Im Namen der Öffentlichkeit

Manuel Pestalozzi
11. Juni 2015
Bild: i2a.ch

Gesponsert von Pro Helvetia und organisiert vom i2a istituto internazionale di architettura aus Vico Morcote, machte es sich die Vortragsreihe zur Aufgabe, dem russischen Fachpublikum die helvetische Interpretation des «Architect as Civil Agent» näher zu bringen. Civil Agent? Der selten gebrauchte Begriff will andeuten, dass die betreffende Person im Interesse der Bürgerinnen und Bürger handelt. Entsprechend wurden Büros berücksichtigt, deren Tätigkeit und Rollenverständnis einen solchen Antrieb vermuten lassen.

Sportanlage El Papiol, Spanien, XNF arquitectos. Bild zur Verfügung gestellt von Nicola Regusci

Das 110seitige Büchlein fasst auf Russisch und Englisch drei Referate zusammen, gibt die «provisorischen Schlüsse» eines Roundtable-Gesprächs wieder und endet mit zwei kurzen Essays von Nikita Tokarev von MARCH und Alessandro Marinelli, dem Kurator von i2a. Die Referenten repräsentierten drei Sprachregionen: Nicola Regusci von XNF arquitectos trug a position from Lugano-Barcelona vor, Christophe Gnaegi von TRIBU architecture brachte eine Stimme aus Lausanne nach Moskau, Andreas Sonderegger von pool architekten eine aus Zürich. Inhalt der Vorträge waren das Verhältnis der Architekturbüros zur Öffentlichkeit, die spezifischen Arbeitsbedingungen, der Wille, das «Los des Volkes» durch die Architektur mit Zielen und neuen Inhalten zu verbessern und selbstverständlich Erläuterungen konkreter Projekte, wovon zwei hier abgebildet sind.

Überbauung Bonne Espérance, Lausanne, TRIBU architecure. Bild: Raphaël Gogniat, meno architectes, zur Verfügung gestellt von TRIBU.

Die Texte reflektieren einerseits das Berufsverständnis der hiesigen Architektinnen und Architekten, sie lassen zudem erahnen, dass die Idee des Civil Agent nicht überall auf dem Erdball gleich gut verwurzelt ist. Dies ist jedenfalls der abschliessenden Stellungnahme Nikita Tokarevs zu entnehmen. Er erinnert daran, dass Architektinnen und Architekten in der Sowjetunion nicht öffentliche Persönlichkeiten waren, sondern Beamte. Entsprechend schwach und unstrukturiert sei heute der Berufsstand und kaum fähig, seine Interessen durchzusetzen. Die Bildung und Weiterbildung soll das ändern und dafür sorgen, dass Architekturschaffende nicht bloss dekorative Aufgaben ausüben, sondern eine Position als Anwältinnen und Anwälte des öffentlichen Interesses gewinnen.
 
«The Architect as Civil Agent», zu beziehen hier: i2a; Besso, 59, 6900 Lugano; E-Mail

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