Die Kunst der Gestaltung

Thomas Geuder
27. Februar 2013
Das Haus JOH 3 ist eine architektonische Neuinterpretation des klassischen Berliner Stadthauses. (Foto: Ludger Paffrath)

Angesichts der vielfältigen gestalterischen Möglichkeiten ist man tatsächlich geneigt zu fragen: Warum sehen so erstaunlich viele Bäder eigentlich noch immer gleich aus? Schliesslich hat sich in Sachen Produktvielfalt bis heute doch einiges getan! An den Herstellern kann es nicht wirklich liegen, denn die haben sich bisher alle Mühe gegeben (und geben sich noch immer), nicht nur formale, sondern auch farbliche Abwechslung ins Spiel zu bringen. Bei manchem Hersteller kann sogar das Oberflächendesign des, sagen wir einmal, Waschbeckens weitestgehend selbst zusammengestellt werden kann. Der Kunde hätte also alle Möglichkeit zur stilvollen Gestaltung – und trotzdem schrecken die meisten Bauherren, aber auch viele Architekten davor zurück und zeigen nur wenig Mut zur Gestaltung im Bad. Woran das liegt? Es könnte die Haltung sein, dass der Ort, an dem die Körperhygiene betrieben wird, möglichst weiss sein soll, damit ein Gefühl der Reinheit entsteht. Oder ist es die Furcht vor Materialien wie Holz, das weder bakteriell gereinigt werden kann noch genügend glatt ist, um wenigstens anständig drüber wischen zu können? Richtig bedenklich wird es beim Thema Armaturen: Kennen Sie persönlich ein Bad, das nicht mit den üblichen Chrom-Wasserhähnen und Duschköpfen ausgestattet ist? Otto Normalhausbewohner jedenfalls kennt keines, und der hat (so hat er mir bestätigt) schon viel in seinem Leben gesehen. Selbst in vermeintlichen Design-Hotels findet sich nichts anderes. Die Entwerfer scheint spätestens bei beim Thema Armaturen leider allzu oft der Mut zur Gestaltung verlassen zu haben.

Aber (und das ist die gute Nachricht): Wie so oft im Leben bestätigt auch hier die Ausnahmen die Regel. So ist seit einigen Jahren dann doch ein klarer Trend zum (nennen wir es einmal) „Bad Plus“ zu erkennen, verursacht allerdings durch eine gänzlich unarchitektonische Bewegung: In Zeiten, in denen die digitale Welt unser ganzes Dasein durchdringt, das Mobiltelefon einen selbst zu später Stunde noch über eingehende Geschäftsmails unfreiwillig informiert und viele an einer Art Informationsüberflutung leiden, ist das Badezimmer beinahe schon der einzige medienfreie Ort, an dem die Sehnsucht nach «Ausklinken» noch gelebt werden kann. Das Bad avanciert zum ultimativen Rückzugsort vor der Welt. Hier kann man sein, wie man eigentlich ist. Im Bad IST man!

Die Bäder in dem Apartmenthaus sind als individuelle Rückzugsorte gestaltet. (Foto: Ludger Paffrath)

So gesehen sollte dem Badezimmer sogar eine besondere Aufmerksamkeit bei der Planung zukommen. Das zunächst einmal rein räumlich, denn nicht zuletzt wirkt sich die blosse Dimension eines Raumes unmittelbar auf unser Gemüt aus. Der andere Teil der Wahrheit liegt ganz klar in der Raumgestaltung – womit wir wieder beim Kern des Pudels wären, namlich beim Mut zur Gestaltung. Liebe Bauherren, es muss ja nicht gleich die kinderbunte Ausstattung sein. Aber hier und da ein bisschen Raffinesse in der Material- und Farbwahl ist durchaus erlaubt. Und wenn es denn schon die weisse Fliese sein soll, dann dürfen Akzente zum Beispiel mit den Armaturen gesetzt werden. Und weil man es hier am wenigsten vermutet, ist der Effekt hierbei umso grösser. Warum nicht also mal ein kräftiges Rot oder ein sonniges Gelb? Oder für denjenigen, der die Farbe partout scheut, gerne auch die matt-schwarze Variante: zurückhaltend, elegant, unerwartet und Architekten-affin. Otto findet da etwa das Sortiment des Traditionsherstellers Vola ansprechend, denn hier vermischen sich technische Ausgereiftheit, Druchdachtheit bis ins Detail, zeitlose Form und Farbvielfalt in einem Produkt, das eigentlich überall zu Hause sein könnte. Und den Planer freut es, denn alle Vola-Armaturen sind Teil eines Baukastensystems mit einheitlicher Unterputz-Montagetiefe. Auch für die Zukunft sind die Vola-Armaturen gewappnet, denn Ersatzteile sind von allen Design-Generationen der letzten 45 Jahre erhältlich, seit der dänische Architekt Arne Jacobsen 1968 das klassiche Design erdachte.

