Sanieren und Modernisieren

Thomas Geuder
13. Mai 2014
Zur Hufeisensiedlung im Berliner Südosten gehören neben dem berühmten Hufeisengebäude auch zahlreiche Reihenhäuser. (Foto: Berno Buff / digitalSTROM)

Damals, im Jahr 1925, waren die Bauten in der sogenannten Hufeisensiedlung im Berliner Ortsteil Britz wirklich fortschrittlich. Geplant als Reihenhaus, sind sie zwar nur 5 bis 6 Meter breit, boten aber schon damals einen Komfort, den nicht jeder hatte. Denn nach dem Krieg stieg der Wohnraumbedarf in Berlin enorm an, und obwohl eine Einzimmerwohnung mit Küche erst ab fünf Bewohnern als überbelegt galt, fehlten Anfang der 1920er-Jahre mehr als 100.000 Wohnungen. So entstanden zahlreiche Baugenossenschaften, mit deren Hilfe in den Jahren nach Novellierung der Bauordnung für Gross-Berlin im Jahr 1920 ganze 17 Grosssiedlungen entstanden. Eine davon (und wahrscheinlich die bekannteste) ist die Hufeisensiedlung auf dem ehemaligen Rittergut «Britz», eine Ortschaft, die bei der Bildung Gross-Berlins zum Bezirk Neukölln eingemeindet wurde. Britz verfügte 1375 über 58 Hufen, im weitesten Sinne Bauernhöfe mit Eigentums- und Nutzungsrecht – eine Historie, die die Architekten beim Entwurf der Hufeisensiedlung als Inspiration gedient haben mag.

Die Architekten Bruno Taut und Martin Wagner, beide Anhänger des «Neuen Bauens», planten und errichteten die Hufeisensiedlung für die GEHAG (Gemeinnützige Heimstätten AG) zwischen 1925 und 1933. Für den Bau verwendeten Sie moderne, industrielle Fertigungsmethoden, durch die das Arbeitstempo wesentlich erhöht werden konnte: Für die insgesamt über tausend Wohnungen kam Taut mit nur vier Grundriss-Typen aus. Alle Häuser verfügten über einen Elektro-, Wasser- sowie Abwasseranschluss und jedes Haus erhielt seinen eigenen Garten. All das macht die Häuser der Hufeisensiedlung auch heute noch für viele attraktiv.

Praktisch zum Schutz der Bausubstanz: Ohne zusätzliche Verkabelungen konnten alle elektrischen Verbraucher intelligent miteinander vernetzt werden. (Foto: Berno Buff / digitalSTROM)

Im Zuge der Privatisierung der Siedlung nach 1998 wurden die Gebäude auch modernisiert. Dabei war Vorsicht angesagt, denn seit 2008 wurden verschiedene Berliner Siedlungen (darunter auch die Hufeisensiedlung) von der UNESCO in die Liste des Welterbes aufgenommen. Das schafft – zumindest was die Gesamtwirkung betrifft – Verantwortung. Auch Torsten E.‘s Haus wurde energetisch saniert. Teil des Sanierungskonzepts war der Einbau von Wandheizungen unter einem Lehmputz – ein System übrigens, das hervorragend für das Innenraumklima ist, weil der Lehmputz viel Feuchtigkeit aus der Raumluft aufnehmen und zeitversetzt wieder abgeben kann. Die Heizrohre im Lehmputz können wegen der besser verteilten Strahlungswärme bei gleicher Wirkung ausserdem mit einer niedrigeren Temperatur gefahren werden, wodurch viel Energie gespart wird. Torsten E. ist ein technikaffiner Mensch und wollte sein Haus ausserdem als Smart Home ausrüsten. Zusätzliche Verkabelungen konnten in dem Putz jedoch nicht verlegt werden, und so entschied er sich für das System von digitalSTROM, bei dem die bestehende Verkabelung für die Kommunikation unter den Einzelkomponenten genutzt wird. So wurden dort innerhalb von zwei Arbeitstagen sieben Räume, der Flur und die Diele in allen Geschossen mit insgesamt 55 Lüster-, Taster- und Automatisierungsklemmen ausgestattet. 7 dS-Meter (einer pro Stromkreis), dS-Filter und ein dS-Server sorgen für die Steuerung und Messung.

Vor allem in der Küche ist die Raumluft oft sehr feucht, was der diffusionsoffene Lehmputz mit einer hohen kapillaren Leitfähigkeit jedoch auszugleichen weiss. (Foto: Berno Buff / digitalSTROM)

Torsten E. kann das System nun per Taster sowie Smartphone steuern und etwa verschiedene Lichtszenarien programmieren oder mit einem Tastendruck alle elektrischen Verbraucher im Haus deaktivieren. Auch die Rauch- und Bewegungsmelder sind angeschlossen und senden bei Alarm eine SMS auf sein Handy. Die Türklingel kann als Ton- und Lichtsignal in jedem Raum aktiviert und deaktiviert werden, es lassen sich eine «Abwesenheitssimulation» sowie andere individuelle Vernetzungen wie die Betätigung der Kaffeemaschine programmieren, bei einer weitreichenden Transparenz des Stromverbrauchs. Die gesamte Vernetzung hat einschliesslich Hardware, Beratung und Installation übrigens 7.500 Euro gekostet. Das findet auch unser alter Freund Otto Architekturfan nicht übel.

Ohne die gleichmässigen Lehmputzflächen durch zusätzliche Verkabelungen aufstemmen zu müssen, konnte im gesamten Haus ein Smart Grid installiert werden. (Foto: Berno Buff / digitalSTROM)
Auch im Bad – ebenfalls Teil des Smart Gids – konnten die Fliesen unberührt bleiben. (Foto: Berno Buff / digitalSTROM)
Das Haus von Torsten E. lässt sich nun per Tablet … (Foto: Berno Buff / digitalSTROM)
… Smartphone oder … (Foto: Berno Buff / digitalSTROM)
… normalem Rechner steuern. Im Bild: Der Konfigurator, mit dem die Anlage jederzeit neu programmieren lässt. (Foto: Berno Buff / digitalSTROM)
Möglich wir das System durch kleine, lüsterklemmenartige Schnittstellen, in denen sich jeweils ein Rechner mit der Leistung eines C64 befindet. (Foto: digitalSTROM)
Notwendig ist dann eine Steuerzentrale, die jedoch elegant im Stromkasten verschwindet. (Foto: digitalSTROM)
Grundrisse Dachgeschoss, Obergeschoss, Erdgeschoss und Kellergeschoss
So kann die Verbrauchsanzeige in einem Wohnhaus aussehen – je nach Programmierung. (Foto: digitalSTROM)
Jüngst wurde auch die originale und vielfältige Farbigkeit der Gebäude in der Hufeinsensiedlung wieder hergestellt, Tauts beispielhafte, das Bauen der Zwanziger Jahre stark prägende Auffassung von der Farbe als eigenes architektonisches Element. (Foto: Berno Buff / digitalSTROM)
Projekt
Sanierung Haus in der Hufeisensiedlung
Berlin, D

Hersteller
digitalSTROM
Zürich-Schlieren, CH

Kompetenz
Smart Grid

Bauherr
privat

Fertigstellung
2013

Fotografie
Berno Buff
digitalSTROM

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