Koch-Areal-Aktivismus

Manuel Pestalozzi
2. Juni 2017
Bild: Google earth

Leerstehende Liegenschaften in Beschlag nehmen und aus dieser Handlung ein Bleiberecht ableiten – in Zürich geht das. Beim Koch-Areal war es eine erfahrene gut eingeübte Truppe, die 2013 in das Eigentum der UBS vordrang. Die Grossbank, sie hatte eine Wohnüberbauung geplant und wartete auf eine Abreissbewilligung, liess die Property fallen wie eine heisse Kartoffel. Die Stadt Zürich fing sie auf und bezahlte 70,2 Millionen. Die amorphe, anonyme Gruppe von Nutzerinnen und Nutzern hat das Areal nach wie vor unter Kontrolle, gelegentlich gab es Lärmklagen.
 
Die FDP der Stadt Zürich fand, dass die Stadtregierung im Umgang mit den vollendeten Tatsachen zu grosse Milde zeigt und sich zu viel Zeit gelassen hat, um jenseits der Besetzung eine sinnvolle Nutzung für das Grundstück zu suchen. Sie lancierte im vergangenen Herbst eine Volksinitiative, die den Verkauf des Koch-Areals fordert. Am 30. Mai übergaben die Initiantinnen und Initianten der Stadtschreiberin 3310 Unterschriften. Bis auf die Volksinitiative eine Abstimmung folgt, kann es bis zu 29 Monate dauern, hat 20 Minuten ausgerechnet.
 
Es war wohl kein Zufall, dass die Stadt unmittelbar nach dieser Abgabe, am 1. Juni, per Pressecommuniqué des Finanzdepartements mitteilte, dass sie in dieser Angelegenheit «den nächsten Schritt macht». Sie lancierte eine Bauträgerausschreibung für die Wohn- und Gewerbenutzung und erinnerte daran, dass auf dem Koch-Areal ein Stück Stadt mit guter sozialer Durchmischung, attraktivem Nutzungsmix und einer hohen Erlebnisdichte entstehen soll. Mit der Realisierung eines Gewerbehauses möchte man dem «Werkplatz Zürich» einen weiteren Impuls geben und «Gewerbe- und Kreativwirtschaft» aufs Areal locken. «wohnbaugenossenschaften zürich» (weg) wurde mit der Ausschreibung der zwei Wohnbaufelder unter gemeinnützigen Bauträgerschaften betraut. Wiest Partner unterstützt die Stadt bei der Ausschreibung des gewerblichen Baufeldes unter kommerziellen und gemeinnützigen Bauträgern.
 
Die Projektierung und Realisierung der Hochbauten soll nach Vorstellung der Stadt im Zeitraum von 2019 bis 2023 über die Bühne gehen. Bis die Volksinitiative zur Abstimmung kommt, ist – so lautet wohl die taktische Überlegung – ein staatlich finanziertes Projekt auf dem Tisch, das sich als Argument für ein Nein instrumentieren lässt. So wird die Geschichte also weiter köcheln. Und wer will, kann sich am bunten Betrieb an der Ecke Rauti-/Flüelastrasse wohl noch ein Weilchen erfreuen.

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