Zum nach Süden ausgerichteten Innenhof orientieren sich die Gärten, Terrassen und Balkone der Wohnungen. (Foto: Ludger Paffrath)

Der Einsatz von klassischem Design im Badezimmer bedeutet jedoch nicht, dass man auf architektonische Extravaganzen verzichten müsste. Im Gegenteil: Das Apartmenthaus JOH 3, erdacht vom Berliner Star-Architekten J. Mayer H. unter der Bauträgerschaft der Architekturmarke Euroboden, ist alles andere als ein gewöhnliches Apartmenthaus. Gelegen in der Johannisstrasse in Berlin-Mitte, in direkter Nachbarschaft zur Museumsinsel und zur Friedrichstrasse, füllt es dort eine alte Baulücke und interpretiert das klassische Berliner Wohnhaus mit mehreren Einheiten und begrüntem Innenhof neu. Im Erdgeschoss zur Strasse hin befinden sich Gewerbeeinheiten, die grosszügigen Wohnungen orientieren sich mit einer Süd-West Ausrichtung zu einem ruhigen, der Architektur des Gebäudes entsprechend gestalteten Gartenhof. Eine vorgehängte, sehr plastisch gestaltete, fast wie Wolken wirkende Lamellenfassade greift das Thema der Landschaft in der Stadt auf. Die Eigentumswohnungen gliedern sich in Townhouses mit privatem Garten, klassischen Apartments oder Penthouses mit Blick über die Friedrichstadt. Ein interessantes Raumerlebnis entsteht durch variierende Raumhöhen von 3,20 m bis 5,80 m. Besonderes Augenmerk lag auf der Gestaltung der Bäder: Deren Böden und Wände sind mit individuell gestaltetem Mosik-Fliesen- oder Natursteinbelag versehen, was dem Raum (analog zum Entwurfsgedanken an der Fassade) seine Rechtwinkligkeit und Strenge nimmt und ihn so zu einem individuellen Rückzugsort macht. Und obwohl man hier keine Farbe vorfindet, geht es doch alles andere als standardmässig zu. Der Farbsprache im Badezimmer angepasst sind sogar die Armaturen matt-schwarz. Und das ist gut so, denn – dieser Ansicht ist auch Otto, der sich hier leider keine Wohnung anmieten konnte – Chrom-Armaturen wären hier einfach nicht richtig gewesen. Wie gut, dass man da heutzutage die Wahl aus verschiedenen Farben hat!

Räumlich raffiniert: Durch Versprünge in Boden und Decke werden einzelne Raumzonen gebildet. (Foto: Ludger Paffrath)
Freistehende Badewannen, klassische Armaturen und reduziertes, aber indivduelles Baddesign – so kann Wellness aussehen. (Foto: Ludger Paffrath)
Die Bäder im JOH3 haben immer auch einen starken Bezug zum Aussenraum, wodurch der Begriff der «Nasszelle» hinfällig wird. (Foto: Ludger Paffrath)
Neben Chrom und Edelstahl sind die Armaturen von Vola in 14 verschiedene Farben erhältlich. (Foto: Vola)
Grosszügige Übergänge zu den Aussenbereichen schaffen ein offenes Wohnerlebnis mitten in der Stadt. (Foto: Ludger Paffrath)
Mithilfe von computergesteuerter Verarbeitungstechnologie entstand eine dreidimensionale, plastisch gestaltete Fassadenhaut aus unzähligen individuell geformten und vertikal angeordneten Aluminiumlamellen. (Foto: Ludger Paffrath)
Lageplan
Standard-Grundriss Obergeschoss
Grundriss Erdgeschoss
Die Lamellenfassade vor den raumhoch verglasten Wohnräumen dient als Sonnenschutz sowie als Filter vor Einblicken bei gleichzeitig maximaler Belichtung.
Der Entwurf von J. Mayer H. setzt bewusst einen Kontrast zur benachbarten denkmalgeschützten, klassizistischen Kalkscheune in der Johannisstrasse 2. (Foto: Patricia Parinejad)
Vola GmbH München, D
Hersteller-Kompetenz Waschbeckenarmatur, Badewannenarmatur
Duscharmatur
Projekt JOH 3, Berlin, D
Architektur J. MAYER H. Architects, Berlin, D
Bauträger Euroboden Architekturkultur, Grünwald, D
Bauleitung und Kosten Architekturbuero Wiesler, Stuttgart, D mit
Thomas Quinten Projektmanagement, Berlin, D
Tragwerksplanung EiSat GmbH, Berlin, D
Technische Gebäudeausrüstung Ingenieurgesellschaft Striewisch mbH, Essen, D
Bauphysik Ingenieurbüro Santer, Duisburg, D
Brandschutz Fire Safety Consult, Berlin, D mit KLW Ingenieure GmbH
Berlin, D
Fertigstellung 2012
Fotonachweis Ludger Paffrath, Patricia Parinejad

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