Schulsport im Industriedenkmal

Manuel Pestalozzi | 5. Juni 2025
So wird es im neuen Schulschwimmbad einmal aussehen. Die Untersicht des historischen Hallendachs bleibt bei der Umnutzung erhalten. (Visualisierung: © pool Architekten)

Die Flussufer der Limmat in Zürichs Stadtteil Wipkingen sind heute beliebte Badeplätze, aber auch Orte der Kultur. Doch das war nicht immer so: Früher trieb die Limmat die Turbinen des Laufwasserkraftwerks Letten an, und über das Letten Viadukt dampften Züge. Heute nutzen Fußgängerinnen und Radfahrer die Trasse. Das Leitbild Limmatraum bestimmt, dass die urbane Brache aus nicht mehr genutzten Industriebauten und Infrastrukturanlagen bewusst erhalten bleiben soll. 

Das Gebäudeensemble des einstigen Kraftwerks zwischen den Flussbädern Unterer und Oberer Letten steht inzwischen als Industriedenkmal unter Schutz. Das Kesselhaus der Anlage wurde 2022 von Aktivisten besetzt und wenig später von der Polizei geräumt. Mitglieder des Stadtparlaments machten sich daraufhin für eine Instandsetzung der baufälligen Halle und eine Zwischennutzung stark.

Schließlich entschied der Zürcher Stadtrat, im Kesselhaus eine Schwimmanlage für die umliegenden Schulen einzubauen. Sie soll nach dem Haus-im-Haus-Prinzip konstruiert sein und sich problemlos wieder ausbauen lassen. Denn der Stadt liegt heute daran, den informellen und temporären Charakter des Letten zu erhalten. 

Planen für eine Nutzung auf Zeit

Mit einem Architekturwettbewerb suchte die Stadt nach intelligenten Lösungsansätzen, die das Industriedenkmal erhalten und gleichzeitig gut nutzbar machen. Die Teilnehmenden sollten die Themen Re-Use, also die Verwendung gebrauchter Bauteile, und design-for-disassembly, sprich das Entwerfen für die Demontage, bei ihren Vorschlägen berücksichtigen. Außerdem mussten sie die Einbauten so konstruieren, dass die vorhandene Bausubstanz keine zusätzlichen Lasten abzutragen hat. Und schließlich sollte kein vermeidbarer haustechnischer Aufwand getrieben werden. Kosten darf das Projekt maximal 13.8 Millionen Franken.

Das Industriedenkmal dient als Wetterschutz. Die Einbauten bestehen aus gebrauchten Bauteilen wie alten Stahlträgern. (Visualisierung: © pool Architekten)
Einbauten aus gebrauchten Teilen

Zunächst wurden zehn Teams zur Teilnahme an der Endrunde ausgewählt. Letztendlich empfahl die Jury, das Projekt »Wasserratte« eines Teams aus pool Architekten und Wild Baumanagement weiter zu bearbeiten. 

Das Kesselhaus besteht aus einer Halle und einem nordwestseitigen Anbau. Der Siegerentwurf sieht vor, im westlichen Gebäudeteil einen Stahl-Holz-Kubus mit Garderoben und Sanitärräumen einzustellen. Die Erschließungszonen bleiben unbeheizt, der Bestand schützt vor der Witterung. Die eigentliche Schwimmhalle entsteht im östlichen Gebäudeteil. Hier wird die Haus-im-Haus-Konstruktion bis unmittelbar an die vorhandene Gebäudehülle gezogen und besteht aus wiederverwendeten Stahlträgern. Die noch vorhandenen bauzeitlichen Elemente sind dabei klug ins Projekt eingebunden: Das Dachtragwerk und die historische Dachuntersicht bleiben sicht- und erfahrbar. Als Ersatz für die nicht mehr originale Dacheindeckung ist ein Solardach geplant. Der angrenzende Freiraum und ein neuer Platz zur Limmat hin werden über eine bestehende Rampe und Treppenstufen verbunden.

Stimmen Stadt- und Gemeinderat dem Ausführungskredit zu, könnten die Bauarbeiten 2028 beginnen. Die Haltung hinter dem Projekt gefällt und der Architekturentwurf überzeugt. Doch die Umsetzung dürfte anspruchsvoll werden – nicht nur bauphysikalisch, sondern auch hinsichtlich der Auswahl und Beschaffung der Gebrauchtteile.

Explosionszeichnung (© pool Architekten)
Schnitt (© pool Architekten)

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