Gruppenarbeit in Architektur

Juho Nyberg
4. Juli 2013
Die zukünftige Hauptfassade (David Chipperfield und Max Dudler). Bild: Stefan Müller/UBS

Wer mit dem Zug in Zürich ankommt, kann die Entwicklung des neuen Stadtteils zwischen dem Gleisfeld und dem Kasernenareal beobachten. Die Zeit bis zur Vollendung 2020 wird fast im Jahrestakt durch Einweihungen und Eröffnungen verkürzt. Zu Beginn dieser Woche war es wieder so weit: Das auf dem Baufeld C entstandene Gebäude – oder besser: das Ensemble von vier Gebäuden – wurde von der Eigentümerin UBS eingeweiht.

Auf einer Fläche von 31'100 m2 stehen Arbeitsplätze für 2'400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereit. Zur zuletzt in der Tagespresse verbreiteten Polemik um die tatsächliche Anzahl der Arbeitsplätze sei hier nur soviel bemerkt, dass sich die UBS um ein «modernes Arbeitsplatzkonzept» bemüht, das «flexible und effiziente Arbeit unterstützt», dem eigentlich nichts entgegenzusetzen ist. Umgekehrt liesse sich ebenso gut eine polemische Haltung einnehmen, nämlich, wenn die Bank ein Arbeitsplatzkonzept wie in den 1980er-Jahren realisiert hätte. Herausragend ist in jedem Fall, dass sich die Bank seit 40 Jahren eine Energiefachstelle leistet und seit Mitte Juni sogar von der WWF als «Vorreiter in Sachen Stromsparen» genannt wird. Dies ist wohl höher zu werten, als der im Pressetext enthaltene Hinweis, dass das neue Gebäude nach Minergie-Standard gebaut worden sei, zumal die genaue Bezeichnung des Standards fehlt.

Die Lagerstrasse bildet noch bis zur Entstehung der Europaallee die Hauptachse (Max Dudler, Gigon/Guyer) Bild: Stefan Müller/UBS

Architektonisch lässt sich der Neubau hingegen durchaus als innovativ bezeichnen, lud doch der Wettbewerbssieger Max Dudler das zweitplatzierte Team von Gigon/Guyer und David Chipperfield zum gemeinsamen Entwurf ein. Entstanden ist ein vierteiliges Gebäudeensemble, das sich um einen öffentlich zugänglichen Innenhof gruppiert. Dem Sieger blieben zwei Gebäudeteile vorbehalten, während Gigon/Guyer und David Chipperfield je einen Teil gestaltet haben. Vom Hof aus lässt sich der Gesamtentwurf auf fast einen Blick fassen, stossen hier doch die vier unterschiedlichen Fassaden zusammen.

Die Häuser Eisgasse und Europaallee (derzeit noch als die Rückseite wahrgenommen, liegt hier doch derzeit noch der provisorische Teil des Bahnhofs mit seinen Gleisen) von Max Dudler präsentieren sich in gewohnt strenger Geometrie. An die Lochfassade mit dunklen Kunststeinbändern schliesst eine durch Kastenfenster fein strukturierte an, die dem Betrachter den gemeinsamen Urheber nicht gleich auf den ersten Blick verraten. Auf den zweiten hingegen offenbaren sich die Gemeinsamkeiten durch den ähnlichen Umgang mit der doppelgeschossigen Attika, wo das sechste und siebte Geschoss zusammen gefasst sind, sowie der Proportionierung der darunter liegenden Geschossfassaden.

Dem gegenüber bespielen die anderen beiden Gebäude alle Obergeschosse mit gleichen Elementen. Beide Architekturbüros verwenden ein goldenes Gewebe, das sie auf unterschiedliche Weise einsetzen. Während beim Entwurf von Gigon/Guyer das goldene Vlies in einer vorgehängten Glasebene scheinbar wild gefaltet den Baukörper umspielt, vermittelt David Chipperfields Gebäude zwischen den Entwurfsansätzen der beiden anderen Büros, indem er eine ruhige Lochfassadenstruktur mit Flächen aus dem Goldgewebe in unterschiedlicher Dichte vermählt. Bereits jetzt erfährt die Lagerstrasse eine deutliche Attraktivitätssteigerung durch die urbane Kulisse der Neubauten. Die angrenzenden Baufelder, die im Entstehen begriffen sind, wecken die Neugier auf die Fortführung dieser Quartiersentwicklung.

Auch aus der Luftperspektive erscheint das Ensemble angenehm heterogen. Bild: Stefan Müller/UBS

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