Foundation Award 2015

Juho Nyberg
11. Juni 2015

Nach dem letztjährigen Jubiläum des Foundation Award hat sich keineswegs Katerstimmung eingestellt – im Gegenteil. Die Zahl der Bewerber hielt sich auf hohem Niveau, was sich auch in einer grossen Vielfalt der Beiträge zeigte. Diese Beobachtung hatte vor drei Jahren dazu geführt, anstelle eines Preises deren drei zu vergeben. Wie breit gefächert die Eingaben sind, liess sich besonders letztes Jahr gut ablesen, als die Gewinner des Architekturwettbewerbs zur Kaserne Basel, Focketyn del Rio studio, neben dem Zürcher Duo Camponovo Baumgartner Architekten und dem künstlerisch-theoretischen Atelier Hirschbichler ausgezeichnet wurden.

Kein Platz für das Modische im Neubau von Alder Clavuot Nunzi Architekten.

Neben den unterschiedlichen Ansätzen und Ausprägungen der Büros fasziniert jeweils die geografische Verteilung. Denn mitnichten findet die Architektur nur in den Schweizer Zentren wie Basel und Zürich statt (obwohl ein gewisses Übergewicht nicht zu leugnen ist). Architektur kann als Impulsgeber für ländliche oder gar entlegene Regionen eine wichtige Rolle spielen, wie etwa die Arbeiten von Gion A. Caminada zeigen. Der bewusste Entscheid für das Mitgestalten und Entwickeln solcher Regionen erfordert eine Vision und eine gehörige Portion Mut, die hinsichtlich potenzieller Aufträge vergleichsweise einfachen städtischen Zonen zu verlassen. Der Schritt in die Peripherie ist zugleich ein Bekenntnis zu ihr und zur Bedeutung der Vielfalt der Schweizer Kultur – auch in baulicher Hinsicht.

Die Gewinner des Foundation Award 2015: Matthias Alder, Silvana Clavuot, Alessandro Nunzi, Katze

Eben diesen Entscheid hat das 2013 von Matthias Alder, Silvana Clavuot und Alessandro Nunzi gegründete Büro gefällt. Zwei Direktaufträge im Bergell im Jahr 2012 ermöglichten den Jungarchitekten den ersten Schritt in die Selbständigkeit und zugleich in die Region. Ihr Büro in einem Gewölbekeller im Herzen des Dorfes Soglio haben sie ebenso als Aufgabe und Gelegenheit zur Untersuchung des architektonischen Umfeldes verstanden, wie die beiden Erstaufträge.

In der Formulierung ihrer Haltung streichen sie die Adäquanz der Gestalt eines Entwurfs heraus: «Für das Banale wie das Modische ist hierbei kein Platz.» Diese Haltung kommt schon in ihrem Entwurf für ein Einfamilienhaus in Vicosoprano zum Ausdruck. Leise und selbstverständlich ist der Auftritt des Hauses am Rande des Dorfes. Das Verhältnis zur Topografie fliesst in die Setzung ebenso ein wie der Dialog zum Dorf.

Weiter bekannt und augenfälliger ist ihr Beitrag zur Erneuerung der Werkseilbahn Albigna, mit dem sie den Wettbewerb im Herbst 2014 für sich entscheiden konnten. Die 1955 vom regionalen Architekten Bruno Giacometti erstellte Talstation wird komplett ersetzt und erhält so ein neues Gesicht. Trotz der Einfachheit der Form ist es den Architekten gelungen, mit der Talstation einen formalen Bezug zum technischen Umfeld der Installation zu schaffen. Die Materialisierung in Beton und Stahl als Synonyme für Kraftwerks- und Zweckbauten sind mit sicherer Hand arrangiert.

Streben nach Werken mit starker Identität: Severin Odermatt und Roger Gerber von GOA.
Das Forsthaus Chlopfholz bei Rüschlikon von GOA.

Mit einem ähnlich expressiven Bau in Rüschlikon bei Zürich haben sich Gerber Odermatt Architekten (GOA) den zweiten Rang gesichert. Das Forsthaus Chlopfholz, im Wald gelegen, ist mit einfachen, verständlichen Geometrien gestaltet. Den Anspruch der Architekten, nach Werken «mit einer starken Identität» zu streben, erfüllt das Haus im Wald durchaus. In der karg, aber passend anmutenden Hülle eröffnet sich der Hauptraum mit einer Feuerstelle, deren Ummantelung aus Stahl die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen vermag und farblich wiederum die Hülle zitiert. Weitere Wettbewerbsbeiträge zeugen davon, dass GOA sich auch in grösseren Massstäben zurecht findet: Der mit dem 3. Preis ausgezeichnete Beitrag zum Krisen- und Notaufnahmezentrum Aargau vermag mit der Setzung der fünf Baukörper, deren Dachform der Siedlung einen eigenständigen Charakter verleiht, abwechslungsreiche Aussenräume zu schaffen.

3. Preis des Foundation Award 2015: Liliane Haltmeier und Luise Kister
1. Rang für Haltmeier und Kister: Wettbewerb Wohnüberbauung Schneebeliweg in Zürich.

Gerade ein Jahr alt ist das Büro von Liliane Haltmeier und Luise Kister. Trotzdem beschäftigen sich die beiden Architektinnen bereits im Rahmen mehrerer in Ausführung befindlicher Projekte mit dem Wohnungsbau in unterschiedlichen Grössenordnungen und Regionen. Ein weiterer, gewonnener Wettbewerb zeugt von der Qualität ihrer Architektur, die auch in Konkurrenz zu bestehen vermag. Vorträge und die Vorstandsmitgliedschaft im Verband der Baugenossenschaften zeugen von einem über die reine Entwurfsarbeit hinausreichenden Verständnis und der Intelligenz, sich bereits früh zu vernetzen. Trotz all dieser Ausrichtungen verlieren sie die Work-Life-Balance nicht aus den Augen. So halten sie in ihrem Porträt fest, dass bei aller Leidenschaft für ihren Beruf ihr Privatleben nicht zu kurz kommen soll.

Die Sieger des Foundation Award 2015 geben – wenn auch keinen repräsentativen Querschnitt – so doch bestimmt einzelne Schlaglichter auf die aktuelle junge Schweizer Architekturszene. Unabhängig von Region und Grösse der Bauaufgabe werden die Herausforderungen an- und ernstgenommen. Die Vielfältigkeit der architektonischen Entwürfe finden ihre Entsprechung in den Philosophien der Büros – beide eine Bereicherung.

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