Keine Tulpe in London

Juho Nyberg
19. Juli 2019
So nicht! Norman Fosters Entwurf wird nicht umgesetzt. (Visualisierung via ft.com, Bearbeitung: Juho Nyberg)

Eines der ikonenhaftesten Gebäude der Londoner Skyline ist zweifellos die Gherkin, ehemals Swiss Re Tower, aus der Feder des Architekten Sir Norman Foster. Die Umgestaltung der obersten Etagen für eine Publikumsnutzung mit Aussichtsterrasse und dem üblichen Pipapo liess sich jedoch aufgrund ungünstiger Platzverhältnisse nicht realisieren, weswegen Foster einen Alternativvorschlag entwickelte: einen sehr sinnfreien Aussichtsturm in der Form von – nun, er dachte an eine Tulpe.

Aus dem floralen Schmuck der Skyline Londons wird nun jedoch nichts. Bürgermeister Sadiq Khan hat diese Woche mit seinem Veto das Projekt gestoppt. Seinen Entscheid begründet er mit dem Fazit einer eigens eingesetzten Kommission. Diese hat eine Reihe von Problemen aufgelistet. Nicht zuletzt wird die Anbindung im Erdgeschoss und der Mangel an Veloabstellplätzen aufgeführt, ferner sei das Projekt «keine Weltklassearchitektur». Dass sich Bürgermeister Khan als Fürsprecher qualitätsvoller Architektur hervortut, wird allenthalben begrüsst, überrascht jedoch manchen. So schreibt Simon Jenkins im Guardian, Kahns Interesse an guter Architektur hätte gerne etwas früher erwachen dürfen und verweist in diesem Zusammenhang auf Renzo Pianos «Cube» bei der Paddington Station, der sich ebenso wenig um einen guten Bezug zum öffentlichen Raum bemühe. Jenkins vergleicht Khan gar mit dessen Vorgänger Boris Johnson und meint, bis vor Kurzem hätten Spekulanten sich praktisch jede gewünschte Gebäudehöhe bewilligen lassen können, sofern sie der Stadt eine vergleichsweise bescheidene Zahl an bezahlbaren Wohnungen überlassen hätten – die Rede ist von einem Fünftel. Sollte sich Khans plötzlich aufgeflammtes Interesse für den öffentlichen Strassenraum als Strohfeuer erweisen, würde er sich damit doch bloss in die Reihe seiner Vorgänger einfügen, die sich «seit Menschengedenken» ebensowenig darum gekümmert hätten, so Jenkins kritisch.

Derweil musste Norman Foster noch eine weitere Pleite einstecken: Gleichentags mit der Absage von London wurde sein Zwillingsturm-Projekt in La Défense, Paris, ebenfalls gebodigt. 

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