Umbau Castel Mirabel

Ein «Castello» am Comersee

29. August 2013

Umbau Castel Mirabel
2012

Olgiasca (I)

Auftragsart
Direktauftrag

Bauherrschaft
Privat

Architektur
Met Architektur Zürich, Dominique Lorenz und Daniel Hummel, Architekten ETH SIA
Mitarbeit: Fabian Valverde, dipl. Architekt ETH

Fachplaner
Bauphysik: IFEC Consulenze SA, Rivera

Bauleitung
Geometra Andrea Signorelli, Colico (I)

Gebäudekosten BKP 2
ca. 950'000 CHF

Gebäudevolumen
1'252 m3 (SIA 416)

Kubikmeterpreis
ca. 760 CHF/m3

Kunst am Bau
Heloisa Ackermann Rodrigues, Muri bei Bern (Wandfresko mit Kamelienmotiv)
Madlaina Lys, Lavin GR (Leuchtenobjekt aus Porzellanplättchen)

Fotos
Ulrich Stockhaus, Zürich

Blick von Norden auf das erneuerte Castel Mirabel, das prominenteste Gebäude in Olgiasca am oberen Comersee. Im Hintergrund, im Süden, teilt sich der See bei Bellaggio in zwei Äste.

Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Mit diesem Projekt bot sich für uns die Gelegenheit, den Mittelpunkt des geschützten Siedlungskerns von Olgiasca, an spektakulärer Lage am Comersee, erneuern und ausbauen zu dürfen. Damit konnten wir einen substanziellen Beitrag zum Erhalt und Weiterbestand des vom Zerfall bedrohten, ehemaligen Herrensitzes mit Grundmauern aus dem 13. Jahrhundert und gleichzeitig zur Aufwertung des gesamten Ortes leisten.

Die dringend anstehende und umfassende bautechnische Sanierung der gesamten Gebäudehülle, die enorme Feuchteschäden aufwies, und damit die Auseinandersetzung mit zahlreichen technischen Fragen, konnten wir nutzen, um dem Gebäude einen architektonischen Ausdruck zu verleihen, der seiner Bedeutung als zentrales Bauwerk des Ortes wieder gerecht wird.

Blick Richtung Süden aus einer benachbarten Gasse (Ost- und Nordfassade).

Dieser architektonische Ausdruck lebt von einem Spiel der Kontraste. Dem archaischen Charakter des Bruchsteinmauerwerkes und der Dacheindeckung aus Stein, die aufgrund von denkmalpflegerischen Vorgaben erhalten werden mussten, setzen wir filigrane Stahlkonstruktionen für Pergolas und Geländer und fein verputzte Fenstereinfassungen entgegen, die ihrerseits für einen dichten Fensteranschluss sorgen.  

Aber auch das Innere steht im Kontrast zum Äusseren. Ein feiner Verputz überzieht den Isolierputz, der die Aussenwände dämmt, und bindet das heterogene Mauerwerk zusammen. Hochwertige Möbeleinbauten aus Eichenholz, mit Entarsien versehene Zementböden in Küchen und Bädern, und Eichenriemen in den übrigen Räumen schaffen eine wohnliche Atmosphäre im Innern, einen angenehmen Gegensatz zum rauen, windigen Klima der Umgebung.

Fenstertüren an der Südfassade öffnen den Blick auf den See.

Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Schon bei unserem ersten Besuch vor Ort fiel uns der fehlende Bezug der Wohn- und Aufenthaltsräume zum See auf, ein nicht ausgeschöpftes Potenzial. Das gesamte Haus hatte ursprünglich einen sehr introvertierten, geschlossenen Charakter und die Innenräume waren aufgrund der kleinen und tiefen Fensteröffnungen dunkel und düster. Dem ehemals festungsartigen, abweisenden Charakter begegneten wir mit einer Öffnung der Aussenbereiche zu den umliegenden Gassen, mit einer besseren allseitigen Zugänglichkeit, d.h. mit einer Verwebung mit dem Kontext.

Bei der inneren Aufteilung achteten wir darauf, dass möglichst jede Wohneinheit einen stärkeren räumlichen Bezug zum See erhielt. Was die Eingriffe in die Primärstruktur betrifft, versuchten wir bei der Platzierung der neuen Einbauten bestehende Öffnungen zu erhalten und mit einem Minimum an zusätzlichen Öffnungen auszukommen. Bei der zum See gewandten Südfassade vergrösserten wir jedoch die bestehenden Öffnungen zu Fenstertüren und fügten neue ein. Mit dieser Massnahme haben wir den Charakter des Gebäudes wohl am meisten verändert, haben dies jedoch getan, indem wir die vorgefundene Architektursprache weiterführten. Auf der dem See zugewandten Seite sind lichtdurchflutete Räume mit Aussicht entstanden.

