Verdichten an der Elbe

Katinka Corts
20. March 2019
Die geplanten Neubauten vervollständigen die Bebauung hinter der Uferpromenade. Bild: BERND ALBERS Gesellschaft von Architekten mbH

Dresdens Bevölkerungszahl, die zwischen der politischen Wende 1989 und dem Jahr 2000 abnahm, steigt seit fast 20 Jahren kontinuierlich an. Bis Ende 2017 war ein Zuwachs von 80’000 Personen zu verbuchen. Die Stadt an der Elbe zählt damit zu den am schnellsten wachsenden in Deutschland. 

Oft wird Dresden auf sein historisches Stadtbild mit der wiederaufgebauten Frauenkirche, auf die Semperoper und die Raddampfer, welche über die Elbe schippern, reduziert. Doch bei der Stadt will man sich mit Leitbildern für neue Quartiere, Landschaftsgestaltung und zeitgemässem Städtebau beschäftigen. In der aktuellen Gesprächsreihe «Baustelle Dresden. Städtebauliches Quartett», veranstaltet von der Sächsischen Akademie der Künste und der Dresdner Stadtplanung, sollen die Planungsaufgaben der nächsten Jahrzehnte diskutiert werden.

Am ersten Anlass, der am heutigen Mittwoch stattfindet, sprechen der Architekt Wolfgang Lorch und der Architekt und Denkmalpfleger Thomas Will mit dem Dresdner Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain, der ebenfalls im Bereich Architektur diplomiert hat. Thema sind die abgeschlossenen Projekte in der Dresdner Altstadt und die aktuellen Planungen für den Neustädter Markt.

Situationsplan. Bild: BERND ALBERS Gesellschaft von Architekten mbH
Historische Muster weiterbauen

Beim offenen zweiphasigen Ideenwettbewerb um dessen Gestaltung hatte die Jury am 11. Februar dieses Jahres aus 28 Arbeiten zunächst fünf ausgewählt und schliesslich drei Preisträger benannt. Das Konkurrenzverfahren für das Königsufer gewannen Bernd Albers Architekten aus Berlin, die mit Vogt Landschaftsarchitekten (Zürich / Berlin) zusammengearbeitet hatten. In ihrem Entwurf schlagen sie vor, das Elbufer mit seinen prägenden Bürgerhäusern an der vorgelagerten Elbterrasse in zwei Bauabschnitten wiederzugewinnen und zugleich den barocken Platz des Neustädter Marktes zu reaktivieren. 

Pavillonbauten und das «Narrenhäusl», welches wiederaufgebaut werden soll, werden den Brühlschen Terrassen ein Gegenüber bilden. In den neuen Gebäuden sollen Ateliers und Galerien, zudem Arztpraxen, Büros und Gastronomie unterkommen. Die teilweise rekonstruierten Bürgerhäuser ermöglichen eine kleinteilige Wohnhaustypologie für städtische Wohnprogramme. In der zweiten Stufe schlagen die Verfasser*innen vor, die Strassenbreite zu reduzieren. Sie hoffen, durch diese Massnahme den barocken Marktplatz teilweise wiederzubeleben. Gleichzeitig würden so weitere Baufelder entstehen.

So soll es am Elbufer künftig einmal aussehen. Bild: BERND ALBERS Gesellschaft von Architekten mbH
Die Akzeptanz des Neuen

Der Neustädter Markt ist, neben Altmarkt und Neumarkt, eine wichtige Platzanlage Dresdens. Seitens der Anwohner*innen werden die Planungen nicht nur positiv wahrgenommen – in Befürchtung von Mietsteigerungen und einer verbauten Sicht auf die Elbe hat sich die Bürgerinitiative Neustädter Freiheit gegründet. Ihre Mitglieder fordern, dass die Stadt am Status quo festhält. Sie soll auf eine Bebauung verzichten. Ein Kommentar auf der Facebook-Seite der Initiative verdeutlicht das Dilemma, in dem sich zahlreiche Planungen für Neubebauungen heutzutage befinden: «Es ist ein historischer Platz, wenn auch jünger als aus der Barockzeit, und es ist ein genutzter Platz. […] Das macht [ihn] für mich erhaltenswert und relevant.» 

Die Stadt hingegen zeigt sich sichtlich stolz auf die Einbeziehung der Dresdner*innen im Rahmen einer Bürgerwerkstatt. «Erstmals konnte [die Bevölkerung] sich direkt in das Wettbewerbsverfahren einbringen und uns Hinweise geben, die das Preisgericht in seine Entscheidung einbezog», erläutert Raoul Schmidt-Lamontain. «Das Verfahren zeichnet sich durch eine neue Qualität und Intensität der Bürgerbeteiligung aus, die für uns als Stadtplaner wie für die Stadtgesellschaft ein Gewinn ist.»

Ein Gewinn für die Stadt, die Anwohner*innen sowie das Gesamtbild am Elbufer wird es vor allem sein, wenn sich die nun grob formulierten Bauformen dereinst mit dem Bestand zu einem funktionierenden Gesamtbild zusammenfügen. Bis dahin ist es noch ein langer Weg, wie schon die letztjährigen Streitigkeiten um die Rekonstruktion des «Narrenhäusls» erahnen lassen. Immerhin sind Herr und Frau Dresdner*in diesbezüglich nach den Rekonstruktionen rund um die neue alte Frauenkirche ja schon konfikterprobt und lange Auseinandersetzungen gewohnt.

Bild: BERND ALBERS Gesellschaft von Architekten mbH

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