Flussbaden unterm Tinguely-Museum

Manuel Pestalozzi | 22. Januar 2025
Der Zugang zum Rhein wird in Zukunft an zwei klar definierten Orten erfolgen. Auf dem restlichen Uferabschnitt erhält die Natur den Vorrang. (Visualisierung: © Franz Reschke Landschaftsarchitektur, Wolfram Gothe, Paul Trakies)

Die Solitude-Promenade erhielt ihren Namen von einem Landgut, das der Fabrikant Emanuel Hoffmann-Preiswerk in den 1830er-Jahren zu seinem repräsentativen Sommersitz ausbauen ließ. Im 20. Jahrhundert siedelte sich das Pharmaunternehmen F. Hoffmann-La Roche, heute Roche, in der Nachbarschaft an. 1924 wurde das Anwesen an die Stadt Basel verkauft – mit der Auflage, den Solitude-Park der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. An dessen südöstlichem Rand – gleich bei der stark befahrenen Schwarzwaldbrücke über den Rhein – wurde in den 1990er-Jahren das Museum Tinguely gebaut, das dem gleichnamigen Künstler gewidmet ist. Das von Mario Botta gestaltete Bauwerk war ein Geschenk von F. Hoffmann-La Roche an die Stadt und die Region.

Anlass für den jetzt entschiedenen Wettbewerb waren die beengten Verhältnisse entlang der Promenade, die von Kleinbasel her durch den Park dem Ufer entlang bis zur Schwarzwaldbrücke führt, wo sie in die Grenzacher Promenade übergeht. Fuß- und Fahrradverkehr sowie der Freizeitbetrieb am Rhein behindern sich hier gegenseitig, immer wieder kommt es zu Streitigkeiten. Das Problem wurde schon in den Jahren 2017 und 2018 mit einer Testplanung angegangen. Mit dem Wettbewerb wurde nun ein konkreter Projektvorschlag gesucht, wie die Nutzung des Flussraums zum Baden und Entspannen und der Langsamverkehr entflochten werden könnten. Eine wichtige Aufgabe war darüber hinaus, eine technisch-gestalterische Lösung zur Sicherung und Stabilisierung der Rheinuferböschung entlang der Solitude-Promenade zu entwickeln. Denn in diesem Abschnitt ist der Uferbereich aufgrund der Geomorphologie, also der Form und Beschaffenheit des Bodens, sowie des Böschungswinkels instabil. 

Der im Wettbewerb zu bearbeitende Uferbereich ist insgesamt 600 Meter lang. Er beginnt im Westen beim Schaffhauserrheinweg, von wo aus die Solitude-Promenade zuerst den Roche-Bauten entlang führt, bevor sie den Solitude-Park und schließlich die Schwarzwaldbrücke erreicht. 

Für Fußgänger und Radfahrerinnen sieht das Siegerprojekt zwei unterschiedliche Wege vor. Der trennende Grünstreifen dient auch der Entwässerung. (Visualisierung: © Franz Reschke Landschaftsarchitektur, Wolfram Gothe, Paul Trakies)

Acht Teams wurden nach der Präqualifikationsphase zum Wettbewerb zugelassen. Das Verfahren endete mit einer einstimmigen Empfehlung des Preisgerichts zugunsten des Entwurfs »Multitude« von Franz Reschke Landschaftsarchitektur aus Berlin und dem einheimischen Büro Stauffer Rösch. Ihr Projekt sieht eine sanfte Anpassung des Verlaufs der Promenade und eine Abfolge von Plätzen entlang der Wegstrecke vor. Die Sicherung der Böschung soll möglichst sanft und unter Nutzung des Bestands erfolgen. Dazu werden begrünte Blocksteine aufgeschüttet, die den erforderlichen Hochwasserschutz gewährleisten. Der teilweise notwendige Steg an der Oberkante der Böschung wird mit einer Pfahlgründung verankert, sodass die bestehenden Mauern nur minimal belastet werden.

Zur Trennung von Fuß- und Radweg plant das deutsch-schweizerische Landschaftsarchitekten-Team einen Grünstreifen, der zugleich der Entwässerung und Versickerung dient. Platzgelenke und Aufenthaltsbereiche, an denen Fuß- und Radverkehr aufeinandertreffen, sind mit Pflästerungen, Richtungsversätzen und Sitzgelegenheiten gestaltet, um ein achtsames Miteinander zu fördern. Besonders gut gefiel der Jury die klare Verortung der Nutzungsbereiche am Wasser. Sie spricht von einer »Erholungslenkung am Flussufer«. Vorgesehen sind Uferzugänge lediglich beim Museum Tinguely und neu beim bestehenden Mediterranen Garten. Letzterer erfährt mit dem direkt Zugang zum Wasser eine Aufwertung. Die übrigen Uferabschnitte werden unterdessen ökologisch aufgewertet und weniger zugänglich für Erholungssuchende gestaltet. Diese Einschränkung soll der Natur zugutekommen. 

Als Nächstes soll der Entwurf unter Mitwirkung des Quartiers präzisiert werden, wie der Kanton Basel-Stadt mitteilt. Im Anschluss daran werden die finanziellen Mittel für die Realisierung des Vorhabens beim Großen Rat beantragt. Die Bauarbeiten könnten dann 2029 beginnen.

Vorgestelltes Projekt 

Pfister Klingenfuss Architekten AG

Wohnüberbauung Scheidgasse

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