Die Finalistinnen des ersten divia awards stehen fest

Katinka Corts
8. mars 2023
Foto: Jasmin Schuller

Die deutsche Plattform Diversity in Architecture (divia) soll Frauen und deren Leistungen in Architektur und Städtebau mehr Sichtbarkeit verschaffen. Dazu wurde ein internationaler Architekturpreis speziell für Frauen lanciert, der in diesem Jahr zum ersten Mal vergeben wird. Die feierliche Preisverleihung wird in der Eröffnungswoche der 18. Architekturbiennale in Venedig stattfinden.

Wie etliche Stiftungen, Firmen, Architekturbüros und das deutsche Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen unterstützt auch World-Architects dieses Vorhaben.

Die Jurymitglieder Sol Camacho (Brasilien), Odile Decq (Frankreich), Martha Thorne (Spanien) und Rahul Mehrotra (Indien/Vereinigte Staaten) haben ihre Entscheidung getroffen: Tosin Oshinowo aus Nigeria, May al-Ibrashy aus Ägypten, die gebürtige Italienerin Marta Maccaglia, die in Peru lebt, Noella Nibakuze aus Ruanda sowie Katherine Clarke und Liza Fior aus dem Vereinigten Königreich sind die fünf Finalistinnen.

Die Arbeiten der Architektinnen werden ab dem 6. Mai dieses Jahres in einer Ausstellung im Aedes Metropolitan Laboratory (ANCB) in Berlin gezeigt. Am Eröffnungsabend wird eine der Finalistinnen als Gewinnerin des divia awards ausgezeichnet. Zusätzlich erscheint eine von Ursula Schwitalla und Christiane Fath, den Initiatorinnen des Architekturpreises, konzipierte Publikation im Hatje Cantz Verlag. Krönender Abschluss der diesjährigen Ausgabe des divia awards wird in der Eröffnungswoche der 18. Architekturbiennale eine Feier im venezianischen Palazzo Contarini Polignac sein.

Wir stellen Ihnen die Finalistinnen im Folgenden vor:

Tosin Oshinowo, Nigeria

Nach ihrer Ausbildung im Vereinigten Königreich und mehrjähriger Berufserfahrung in verschiedenen Architekturbüros in Europa und Afrika kehrte die nigerianische Architektin Tosin Oshinowo (*1980) im Jahr 2009 nach Lagos zurück. Inspiriert von der Kreativität und dem Potenzial der Stadt, war sie massgeblich an deren Entwicklung zum Hotspot für Architektur und Design beteiligt. Im Jahr 2012 gründete Tosin Oshinowo das Architekturbüro cmDesign Atelier. Zu ihren bekanntesten Projekten gehören die Maryland Mall in Lagos sowie das UNDP-Wiederaufbauprojekt des Ngarannam Dorfes. Der Ort im Nordosten Nigerias wurde 2015 von der Terrororganisation Boko Haram zerstört und dessen Bevölkerung vertrieben. Tosin Oshinowo möchte mit ihren Bauten die «authentische afrikanische Bauweise», den Afro-Minimalismus, in der Vordergrund rücken.

Tosin Oshinowo (Foto: Spark Creative)
Ngarannam Village, Nigeria (Foto: © UNDP und Tolulope Sanusi)
May al-Ibrashy, Ägypten

May al-Ibrashys (*1969) Arbeit im Bereich der Erhaltung des kulturellen Erbes im historischen Kairo revolutioniert die traditionelle Vorstellung des Architektenberufs. Die Architekturhistorikerin gründete Ende 2011 Megawra, ein gemeinnütziges Architekturbüro, das in Partnerschaft mit einer lokalen Kultur- und Stadtentwicklungsorganisation geführt wird. Das Team sieht das kulturelle Erbe als einen der Hauptfaktoren für gesellschaftlichen Fortschritt und setzen sich im Sinne der Gemeinschaft in partizipativen Projekten für das architektonische Erbe der Altstadt Kairos ein. May al-Ibrashy übt mit ihrer Arbeit einen positiven Einfluss auf die verarmten Bevölkerungsgruppen im historischen Zentrum der Stadt aus und vermittelt ihnen ein neues Gefühl der Eigenverantwortung.

