Ein Stück London in Zürich

Susanna Koeberle
22. Mai 2018
Café und Shop wurden vom Zürcher Büro MACH Architektur gestaltet. Bild: Samuel Zeller

Zürich ist definitiv keine Kaffeehausstadt. Es entspricht dem zwinglianischen Geist dieser Stadt nicht, sich länger als für einen schnellen Kaffee im Café aufzuhalten, schon gar nicht tagsüber. Ausnahme bilden allenfalls Mütter (sorry, Väter sind immer noch eindeutig untervertreten) mit Babys, die sich zum geselligen Austausch treffen. Allerdings sind diese Konsumentinnen häufig nicht willkommen in trendigen Etablissements, die sperrigen Kinderwagen würden stören etcetera etcetera. Na ja, es geht eben vor allem um den Umsatz, nicht um die Stimmung.

Wenn ein Lokal also mit dem Slogan All-Day-Destination wirbt, wird man schon mal hellhörig. Und man staunt keinesfalls, als man erfährt, dass dieses neue Lokal kein lokales Konzept ist, sondern aus dem Ausland stammt. Monocle-Gründer Tyler Brûlé, dem die Eröffnung eines Zürcher Cafés (Shop und ein weiterer angegliederter Laden inklusive) zu verdanken ist, kann man nicht nachsagen, er sei kein cleverer Businessmann. Er begründet denn auch die Eröffnung des neuen europäischen Headquarters in Zürich ganz offen mit der Nähe zum grössten Anzeigenmarkt der Monocle-Pubikationen.

​Die Örtlichkeit dafür hat der gebürtige Kanadier, der bereits weltweit Ableger seines Monocle-Imperiums (das er im 2007 gründete) eröffnen konnte, mit Bedacht gewählt. Und ins Schwarze getroffen. Das Seefeld hat nämlich seit seiner «Übernahme» durch Investor Urs Ledermann zwar, was den Immobilienmarkt betrifft, durchaus an Attraktivität gewonnen, ist aber zugleich zu einem toten Quartier geworden (abgesehen von der Masse an Leuten, die sich im Sommer einen Weg durch das Quartier zum See bahnen). Ein solches Konzept mit integriertem Café kann deswegen nur mehr Leben im Quartier und einen Gewinn an Lebensqualität bedeuten.
 

Das Londoner Herrenbekleidungsgeschäft «Trunk» hat nun einen Ableger in Zürich. Bild: Clara Tuma

Die Lokalität beherbergt überdies das Büro der mehrköpfigen Monocle-Redaktion und das Radiostudio des hauseigenen Senders M24. Für die Innenarchitektur von Café/Shop und gegenüberliegendem Kleidergeschäft wurde das Zürcher Büro MACH Architektur beauftragt. David Marquardt hat sich in der Retail-Innenarchitektur international einen Namen gemacht (bereits 1997 war er zuständig für die Konzeption und die Umsetzung der Geschäfte der Luxusmarke Bally). Für beide Lokale hat er mit viel Holz ein freundliches und wohnliches Ambiente geschaffen. Das Briefing von Mats Klingberg, Gründer des Londoner Kleidergeschäfts Trunk, für den Zürcher Zweitsitz bestand in der Konzeption einer Wohnzimmer-Atmosphäre. Das ist auch gelungen, im gemütlich wirkenden Ladenlokal findet der stilbewusste Herr erlesene Männermode und Accessoires. Vintage-Stücke des Schweizer Designers Jakob Müller wurden kombiniert mit schlichten Einbauten aus Holz sowie Holzmöbeln. Auch mit den Fotografien von David Willen (aus der Serie «Fluchten») wollte man dem Interieur einen Schweizer Touch verleihen. Das Monocle-Café bietet eine schöne Auswahl an Getränken und Esswaren an, zudem kann man sich gleich noch mit Monocle-Produkten wie Städteguides, Accessoires oder T-Shirts eindecken. Das Ganze kommt sehr «seefeldig» daher, aber das soll Gäste aus anderen Quartieren nicht von einem Besuch dieser New Entry auf dem Zürcher Parkett abhalten. Etwas mehr Weltoffenheit und internationales Flair tut Zürich garantiert gut.
 

Der ehemalige Bürobau aus den 70er-Jahren wurde neu belebt. Bild: Clara Tuma

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