmix hat das Zürcher Büro Schneider Studer Primas entworfen. Gemäss der Jury haben die Architekten nicht nur an der Oberfläche gekratzt, «sondern mit einer eigenen Haltung das Programm radikalisiert und Typologien erfunden».  Sie bewertet die Arbeit als «einen Modellfall, sowohl gesellschaftlich als auch kulturell.»

Eine gänzlich andere gesellschaftliche und kulturelle Aufgabe übernimmt das mit Silber prämierte Objekt, der Erweiterungsbau des Landesmuseums in Zürich. Die Jury würdigt mit der Auszeichnung des vieldiskutierten Gebäudes «den Mut von Christ & Gantenbein, sich grundlegende Fragen zu stellen: Wie erweitert man einen exzentrischen Solitär? Und was gibt man einem Park zurück, von dem man zunächst ein Stück zerstören muss?» Der Erweiterungsbau ist in den Augen der Jury zwar «Nationalarchitektur», aber doch «keine architektonische Propaganda». Die Ableitung der Aussage des Gebäudes gemäss der Jury –«So ist sie, die heutige Schweiz» – möchte man gerne auch umdrehen und sich wünschen, dieses Land wäre etwas mehr wie das Gebäude von Christ & Gantenbein.

Den Fokus weg von der Deutschschweiz lenkt schliesslich das dritte ausgezeichnete Projekt, die Place de la Gare in La Chaux-de-Fonds von Frundgallina architectes aus Neuenburg. Die neu geschaffenen beiden Dächer des Bahnhofplatzes bilden «ein Tor zur Stadt» und machen «den öffentlichen Raum, den sie neu geordnet haben, erst sichtbar».

Spazierwege statt Schiesslärm in Frauenfeld. Bild: Markus Frietsch

In der Kategorie Landschaftsarchitektur ausgezeichnet wurden Räume, die durch Umnutzung und Umgestaltung eine neue Bedeutung erhalten oder so erst der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Wie etwa der Murg-Auen-Park in Frauenfeld, der durch das interdisziplinäre Team mit Staufer & Hasler Architekten, BHA-Team in Zusammenarbeit mit Fröhlich Wasserbau, Frauenfeld, dem Rorschacher Landschaftsarchitekten Martin Klauser sowie Conzett Bronzini Partner aus Chur für die Brücken und Stege entstanden ist. Für die Umnutzung des ehemaligen Armeegeländes setzte sich der Architekt Thomas Hasler bereits früh ein. Die Realisierung erfolgte in Etappen in den Jahren 2012–2015. Die frühzeitige Sicherung von Grün- und Freiräumen in Zeiten der Verdichtung ist der Jury die goldene Auszeichnung in dieser Kategorie wert.

Die Genfer Architekten und Urbanisten MSV haben mit der Umgestaltung eines Innenhofs ihrer Heimatstadt in einen Stadtplatz mit wenigen und einfachen Eingriffen geschaffen und damit«Städtebaugeschichte weitergeschrieben». Mit nur zehn Bäumen und einem Café haben sie den Innenhof in «einen besseren Ort verwandelt.»

Für die Aufwertung des Zürcher Röschibachplatzes zeichnet kein Büro verantwortlich. Die Initiative, den etwas verwahrlosten Platz gleich neben dem Bahnhof des Quartiers aufzuwerten, ging vom Quartierverein Wipkingen aus. Die Stadt Zürich hat sie aufgenommen und in einem Mitwirkungsverfahren zum Projekt entwickelt. Nicht so sehr die Gestaltung per se ist hier das zentrale Thema, sondern der geschaffene Mehrwert fürs Quartier. Ausserdem zeigt dieses Beispiel, wie sich Nutzerinnen und Nutzer einen öffentlichen Raum aneignen können.

Beispielhafte Aneignung öffentlichen Raums in Zürich Wipkingen. Bild: Markus Frietsch

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