Holz – ein Baustoff in all seinen Facetten

Ulf Meyer
24. Juni 2022
Mit der Schau «Touch Wood» wird der Baustoff Holz von allen Seiten beleuchtet. Zu sehen sind unter anderem Beispielprojekte, aber auch bemerkenswerte Entwürfe. (Foto © Nakarin)

Holz gilt als Wunderwerkstoff. Das Material sieht schön aus, es riecht gut und fühlt sich angenehm an. Sein architektonisches Potenzial ist immens. Dazu gilt es als umweltfreundlich, wenn es aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt, nicht weit transportiert werden muss und die Konstruktion wenig oder noch besser gar keinen Leim enthält, leicht demontiert werden kann und ihre Teile sich weiterverwenden lassen. Vielleicht war der Baustoff noch nie so gefragt wie heute. Die neu entdeckte Liebe zum Holz ist auch Thema einer grossen Ausstellung im Zentrum Architektur Zürich (ZAZ): «Touch Wood» solle das Verständnis für Holzarchitektur fördern, erklären die Kuratoren, der Architekt Thomas Hildebrand und seine (ehemaligen) Mitarbeiterinnen Carla Ferrer und Celina Martinez. Das Trio möchte den Holzbau im ZAZ umfassend darstellen. «Sinnliche Erfahrungen» würden in der Schau, so sagen sie, durch «Zahlen, Fakten und Debatten ergänzt». Vom Ingenieurbau bis zum Holzhochhaus, von der Forstwirtschaft bis zu ökonomischen Fragen – nichts lassen die Ausstellungsmacher*innen unbeachtet. Für Celina Martinez zum Beispiel sind neue Techniken, um die Formen von Bäumen in 3D-Modelle zu übertragen, damit sodann Bauteile fast ohne Verschnitt produziert werden können, eine vielversprechende Neuentwicklung der Holzindustrie.

Foto © Nakarin
Thomas Hildebrand ist überzeugt, dass wir das Potenzial des Baustoffs Holz am besten ausnutzen können, wenn wir ihn in hybriden Konstruktionen mit anderen Materialien kombinieren. (Foto © Nakarin)
Blick in die Ausstellung im ZAZ (Foto © Nakarin)
Auch die neuen Möglichkeiten, die digitale Werkzeuge im Holzbau eröffnen, sind Thema der umfassenden Schau. (Foto © Nakarin)

Die Ausstellung soll Architektur in den Fokus rücken, die «freundlicher, menschlicher und umweltschonender» ist. Die Erwartungshaltung dem zeitgenössischen Holzbau gegenüber könnte also kaum höher sein. Zwar will die Schau «Potenzial und Grenzen des Materials» aufzeigen, doch mit den Grenzen (der Forstwirtschaft, der Bauindustrie, der Tragfähigkeit, der Ökonomie, der Gesetzgebung und des Brandschutzes) halten sich die Kurator*innen tatsächlich nicht allzu lange auf.

Lieber betonen sie die führende Rolle der Schweiz im Holzbau, und die Schau liefert ausgewählte Projekte als Positivbeispiele. So ist etwa der neue Hauptsitz von Swatch in Biel zu sehen, den Shigeru Ban gestaltet hat. Auch ungebaute Projekte werden gezeigt, beispielsweise das Holzhochhauses «Pi», an dem Duplex Architekten arbeiten. Thomas Hildebrand hat auch eigene Projekte zum Bestandteil der Ausstellung gemacht; die Sanierung und Aufstockung eines Hauses in der Bremgartnerstrasse in Zürich zum Beispiel. Für ihn, so erklärt er, liege die Zukunft des Holzbaus im Hybridbau, denn im Zusammenwirken mit Stahl, Beton oder gerade auch Lehm könne der Baustoff seine Qualitäten am besten unter Beweis stellen.

Modell des Holzhochhauses «Pi» von Duplex Architekten (Modellfoto © Duplex Architekten, Conradin Frei)
Der neue Hauptsitz von Swatch im Bau (Foto © Blumer-Lehmann AG)

Begleitet wird die Ausstellung von einem Buch und Workshops, in deren Rahmen Expert*innen aus Forschung, Praxis und Industrie über die Zukunft des Holzbaus ins Gespräch kommen.

Dass Holz als tragendes Baumaterial auch im Geschossbau wiederentdeckt wurde, ist schon lange nicht mehr neu. Mittlerweile werden teils kolossale Bauten in Holz geplant. Doch eine derart umfassende Betrachtung aller Aspekte wurde bis anhin noch mit keiner Ausstellung versucht. Ein Besuch im ZAZ lohnt sich also sehr. «Touch Wood» bleibt bis zum 30. Oktober 2022 geöffnet.

 

Touch Wood. Material, Architektur, Zukunft

Touch Wood. Material, Architektur, Zukunft
Carla Ferrer, Thomas Hildebrand, Celina Martinez-Cañavate (eds.)

200 x 270 Millimeter
304 Seiten
286 Illustrationen
Paperback
ISBN 9783037786970
Lars Müller Publishers
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