Waldbaden über den Dächern von Luzern
Brechbuehler Walser Architekten haben das Waldbad Zimmeregg saniert und mit zwei neuen Holzbauten versehen. Patrick Walser erklärt, warum der schöne Bauplatz auf einer Lichtung auch eine Herausforderung war.
Herr Walser, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Einzigartig ist sicherlich der aussergewöhnliche Ort mitten im Wald. Man könnte von einem Wunschperimeter sprechen, idyllisch und umgeben von einem dichten, alles prägenden Baumbestand. Ebenfalls speziell waren natürlich auch die damit einhergehenden weitreichenden gesetzlichen Vorgaben.
Eine weitere Besonderheit war die für uns nicht ganz alltägliche Aufgabe der Erneuerung eines bestehenden Freibads mit all den verschiedenen und sehr vielfältigen architektonischen und nicht-architektonischen Aufgabenstellungen. Augenfällig ist dabei die Dominanz der Landschaftsarchitektur. Aber die Menge an (Bäder)Technik und sicherheitsrelevanten Bauteilen wie auch das Einbetten – oder besser: das Verschwindenlassen – derselben nahm einen Grossteil der Projektarbeit in Anspruch. Dies alles mit dem Ziel, eine einfache, harmonisch wirkende Waldbadi zu gestalten.
Die in die Jahre gekommene und stückweise umgebaut und ergänzte Anlage sollte erneuert und aufgeräumt werden, sodass der idyllische Charakter der Waldlichtung wieder kraftvoll zur Geltung kommt. Die Bereiche wurden sanft umorganisiert, wo möglich wurden Bauten und Bauteile erneuert, ergänzt und teils an neuer Stelle platziert; Unnötiges wurde entrümpelt.
Da das alte, ineffiziente Betriebsgebäude nicht sinnvoll umgestaltet werden konnte, ergab sich die Möglichkeit, einen betrieblich effizienten Neubau näher beim steilen Zugang und mittig zwischen der östlichen Badewiese und der westlichen Spielwiese zu erstellen. Mit der neuen Setzung wurde es zudem möglich, die ursprünglich durch einen Zaun komplett abgetrennte Spielwiese zu öffnen und mit Grillstellen ergänzt der Bevölkerung als ganzjährig nutzbaren Ausflugsort zur Verfügung zu stellen. Dabei wurde die Lichtung durch den Wegfall des Zauns und der seltsam fremd wirkenden Verbindungsbrücke von unnötiger Infrastruktur befreit. Sie wirkt heute um einiges natürlicher, als wir sie vorgefunden haben.
Einerseits war für den Bauplatz mitten im Wald durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen genau vorgegeben, was zwingend erhalten werden musste, da es heute so nicht mehr erstellt werden dürfte. Das gilt insbesondere für die Becken und die Technikräume. Neben den Einschränkungen bei der Erneuerung dieser Bauteile waren wir dadurch aber auch herausgefordert bei der Neuorganisation der Aussenbereiche und der dazugehörigen Attraktionen. Auch der Ersatz von Bauten musste sehr sorgfältig abgewogen werden, da diese nicht mehr an gleicher Stelle erstellt werden durften. So hat der Neubau des Betriebsgebäudes nur in Kombination von betrieblicher Effizienz und den Vorteilen der neuen Setzung mittig zwischen den beiden Bereichen Sinn ergeben.
Andererseits war die Atmosphäre des Ortes für uns zentral. Wir wollten sie durch den Entwurf und die Materialwahl bewahren und weiter stärken. So sind die beiden neuen Holzbauten – die Waldhütte und die Waldbar – als geometrisch einfache Pavillons mit weit auskragenden, schattenspendenden Vordächern in zurückhaltend dunklem, druckimprägniertem Holz ausgeführt, damit sie sich subtil in die Landschaft integrieren. Ebenso wurde der neue Abenteuerspielplatz als Resultat eines Wettbewerbs unter Spielplatzgestaltern als spezieller, eigenständiger Spielplatz mit Bezug zur Waldlichtung entworfen. Dazu wurde sogar eine zum Ort passende, selbst gemalte Kindergeschichte gestaltet.
Das Projekt basierte auf dem Resultat eines Skizzenwettbewerbs. Wir haben dabei das Wort Skizze sehr wörtlich genommen, was sich in der Weiterbearbeitung als grosser Vorteil erwiesen hat. In der intensiven Ausarbeitung des Projekts zusammen mit der Stadt und den Nutzern haben sich sehr viele Präzisierungen und auch Änderungen ergeben. Zudem mussten wir aufgrund unzähliger Vorgaben und teils widersprüchlicher Forderungen verschiedener Ämter neue Kompromisse vorschlagen. Durch die Skizze als Entwurfsbasis konnten wir sehr flexibel Änderungen am Projekt vornehmen, ohne damit die Grundidee zu verlieren. Ganz im Gegenteil hat sie uns und auch der Bauherrschaft bei den Änderungen als Leitlinie gute Dienste erwiesen.
Wir hatten den Vorteil, dass es sich bei den Gebäuden um ungedämmte Konstruktionen handelt, die nur im Sommer in Betrieb sind. Deswegen hatten energetische Fragen kaum Einfluss auf die Planung und wir waren in der luxuriösen Situation, dass wir eine reine, einfache Holzkonstruktion entwerfen konnten. Allerdings hat diese vermeintlich simple Konstruktion dann aber eine Flut an bauphysikalischen Fragen zur Behaglichkeit, zum Feuchtigkeitshaushalt und zur Gefahr von Schimmelwachstum hervorgerufen, die aufgrund fehlender Leitlinien und Berechnungsmodelle mit dem Bauphysiker und der Bauherrschaft intensiv ausdiskutiert wurden. Ob deren Entscheidungen richtig waren, muss sich nun in der Praxis erweisen.
Aktuellen ästhetischen Tendenzen stehen wir skeptisch gegenüber. Wir glauben, dass ein einfacher, zeitloser Entwurf ohne ästhetisches Verfallsdatum die Basis für ein nachhaltiges Projekt ist. Dass wir aber neben dem naheliegenden Bezug zum Wald hier endlich einmal einen Holzbau entwerfen durften – was ja momentan durchaus im Trend liegt – freut uns natürlich. Und eigentlich hätten wir uns die fünfte Fassade, das weit auskragende Zeltdach, mit einer kompletten Solarpaneel-Eindeckung gewünscht. Dieser Wunsch ist dann aber leider am Budget gescheitert, und es blieb bei einer kleinen Indachanlage.
Waldbad Zimmeregg
Standort
Schwimmbadstrasse 9, 6014 Luzern
Nutzung
Freibad
Auftragsart
Skizzenwettbewerb mit Präqualifikation
Bauherrschaft
Stadt Luzern Immobilien
Architektur
Brechbuehler Walser Architekten GmbH, Zürich
Fachplaner
Landschaftsarchitektur: Mettler Landschaftsarchitektur AG, Gossau
Bauleitung
Waber Architekturrealisation GmbH, Luzern
Fertigstellung
2024
Gesamtkosten BKP 1–9
CHF 14.75 Mio.
Gebäudekosten BKP 2
CHF 5.92 Mio.
Gebäudevolumen
4895 m3 (gemäss SIA 416)
Kunst am Bau
Johanna Gschwend und Moritz Hossli, Luzern: Fahnen auf der Eingangsmauer
Fotos
Andreas Buschmann