Stadion auf dem Dach

MET Architects
9. julio 2020
Foto: Ruedi Walti
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Die Schulhäuser «St. Johann», «Pestalozzi» und «Vogesen» im Norden Basels wurden von uns zwischen 2015 und 2017 auf Basis eines gewonnenen Planerwahlverfahrens saniert und umgebaut. Sie bilden zusammen einen offenen Blockrand, in dessen Zentrum ein Schulhof mit einer unterirdischen Turn- und Schwimmhalle liegt. Die Halle, 1980 von den Architekten Gass und Hafner gestaltet, wird von sechs Betonträgern überspannt, deren Lasten fassadenseitig über innenliegenden Stützen und im Zentrum über tragende Innenwände abgetragen werden. Weil es immer wieder Probleme mit der Dichtigkeit der Überdeckung gab und die Gestaltung des Hofs zudem nicht mehr den Bedürfnissen der umliegenden Schulen entsprach, wurde 2017 der Auftrag zur Sanierung und Neugestaltung vergeben. 

Besonders interessant ist die «bauliche Symbiose» der aussenliegenden, nicht tragenden Stützen des Bestands aus dem Jahr 1980, die aus rein formalen Erwägungen gesetzt wurden, und den nun nahtlos aufgesetzen, einhüftigen Betonrahmen, welche die Tribünendächer tragen. Der ehemals «nutzlose» Teil des Bestands wird statisch aktiviert und somit entscheidend für die Umsetzung des Neubaus.

Foto: Ruedi Walti
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?


Während der Entwicklung des Projekts haben uns vor allem zwei Referenzen beschäftigt: Einerseits der 1893 erbaute, von Wohnbauten umgebene Landhof im Wettsteinquartier und andererseits das 1995 erbaute Tribünengebäude des Sportzentrum «Rankhof» von Michael Alder. Der Landhof mit seiner «intimen Öffentlichkeit» und der direkten Einsehbarkeit aus der Nachbarschaft versinnbildlicht für uns das über die reine Schulnutzung hinausgehende Nutzungspotenzial des «Stadion Vogesen» und stellt einen Beitrag zur aktuellen Diskussion über die Öffnung der Schulareale zur Nutzung durch die Quartierbevölkerung dar. Der «Rankhof» hingegen war für uns besonders im Sinne einer sehr durchdachten, auf wenige Bestandteile reduzierten Formulierung und Detaillierung eines Tribünenbauwerks lehrreich.

Foto: Ruedi Walti
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Die erfolgreiche Umsetzung von Projekten wie dem «Stadion Vogesen» braucht mehr denn je die konstruktive und vor allem vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Projektbeteiligter. Insbesondere der Wille des öffentlichen Auftraggebers, vorhandene baukulturelle Werte in adäquater Weise weiterzuentwickeln und mit nutzerspezifischen Anforderungen nachhaltig zu verknüpfen, wird künftig bei Bauprojekten noch wichtiger werden.

Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?


In der ursprünglichen Planung sollte lediglich die 40 Jahre alte Dachfläche der Turn- und Schwimmhalle abgedichtet werden. Es handelte sich also ausschliesslich um ein technisches Vorhaben, einen weiterführenden Gestaltungsauftrag gab es zunächst nicht. Auf Initiative der Schule wurde jedoch ein Partizipationsprojekt mit den Schüler*innen durchgeführt, in dessen Verlauf zusätzliche Wünsche, zum Beispiel gedeckte Sitzplätze und eine befestigte Fläche für verschiedene Sportarten, artikuliert wurden. Entscheidend für das Ergebnis waren also sehr direkt die Ideen der damaligen Sekundarschüler*innen.

Foto: Ruedi Walti
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?


Das «Stadion Vogesen» liegt, wie eingangs erwähnt, im Zentrum der von uns sanierten und umgebauten Schulhäuser «St. Johann», «Pestalozzi» und «Vogesen». Ähnlich der Arbeit an diesen mehrheitlich denkmalgeschützten Gebäuden ging es bei der Dachsanierung der unterirdischen Turn- und Schwimmhalle und deren Erweiterung um zwei gegenüberliegende Tribünengebäude erneut um die Suche nach dem baulichen, räumlichen und atmosphärischen Potenzial, also den grundlegenden Voraussetzungen für das «Weiterbauen». Unser Erweiterungsbau nutzt schlussendlich nicht nur die zwingenden statischen Voraussetzungen des Bestands, auf denen er förmlich aufbaut, sondern es besteht auch gewollter Massen eine Ähnlichkeit hinsichtlich der Materialien und Oberflächen zur heute nur noch in den Lichthöfen sichtbaren «historischen» Architektur der 1980er-Jahre.

Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Die Tribünendächer, die jeweils rund sechs Meter auskragen, sind von den umliegenden Schulgebäuden aus gut einsehbar. Um die Bewehrung des Betons vor eindringender Feuchtigkeit zu schützen und gleichzeitig der hohen Sichtbarkeit Rechnung zu tragen, wurden die Dächer mit derselben roten Polyuretanbeschichtung belegt, die auch für die Sportfelder benutzt wurde. Das Spielfeld wird optisch über den Rand erweitert und definiert das Stadion auch von den Obergeschossen der umliegenden Gebäude aus. 

Situation
Grundriss Erdgeschoss
Längsschnitt
Querschnitt
Name des Bauwerks
Stadion Vogesen (Dachsanierung Turn- und Schwimmhalle St. Johann, Neubau Tribünengebäude)
 
Standort
Spitalstrasse 52, 4056 Basel
 
Nutzung
Tribünengebäude mit Sportflächen
 
Auftragsart
Direktauftrag
 
Bauherrschaft
Kanton Basel Stadt, Hochbauamt
 
Architektur
MET Architects GmbH, Basel
Thomas Thalhofer, Roula Moharram, Eliana Oliveira (Projektleiterin) Generalplanung in ARGE mit Caretta & Weidmann Baumanagement AG, Basel
 
Fachplaner 
Bauingenieur: WMM Ingenieure AG, Basel
Elektro: Eplan AG, Reinach 
Bauphysik: Gruner AG, Basel
Brandschutz: Visiotec AG, Allschwil
 
Bauleitung 
Caretta & Weidmann Baumanagement AG, Basel
 
Jahr der Fertigstellung
2019
 
Gesamtkosten BKP 1–9
CHF 2 Mio.
 
Gebäudekosten BKP 2 
CHF 1,9 Mio.
 
Gebäudevolumen 
730 m3
 
Kubikmeterpreis
CHF 2'600
 
Energiestandard
Minergie (Einzelbauteile), ohne Zertifizierung
 
Massgeblich beteiligte Unternehmer 
Baumeister: Marti AG, Basel
Abdichtungsarbeiten: GM Crafts GmbH, Basel
Asphaltarbeiten: Aeschlimann AG, Zofingen
Sportbelag: Walo Bertschinger AG, Bern
Metallbauarbeiten: Fünfschilling AG, Binningen
 
Fotos
Ruedi Walti, Basel

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