Auch die Schweiz hat eine vielseitige Modekultur

Susanna Koeberle
5. marzo 2021
Poplin Project ist ein schönes Beispiel für einen interkulturellen Dialog auf Augenhöhe. Kollektion «Make Waves», 2020 (Foto: Dan Cermak, Make-Up: Nikola Fischer, Styling: Susann Schweizer, Model: Luca Andrea Tessarini © Poplin Project / Dan Cermak)

Wer behauptet, er oder sie habe mit Mode nichts am Hut, lügt. Schliesslich müssen wir jeden Morgen die Entscheidung treffen, wie wir uns kleiden. Und wir kommunizieren damit etwas – obschon wir das ganz unbewusst tun. Mode ist nicht Privatsache, sondern eine Form, wie wir mit unserer Umgebung interagieren. Mode bezeichnet allerdings mehr als einfach die textile Schutzschicht, in die wir täglich schlüpfen. Sie ist in mehrfacher Hinsicht etwas, das uns alle angeht. Und definitiv ein Thema, mit dem wir uns dringend intensiver befassen sollten. Denn die Textilindustrie gehört heute zu den grössten Umweltsündern. Dazu hat nicht zuletzt das schnell drehende Modekarussell beigetragen, das jede Saison und Zwischensaison (!) Neuheiten auf den Markt schleudert, die teilweise unter zweifelhaften Bedingungen hergestellt werden. 

Kazu Huggler verleiht alten Kimonos neues Leben. Im Bild ist das Modell «Tsukuyomi» (Mondgott) aus dem Jahr 2019 zu sehen. (Foto © Christian Schnur)

Wie reagiert das System Mode darauf? Was bedeutet das für uns Konsument*innen? Und wie gehen junge Modedesigner*innen heute damit um? Denn Mode zu studieren, bedeutet eben nicht nur in eine schrill-bunte Welt von Glanz und Glamour einzutauchen, sondern auch, sich mit grundlegenderen Fragen auseinander zu setzen. Etwa mit gesellschaftlichen Konventionen oder eben auch mit unbequemen Themen wie Ökologie. Mode ist aber zugleich ein Faszinosum, weil sie Teil der Alltagskultur ist und dadurch den stetigen Wandel einer Gesellschaft und ihrer Erzeugnisse widerspiegelt – wie etwa die Schweizer Modelandschaft. Eine der positiven Auswirkungen der Pandemie ist das Verschieben des Fokus auf lokale Produktion. Gerade die Schweizer Modeszene ist reich an vielen kleinen Brands, das wird einem beim Besuch von «Wild Things» wieder besonders bewusst. Diesem vielschichtigen und bewegten Bild nachzuspüren, ist auch das Ziel der Ausstellung im Museum für Gestaltung. 

Julian Zigerli lotet die Verwandtschaft von Mode und Kunst aus. «At the End of the World to the Left», 2013 (Foto: Laurent Burst © Julian Zigerli)

Karin Gimmi und der Textildesigner Christoph Hefti, welche die Schau kuratiert haben, gliedern diese in elf Themen und reichern die durchaus wild anmutenden Exponate mit vielen spannenden Videointerviews an. Die Bandbreite der präsentierten Marken reicht von grossen Outdoor-Herstellern wie Mammut über etablierte Namen wie Julian Zigerli bis zu Newcomer*innen wie Emma Bruschi. Die Zürcher Szene kommt in der Ausstellung besonders zum Tragen: En Soie, Ikou Tschüss, Thema Selection, Kazu Huggler oder Poplin Project. Bei aller Lokalität zeigen diese Brands aber zugleich, dass sich Schweizer Modemacher*innen Inspiration auch international holen und zudem gerade auch Themen wie nachhaltiges Produzieren ernst nehmen. Beherztes Engagement, freudige Bewegung und permanenter Wandel gehört zur Mode, und es ist erfrischend zu sehen, dass auch die Schweiz diesbezüglich keine Ausnahme bildet. Bleiben wir so bewegt! Und bleiben wir unruhig und vernetzt!

Mode ist eine experimentierfreudige Disziplin. Kollektion «Almanach» von Emma Bruschi, 2020, Model: David Sentkar (Foto © Arthur Lehmann)
Die Ausstellung «Wild Thing – Modeszene Schweiz» ist bis 24. Mai dieses Jahres im Museum für Gestaltung an der Ausstellungsstrasse 60 in Zürich zu sehen.

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