Wohnküche im Erdgeschoss der Hauptwohnung mit Treppe zum Obergeschoss.

Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Für uns war es das erste Projekt, das wir in Italien realisiert haben und durch das wir mit einer uns fremden Baukultur konfrontiert worden sind. Der örtliche «Geometra», der die Bauleitung vor Ort und die Behördenkontakte übernahm, spielte eine wichtige Rolle als Vermittler und erleichterte uns den Einstieg. Sehr geschätzt haben wir die Tatsache, dass der Planungsprozess in dieser ländlichen Gegend im Vergleich zur Schweiz viel weniger aufwändig war und wir von Anfang an mit den Handwerkern in direktem Kontakt standen.

Taverne mit eigener Küche im Untergeschoss.

Zudem förderten häufige gemeinsame Reisen für die ein- bis zweitägigen Baustellenbesuche, an denen jeweils in konzentrierter Form sowohl anstehende projekt- und baustellenbezogene Entscheide getroffen werden mussten, einen intensiven Austausch über Architektur und deren Realisation mit der Bauherrschaft.


Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Kritiken!

Wohnzimmer der Hauptwohnung im Obergeschoss mit Sideboard entlang der Treppe, Fresko von Heloisa Ackermann-Rodrigues und Fenster zum See.

Insbesondere für die Lösung technischer Probleme, aber auch bei gestalterischen Fragen, haben wir uns an örtlichen Bautraditionen orientiert. Die verputzten Fenstereinfassungen zur Schaffung eines dichten Anschlusses im Bruchsteinmauerwerk beispielsweise sind ein Element, das wir in der umliegenden Gegend mehrfach angetroffen haben. Beeindruckt hat uns in diesem Zusammenhang insbesondere das Können der Maurer, der Gipser und der Schlosser, die bei der Entwicklung dieser Details massgeblich mitwirkten. Ihre Arbeiten führten sie später mit Liebe zum Detail, mit gestalterischem Feingefühl, mit Bewusstsein der örtlichen Traditionen und gleichzeitig mit hohem Verständnis unserer architektonischen Anliegen aus.

Blick vom Bad ins Schaltzimmer im Erdgeschoss.

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Der letzte Besitzer hatte in den 1970er Jahren das Haus vor dem Einsturz gerettet und es für die erneute Nutzung als Wohnstätte umgebaut. Er konzipierte es als eine Einheit mit grosszügigem Raumangebot, jedoch minimalem Wohnkomfort. Dieses Manko galt es auszugleichen: Der heutigen Bauherrschaft war die flexible Nutzung der Räume in verschiedenen Kombinationen und zu allen Jahreszeiten sowie eine bessere Vermietbarkeit ein zentrales Anliegen. Im Entwurfsprozess bildete die Auseinandersetzung mit den vielen funktionalen Vorgaben und Wünschen der Auftraggeber ein wichtiges Moment.

Grundriss Erdgeschoss mit Wohnküche der Hauptwohnung, Einliegerwohnung und Schalteinheit.
Grundriss Obergeschoss: Hauptwohnung.
Schnitt Nord-Süd.

Umbau Castel Mirabel
2012

Olgiasca (I)

Auftragsart
Direktauftrag

Bauherrschaft
Privat

Architektur
Met Architektur Zürich, Dominique Lorenz und Daniel Hummel, Architekten ETH SIA
Mitarbeit: Fabian Valverde, dipl. Architekt ETH

Fachplaner
Bauphysik: IFEC Consulenze SA, Rivera

Bauleitung
Geometra Andrea Signorelli, Colico (I)

Gebäudekosten BKP 2
ca. 950'000 CHF

Gebäudevolumen
1'252 m3 (SIA 416)

Kubikmeterpreis
ca. 760 CHF/m3

Kunst am Bau
Heloisa Ackermann Rodrigues, Muri bei Bern (Wandfresko mit Kamelienmotiv)
Madlaina Lys, Lavin GR (Leuchtenobjekt aus Porzellanplättchen)

Fotos
Ulrich Stockhaus, Zürich

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