Geschichte strahlt in neuem Glanz

ZANONI Architekten
16. juillet 2020
Fassade zum Schiffländeplatz (Foto: Hannes Henz)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Die Lage der Liegenschaft Limmatquai 16 ist hervorragend. Platziert vor der Zeile an der Schifflände, die Zürich mittelalterlichen Stadtkern begrenzt, war und ist das Gebäude äusserst exponiert, weithin sichtbar und bildet einen wichtigen Bestandteil der Limmatfront. Drei übereinander aufgetürmte, je zwei Etagen umfassende Volumen mit kolossalen Pilasterordnungen bilden die typisch klassizistische Fassadengliederung des sechsstöckigen Gebäudes. Diese Ordnung sollte im Zuge der Sanierungsarbeiten wieder hervorgehoben werden.

Eine der grossen Herausforderung der Gesamterneuerung bestand darin, das Bauwerk unter Berücksichtigung der historischen Substanz statisch und schalltechnisch zu ertüchtigen. Bezüglich des Unter- und des Erdgeschosses stellen sich deutlich andere Fragen als hinsichtlich der Wohngeschosse und noch andere als beim Dachgeschoss.
Das Einbringen eines neuen, präzise vorfabrizierten Liftschachtgerüstes über das Oberlicht in das historische, unpräzise Treppenauge erforderte eine intensive planerische und konstruktive Leistung aller Beteiligten.

Haupteingang der Wohngeschosse und des Büros (Foto: Hannes Henz)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Es wurde versucht, dem geschichtsträchtigen Ort seinen alten Glanz wiederzugeben und ihm für die Zukunft eine neue Bedeutung zuzuweisen. Das Gebäude war 1839/40 von Daniel Pfister als «Hotel du Lac» erbaut und im Jahre 1893/94 im Erd- und Zwischengeschoss zu einem Geschäftshaus umgebaut worden. Mit dem Einbau des ersten Zürcher Boulevardcafés, dem «Café Select», und der Eröffnung des Studiokinos «Nord-Süd» in den 1930er-Jahren wurde das Erdgeschoss des Gebäudes modernisiert und mit dem Café zum Schiffländeplatz hin erweitert. Das «Café Select» wurde dabei zum wichtigen Schauplatz für intellektuelle und kulturelle Diskurse. Die baulichen Eingriffe in die oberen Geschosse hingegen blieben vergleichsweise gering. Die Bausubstanz war vor der Renovation in einem desolaten Zustand – insbesondere auch im Inneren. Für eine Gesamterneuerung war daher eine erhebliche Eingriffstiefe erforderlich. Historisch wertvoll und erhaltenswert waren vor allem das Treppenhaus, viele Holzeinbauten wie Türen und Täfer sowie die schönen Holzböden aus der Entstehungszeit. Die statische Ertüchtigung des historischen Holztragwerks bedingte einen weitgehenden Rückbau der Ausbauelemente. Danach konnte die gerettete, historisch wertvolle Substanz (Türen, Verkleidungen, Täfer, Holzböden, etc.) in aufgearbeiteter Form wieder eingebaut werden. Die Stuckaturen an den Decken wurden ebenfalls erhalten oder anhand der noch vorhandenen Elemente rekonstruiert. 

Neues Liftschachtgerüst mit Lift (Foto: Hannes Henz)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Die Bedürfnisse eines Restaurantbetriebs mit hohen technischen und betrieblichen Anforderungen und die hohen Sicherheitsanforderungen des Ladenlokals mussten auf sehr beschränkten Raum realisiert werden. Für den Platzbedarf des Restaurants musste das Untergeschoss unter den Grundwasserspiegel abgesenkt und abgedichtet werden. Für den Innenausbau des Restaurants «Molino» war das Atelier Ushi Tamborriello verantwortlich.

Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?


Es gab keine bedeutenden Projektänderungen, es waren jedoch laufende Anpassungen erforderlich, da die Bausubstanz gewisse Eingriffe, insbesondere statischer Art, nicht zuliess.

Typische Zimmer Enfilade (Foto: Hannes Henz)
Blick in eine Wohnung (Foto: Hannes Henz)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?


Neben diversen anderen Bauaufgaben haben wir bereits Erfahrung mit denkmalpflegerischen Sanierungen gesammelt. In Bezug auf die Lage innerhalb der Stadt Zürich handelt es sich beim Wohn- und Geschäftshaus Limmatquai 16 um eines unserer bisher wichtigsten Projekte.

Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Mit der Sanierung wurde versucht, die ursprüngliche historische Prägnanz des Gebäudes wieder aufleben zu lassen, das heisst, Leitbild der Gestaltung war der Respekt vor der Substanz und der adäquate Umgang mit den traditionellen Konstruktionsweisen.

Einbau der neuen Baderäume (Foto: Hannes Henz)
Situation
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss 3. Obergeschoss
Schnitt
Name des Bauwerks
Wohn- und Geschäftshaus Limmatquai 16
 
Standort
Limmatquai 16, 8001 Zürich
 
Nutzung
Wohnen auf drei Etagen und im Dachgeschoss, Laden und Restaurant im Erdgeschoss/Mezzanin sowie ein Büro im 1. Obergeschoss
 
Auftragsart
Direktauftrag
 
Bauherrschaft
privat
 
Architektur
ZANONI Architekten, Zürich
Tomaso Zanoni (Gesamtleitung), Anita Reich (Projektleitung), Elias Vetter, Stephanie Schenk, Nicole Kölbener, Mila Flores, Marco Strassmann (Innenausbau Laden Meister)
 
Fachplaner
Bauingenieur: Federer & Partner Bauingenieure AG, Zürich
Holzbauingenieur: Besmer Holzingenieure GmbH, Sattel
Elektroplanung: enerpeak ag, Dübendorf
Haustechnikplanung: 3-Plan Haustechnik AG, Kreuzlingen
Bauphysik: BAKUS Bauphysik & Akustik GmbH, Zürich
Brandschutz: QSB GmbH, Richterswil
Beleuchtung Haus: lightpeak, Dübendorf
Beleuchtung Laden: Caduff & Stocker Lichtplanung, Urdorf
 
Bauleitung 
Renato Sabbadini, Lippuner Sabbadini Architekten, Zürich
 
Jahr der Fertigstellung
2019
 
Gebäudevolumen 
8'260 m3
 
Massgeblich beteiligte Unternehmer 
Baumeisterarbeiten: Föllmi AG, Feusisberg
Montagebau in Holz: Zimmerei Diethelm, Meilen
Fenster aus Holz: Vogel Fensterbauer AG, Goldach
Schaufensteranlage: Enderli Metallbau AG, Kloten
Spengler- Bedachungsarbeiten: H.Kreiner AG, Zürich
Elektroinstallationen: Feer AG, Zürich
HLKS-Installationen: Ernst Lips AG, Zürich
Schachtgerüst Lift / Lift: Zuberbühler AG, Henau / Diethelm Aufzüge AG, Lachen
Gipserarbeiten: Sileno Gipsergeschäft GmbH, Dietikon
Bodenbeläge aus Holz: Silkwalk AG, Glattbrugg
 
Fotos
Hannes Henz, Zürich

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