Das Licht weist den Weg

Thomas Geuder
17. Januar 2013
Ganz in Weiss: Im Wartebereich der Kieferorthopädie in Catania werden die Patienten auf die bevorstehende Behandlung eingestimmt. Alle Bilder der Praxis: bureauhub/Tobias Hegemann

2013 ist für Lichtplaner wieder einmal das Jahr des Entbehrens! Weniger dramatisch ausgedrückt bedeutet das: Es wird in diesem Jahr keine Messe Light+Building stattfinden. «Schade», wird sich manch Lichtplaner denken, denn vor allem im Bereich von Licht und Beleuchtung tut sich derzeit ja einiges, und das in einem atemberaubenden Tempo. In einem Jahr kann da schon viel passieren! LEDs sind – das hat man auf der letzten L+B gesehen – mittlerweile zum Standard-Leuchtmittel avanciert, und noch immer erreichen uns stetig neue Entwicklungen, die die Möglichkeiten von LEDs noch weiter ausreizen. Besonders interessant allerdings wird es derzeit auf dem Markt der OLEDs, der Organischen Licht Emittierenden Dioden also. Waren OLEDs auf der L+B im letzten Jahr noch eine (sehr!) teure Spielerei, werden sie heute als ernsthaftes Leuchtmittel diskutiert und vereinzelt sogar schon eingesetzt. Nicht zuletzt ist das der Tatsache geschuldet, dass sich der Wirkungsgrad von OLEDs in den letzten Jahren enorm gesteigert hat. Und auch bei der Herstellung hat man grosse Schritte getan: So ist es bereits möglich, OLEDs wie ein Buch per Tintenstrahler oder gar per Offset-Druck herzustellen – ganz ohne Vakuum oder Reinraum-Bedingungen. Licht aus dem Drucker also. Wer da nicht mit leuchtenden Augen in die Zukunft blickt, dem ist nicht zu helfen!

Und so harren wir also der Dinge und freuen uns schon auf Ende März / Anfang April 2014, wenn sich in Frankfurt/Main wieder die Tore zur Weltleitmesse der Licht- und Beleuchtungsbranche „Light+Bulding“ öffnen. Dann wird es ganz bestimmt einige erstaunliche OLED-Lösungen zu sehen geben.

Ausgeschaltet sind die OLEDs, die das Leitsystem in den Praxisräumen schematisch darstellen, nicht sichtbar, doch ...

Die Idee der OLED indessen gibt es schon seit Längerem. Bereits in den 1950er-Jahren wurde die Elektrolumineszenz in organischen Materialien entdeckt, erste Grundpatente für OLED-Strukturen stammen aus den 1980er-Jahren. Bisher werden OLEDs wegen ihrer geringen Dicke und ihres geringen Gewichts meist als Display eingesetzt, doch erste Prototypen stecken bereits in Fernsehern, die nur 4 mm dick sind. Zahlreiche grosse wie kleinere Hersteller forschen an dieser zukunftsträchtigen Technologie. So auch der japanische Produzent Lumiotec, dessen Head Office sich in Yamagata befindet, etwa auf halber Strecke von Japans Hauptstadt Tokio und der nördlichen Hauptinsel Hokkaido. Lumiotec wurde 2008 gegründet und widmet sich seitdem ganz der Entwicklung und Produktion von OLEDs. Seit 2011 ist Lumiotec (laut eigenen Angaben) auf dem Weltmarkt der einzige Anbieter von OLEDs in Serienfertigung. Erhältlich sind bei Lumiotec heute Panels in fünf verschiedenen Grössen und zwei verschiedenen Farbtemperaturen, die eine Leuchtdichte von bis zu 3 000 cd/m² und eine Lebensdauer von bis zu 50 000 Stunden erreichen – Werte, die Grund genug bieten, sich näher mit dieser Technologie zu beschäftigen.

… beim Einschalten erscheinen sie plötzlich wie aus dem Nichts in der Wand.

Noch sind OLEDs im Vergleich zu anderen Leuchtmitteln teuer, in den nächsten Jahren aber werden sich die Preisunterschiede immer weiter minimieren. Pioniere, die auf OLED-Beleuchtung setzen, gibt es in der Architektur indessen bereits: Für ihr Projekt einer Praxis für Kieferorthopädie in Catania auf Sizilien sollten die Planer des Architekturbüros bureauhub aus Stuttgart und Mailand ein Leitsystem entwickeln, das dem Patienten augenfällig den Weg vom Wartebereich zum Behandlungszimmer weist. Vorherrschendes Oberflächenmaterial in den Praxisräumen ist weisses Corian (eine Anspielung auf Zahnschmelz), ein Material also, das – je nach Dicke – mehr oder weniger transluzent ist. Diesen Effekt machte man sich bei bureauhub zunutze und entwarf eine Corian-Anzeigentafel, die von hinten durchleuchtet werden kann. Viel Raum für die Leuchtmittel war dabei jedoch nicht, und so fiel die Wahl auf die dünnen und sich wenig erhitzenden OLEDs. Der Effekt ist verblüffend: Weil die OLEDs flächiges Licht abgeben, sind die Buchstaben, Zahlen und Piktogramme im Leitsystem absolut gleichmässig beleuchtet. «Mit punktuellen Lichtquellen hätte man dies nur schwer erreicht», sagt Tobias Hegemann von bureauhub. «Auch das Wärmemanagement wäre bei so wenig Platz mit anderen Leuchtmitteln zum Problem geworden.» Die Praxis von bureauhub ist damit eines der ersten Projekte weltweit, das mit fest installierten OLEDs ausgestattet wurde. Doch abgesehen von all den technologischen Vorteilen, die OLEDs mit sich bringen, findet Otto Normalpatient die Wirkung einfach cool: Ausgeschaltet sieht man von dem Leitsystem nichts. Erst eingeschaltet erscheint es plötzlich wie aus dem Nichts, und das sogar in verschiedenen Helligkeiten, je nach Dicke des durchleuchteten Materials. Ob Corian oder ähnliche Werkstoffe wie Hi-Macs: Hinterleuchtet mit OLEDs ist das die ideale Kombination für Leitsysteme, die unaufdringlich und doch gut sichtbar den Weg weisen sollen.

Die Technik dahiner: Insgesamt 38 OLED-Panels in zwei verschiedenen Grössen verbergen sich hinter einer Corian-Platte.
Das Leitsystem zeigt die Raumfolge der Praxis als Flussdiagramm.
Grundriss
Die Piktogramme auf dem Leitsystem finden sich an den Türen zu den jeweiligen Räumen wieder.
Aufbau des OLED-Leitsystems
Beim Einfräsen der Abdeckplatte blieb entweder 1 mm oder 3 mm Material übrig, was zu unterschiedlichen Helligkeiten führt.
Nahezu alle Räume der Praxis sind in derselben Materialität ausgestattet.
Schichtaufbau einer OLED. Abbildung: Lumiotec
Farbspektrum einer OLED. Abbildung: Lumiotec
Lumiotec Inc. Yamagata, JP
Projekt White Space – Praxis für Kieferorthopädie, Catania, IT
Hersteller-Kompetenz OLED Panel in verschiedenen Grössen
Architektur bureauhub - architectural design, Stuttgart, D und Mailand, IT
Bauherr Dr. Davide Agatino Mirabella, Catania, IT
TGA Fachplaner engineering&consulting elm, Catania, IT
Standort Via Teseo, 13, Catania, IT
Fertigstellung 2012
Fotonachweis bureauhub/Tobias Hegemann

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