May al-Ibrashy (Foto: Athar Lina)
Rekonstruktion und Konservierung des al-Imam al-Shafi’i Mausoleums (Foto: Ahmed Mansour)
Marta Maccaglia, Peru

Nur drei Jahre nach ihrer Ankunft in Peru gründete die Italienerin Marta Maccaglia (*1983) im Jahr 2014 Semillas, eine gemeinnützige Architekturorganisation, die im peruanischen Regenwald Schulen und öffentliche Räume baut. Die Organisation hat ihren Sitz in Pangoa, Lima und San Ignacio und wird von einem interdisziplinären Team aus Architekt*innen, Bauarbeiter*innen und Handwerker*innen geleitet. Marta Maccaglia ist es ein Anliegen, in ihrer Arbeit die kulturelle Relevanz eines Ortes zu betonen und in allen Phasen des Projekts die Stimmen der indigenen Gemeinschaften zu berücksichtigen. Sie ist davon überzeugt, dass kooperative Arbeit der einzige Weg ist, um ein starkes Fundament für das gesellschaftliche Miteinander zu schaffen.

Marta Maccaglia (Foto: Eleazar Cuadros)
Kindergarten im peruanischen Alto Anapati (Foto: Eleazar Cuadros)
Noella Nibakuze, Ruanda

Noella Nibakuze (*1985) ist bestrebt, eine authentische ruandische Architektursprache zu schaffen. Nach ihrem Architekturstudium in Südafrika kehrte sie 2012 in ihr Heimatland zurück und gehörte so zur kleinen Gruppe der ersten 50 staatlich geprüften Architekt*innen Ruandas. Heute arbeitet Noella Nibakuze als Design Director im Kigali-Büro der MASS Design Group. Sie agiert als Projektleiterin des 1400 Hektar grossen Rwanda Institute for Conservation Agriculture (RICA). Mit ihrer Arbeit möchte Noella Nibakuze die Nutzung lokaler Materialien und den Einsatz einheimischer Arbeitskräfte fördern. Sie konzentriert sich dabei auf architektonische Gestaltung, Bauverwaltung, Gebäudetechnik und Nachhaltigkeit. Ausserdem ist es ihr ein Anliegen, junge und ehrgeizige Frauen zu ermutigen, eine Karriere in den Bereichen MINT und Design einzuschlagen. Zusätzlich fungiert sie als Mentorin für Architekturstudierende und junge Berufstätige.

Noella Nibakuze (Foto: Roger Biziyaremye)
Rwanda Institute for Conservation Agriculture (Foto: Iwan Baan)
Catherine Clarke und Liza Fior, Vereinigtes Königreich

muf architecture/art ist ein internationales, transdisziplinäres Architekturbüro, das 1995 in London gegründet wurde. Die beiden Gründungspartnerinnen Katherine Clarke (*1961) und Liza Fior (*1962) widmen sich in ihrer Arbeit dem öffentlichen Raum. Jedes Projekt ist Bestandteil eines komplexen Netzwerks im räumlichen, wirtschaftlichen und sozialen Gewebe. Die Arbeiten des Büros reichen von städtebaulichen Entwürfen bis zu kleinen temporären Interventionen in Landschaften und Gebäuden – und schaffen dabei einen ständigen Dialog zwischen Detail und Strategie. Die Künstlerin Katherine Clarke und die Architektin Liza Fior schrecken nicht davor zurück, Aufträge infrage zu stellen. Jedem Projekt ihres grossteils von Frauen geführten Studios gehen umfangreiche Recherchen, Interviews und Diskussionen mit Bewohner*innen, Nutzer*innen, Entwickler*innen, Verbänden und Institutionen voraus. 

Katherine Clarke und Liza Fior (Foto: © muf architecture/art)
Barking Town Square (Foto: Jason Lowe)

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