Meinung

Hinterfragen und mitreden

Juho Nyberg, Inge Beckel, Jenny Keller, Manuel Pestalozzi
20. Dezember 2016
Bild: mediaplanet

In wessen Interesse ist es, dass BIM in der Schweizer Bauwirtschaft zum Standard wird? Gemäss unserer Wahrnehmung kommt BIM von aussen. Erfunden von branchenfremden Softwareentwicklern, stellt dieses Kommunikationstool hergebrachte Organisationsstrukturen in Frage. BIM bietet die Chance einer starken Rationalisierung des Planungs- und Ausführungsprozesses und steigert somit die Effizienz. Ist das sinnvoll, und gilt dies für jede Architekturaufgabe? Wir wagen es zu bezweifeln. Im kleinen Rahmen dürfte der Aufwand mit BIM grösser sein als der Ertrag.
 
BIM ist ein Hilfsmittel, das das Arbeiten vereinfachen und Kräfte einsparen kann. Aber wie lässt sich die freie, gestalterische Komponente der Architektur in systematisierte Abläufe integrieren? Und inwieweit ist der traditionelle Entstehungsprozess eines architektonischen Entwurfs durch BIM gefährdet, wenn Auftraggeber oder andere am Bau Beteiligte selbst in frühen Entwurfsphasen noch weiterreichende Möglichkeiten der Kontrolle oder Einflussnahme haben als bisher?
 
Die Karten werden neu gemischt
Ein Blick in die Mitgliederliste des deutschsprachigen Ablegers von «BuildingSMART» offenbart die Gewichtung der verschiedenen BIM-Protagonisten: Softwarehersteller, Fach- und Normverbände sowie grosse Bauunternehmungen und Produzenten stehen an der Spitze. Wo bleiben da die Interessenvertreter der Architektinnen und Architekten?
 
Es eröffnen sich neue Perspektiven und Karrieremöglichkeiten; das Bearbeiten von digitalen 3-D-Modellen und deren Bewirtschaftung stellen Aufgabengebiete dar, die es in dieser Form bisher noch nicht gab. Die Deutungshoheit über den Inhalt des Modells und dessen Schicksal wie auch die BIM-Kategorie (open, closed, big, little etc.) müssen bei jedem Projekt neu definiert werden. Flexible BIM-Managerinnen und -Manager dürften hier ein breites, abwechslungsreiches Betätigungsfeld finden. Wie bei BIM selbst fehlen bisher auch bei der nötigen Aus- und Weiterbildung verbindliche Standards. Die Verantwortlichkeiten dafür scheinen noch nicht verteilt. Hier müssen sich Architektinnen und Architekten weit mehr einbringen, wollen sie nicht eines Tages vor vollendete BIM-Tatsachen gestellt werden. Abschliessend halten wir fest: Wenn wir heute von BIM sprechen, bleibt der Diskurs oft hypothetisch, dies macht es nicht einfach, konkrete Meinungen zu vertreten oder Ratschläge zu erteilen.


Dieser Text erscheint heute in der Sonderausgabe «Zukunft der Schweizer Bauwirtschaft» im Tagesanzeiger und unter www.smart-leben.ch.

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