Glarner Geschichte erleben

Elias Baumgarten | 11. April 2025
Die schmuckvolle Fassade der beiden Wohnhäuser wurde aufwendig wiederhergestellt. Dabei verwendete Architekt Volker Marterer einen speziellen Dämmputz und setzte zur Dorfstraße hin fünffach verglaste Fenster ein. (Foto: © Hans Bühler)

Es ist eine schöne Geschichte: Aus dem schwer mitgenommenen Haus zur Beuge ist ein Zentrum des Dorflebens geworden, auf das die Menschen in Näfels stolz sind. Dabei wäre das Baudenkmal um ein Haar abgebrochen worden. Erst in letzter Minute erkannte die Genossenschaft Alterswohnungen Linth die Bedeutung des geschichtlichen Zeugen: Wie ein Gutachten enthüllte, geht der Komplex auf zwei Wehrtürme aus dem Jahr 1415 zurück, die zu zwei aneinandergebauten Wohnhäusern umgestaltet wurden. Im 17. Jahrhundert bauten reiche Glarner Familien diese zu herrschaftlichen Patrizierhäusern aus. Doch wurde die schmuckvolle Anlage an der Dorfstraße bis ins 20. Jahrhundert als Wohnhaus mit Krämerläden genutzt, stand sie zuletzt lange leer und verfiel zusehends. 

Beeindruckt von seinem Umbau des spätmittelalterlichen Zwickyhauses im benachbarten Mollis, beauftragte die Genossenschaft Volker Marterer mit dem Umbau und der Sanierung. 12 alters- und invalidengerechte Wohnungen und ein Café sollte der Architekt in der Beuge unterbringen. Er entfernte die unschönen Ein- und Anbauten aus dem 20. Jahrhundert: Der südliche Gebäudeteil erhielt seinen spätgotischen Charakter zurück, der nördliche ist wieder als Bau der beginnenden Renaissance erkennbar. Bei der Rekonstruktion der historischen Fassaden kam ein spezieller Dämmputz zum Einsatz, und die Fenster zur stark befahrenen Dorfstraße erhielten eine Fünffachverglasung. Zentrales Element der Sanierung ist ein prachtvolles Treppenhaus mit Liftanlage im Verbindungsbau. Es erschließt alle Wohnungen in den unterschiedlich hohen Geschossen barrierefrei. 

In der Stube der Ferienwohnung sorgt ein blau bemalter Kachelofen für Behaglichkeit. (Foto: © Studio Gataric)
Foto: © Studio Gataric
Das Familienwappen der Hausers erinnert an den Reichtum und die Macht der einstigen Bauherren. (Foto: © Studio Gataric)

Im Erdgeschoss wurde neben Gewerberäumen ein gemütliches Café mit Bäckereiverkauf eingerichtet – hier treffen sich die Menschen aus dem Ort, aber auch Feriengäste kommen gerne vorbei. Eine Etage höher wurden die wertvollen gotischen Stuben zu Gemeinschaftsräumen und Büros. Vor dem Haus, wo sich vormals Gestrüpp den Weg durch den bröckligen Asphalt bahnte, ist ein kleiner Platz entstanden, auf dem ein historischer Brunnen plätschert.

Seit März ermöglicht die Stiftung Ferien im Baudenkmal kulturinteressierten Urlaubern, in die Geschichte des Hauses und der Region einzutauchen. In ihrer Ferienwohnung in der Beuge können zwei Erwachsene mit einem kleinen Kind übernachten. In der gemütlichen Stube knistert ein blau bemalter Kachelofen aus dem Jahr 1788. Eine Halbsäule mit dem Wappen der Familie Hauser erinnert an die einst wohlhabenden Bauherren, und in der modernen Küche steht noch der rustikale Herd aus dem 19. Jahrhundert.

Das Schlafzimmer ist im historischen Farbton Schweinfurter Grün gestrichen. (Foto: © Studio Gataric)

Vorgestelltes Projekt 

Oliver Christen Architekten

Wohnhaus Burgmatt

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