Silhouette der Sperre

Manuel Pestalozzi
22. January 2019
Nichts für Nostalgiker. Das vorgeschlagene neue Flusskraftwerk Aarau. Bild: Eniwa

Soll man Infrastrukturanlagen möglichst verstecken? Oder sollte man sie im Gegenteil deutlich zeigen? Unsere Vorfahren bevorzugten klar die zweite Variante. Sie sahen Technik als eine energische, expressive Erscheinung, die nicht nur rauchte, roch und lärmte, sondern ihre Macht auch in einer oft wuchtigen und monumentalen Architektur zum Ausdruck brachte. Die Wasserkraftwerke nahmen dabei immer eine Sonderrolle ein, denn sie sind praktisch emissionsfrei – die «weissen Säle» mit den Turbinen nehmen eine besondere Position in der Baugeschichte ein.
 
Das Wasserkraftwerk Aarau mit Jahrgang 1894 befindet sich etwas westlich der Altstadt. Es legt sich quer über den Fluss, seine Silhouette wird durch Ziegeldächer und einen Uhrturm geprägt. Geht es nach seinem Betreiber Eniwa, wird es vollständig ersetzt durch drei «hocheffiziente und fischfreundliche Rohrturbinen». Das Kraftwerk wird dann nicht mehr als Sperre angesehen, sondern als eine Art Kamm, welche den Flussraum in seiner Tiefe erlebbar macht. «Schöner, effizienter, natürlicher», lautete das Motto von Eniwa. Das Unternehmen ist überzeugt, dass «die neue Transparenz durch den Wegfall der Kraftwerksaufbauten» positiv auffallen wird.
 
Der Aargauer Heimatschutz sieht das anders. Er hat die Entwicklung eines früheren Projektes begleitet, bei dem mindestens das «Türmli» noch eine längere Weile fortbestanden hätte und im nördlichen Aare-Teil eine neue, transparente Turbinenhalle entstanden wäre. Sie fand diese Variante besser, wie die Aargauer Zeitung berichtet. Die angemessene Sichtbarkeit des Kraftwerks ist dem Aargauer Heimatschutz ein Anliegen, das man offenbar nicht mit dem Argument «mehr Natur» (das heisst automatisch grössere Unsichtbarkeit) abhaken kann.
 

Die heutige Kraftwerksanlage. Bild: poweron.ch

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