Gesamtkunstwerk

Susanna Koeberle
2. März 2018
Für «Icon» hat Sidi Larbi Cherkaoui mit Antony Gormley zusammengearbeitet. Bild: zvg

Das Wort Gesamtkunstwerk sollte man mit Vorsicht verwenden. Es versteckt sich dahinter häufig einfach nur Unbestimmbarkeit und weniger das Phänomen, welches dieses Wort benennt. Sprich: Die Vereinigung verschiedener Künste zu einem Ganzen. Wobei wir damit nicht hegelianisch daherkommen wollen, denn spröde sollte dieses «Ganze» mitnichten sein, sondern exakt das Gegenteil davon: sinnlich. Ein Adjektiv, das auf Cherkaouis Kreationen zutrifft. Der belgisch-marokkanische Choreograf verbindet in seinen Stücken unterschiedliche Kulturen, Traditionen, Disziplinen und Tanzerfahrungen. Für «Icon» und «Noetic» schafft er zusätzlich räumlich-gestalterische Elemente und untermalt die Szenerie mit live gespielter Musik.

Die Stücke sind unabhängig voneinander entstanden, es verbindet sie die Tatsache, dass die Bühnen für die beiden gegensätzlichen Werke vom englischen Künstler Antony Gormley (gewann 1994 den Turner Preis) geschaffen wurden. Wie dieser mit einfachen Mitteln Räume für die Tänzer erschafft, ist absolut eindrücklich. Während er in «Noetic» mit schwarzen Kohlefaserstäben eine abstrakt-geistige Atmosphäre erzeugt, ist die Stimmung in «Icon» erdig-schwer. Hier kommen 3,5 Tonnen Lehm auf die Bühne und verwandeln sich im Verlauf des Stückes stetig. Bühnenelemente und Tänzer (GöteborgsOperans Danskompani und Ensemblemitglieder von Cherkaouis Company) interagieren auf natürliche Weise miteinander. Es scheint, als würde die stoffliche Materie selbst zum Protagonisten auf der Bühne. Dass die Tänzer auch noch zu Schauspielern werden und philosophische Texte rezitieren, kulminiert in der musikalischen Darbietung, die zum grössten Teil live geschieht. Kurzum: Ein Gesamtkunstwerk, das diesen Namen verdient.

Mit den Kohlefaserstäben schaffen die Tänzer Räume und Figuren. Bild: zvg

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