Swiss Art Awards

Silberkugel

Jenny Keller
14. giugno 2017
Der «Pavillon» von Rodet & Truwant an der Ausstellung der Swiss Art Awards in Basel. Bild: jk

Rodet & Truwant (Dries Rodet, 1982, und Charlotte Truwant, 1980, leben und arbeiten in Basel) erhalten dieses Jahr den Swiss Art Award in der Sparte Architektur. Der Preis wird vom Bundesamt für Kultur (BAK) verliehen. Rodet & Truwant haben ihrem White Cube, den die Ausstellungsmacher und Art-Awards-Preisträger 2015 Conen/Sigl aufgestellt haben, eine spiegelnde Kugel aufgesetzt. Die Transformation bewirke laut Verfassern «a dramatic shift of perception». Die Installation sei eine Fortführung ihrer Interessen, abstrakte Formen und spezifische örtliche Begebenheiten miteinander zu verbinden. 

Von aussen, und vor allem von der Galerie der Halle 3, in der sich die Ausstellungen der Swiss Art und Design Awards nun befinden, mag die Wahrnehmungsverschiebung stimmen: Die Installation erinnert an den fantastischen Entwurf des Kenotaphs für Newton von Etienne-Louis Boullée. Oder an die spätere Secession von Joseph Maria Olbrich in Wien. Und doch ist sie das Gegenteil von monumental. Wenn man sich in den Raum begibt, wähnt man sich in einer idealen Selfie-Kulisse. Das eigene Spiegelbild in der Kugel könnte das einer Überwachungskamera sein, trotz Boullée- und Olbrich-Analogie befindet man sich in der Gegenwart. Die Platzverhältnisse sind eng. Und worauf beziehen sich die Architekturpläne an den Wänden? Das eine scheint die Halle zu sein, in der man sich befindet, der Rest ist im Gesamtkontext schwierig nachzuvollziehen.

Die Basler Zeitung sah in der Installation mit dem zu gross geratenen Ballon «ein Symbol für eine Architektur, die das enge Korsett jeder Parzelle oder jedes Grundrisses übersteigt und sich zugunsten von Lebensqualität und Raumangebot zusätzliche Freiheiten nimmt». Man könnte sich also darauf einigen, dass die Spiegelkugel Raum öffnet für viele Interpretationen, den Raum im White Cube aber nicht «dramatisch verändert». 

Architektur ist an den Swiss Art Awards fester Bestandteil des Programms. Und doch schaffen es hier nur Positionen hinein, die sich in einer freieren Auffassung von Architektur bewegen. Also ist der Preis für Architekten, die in der Lage sind, ihre Aussagen und ihre Philosophie in eine nicht gängige Form (die der Ausstellung) zu übertragen. Das BAK fragt sich deshalb: Braucht es vielleicht einen eigenen Schweizer Architekturpreis?

www.driesrodet.com
www.charlottetruwant.com


Ausstellungen Swiss Art Awards & Swiss Design Awards 2017

13. bis 18. Juni 2017, jeweils von 10 bis 19 Uhr (Sonntag bis 18 Uhr)
Halle 3, Messe Basel
Eintritt frei

​Die Arbeiten der Preisträgerinnen und Preisträger sowie der Teilnehmenden der zweiten Runde der Kunst- und Designwettbewerbe sind in den parallel zur Art Basel stattfindenden Ausstellungen Swiss Art Awards 2017 und Swiss Design Awards 2017 in Halle 3 (hinter der Art Unlimited) zu sehen. Die Preisträgerinnen und Preisträger des Schweizer Grand Prix Kunst / Prix Meret Oppenheim und des Schweizer Grand Prix Design 2017 werden in filmischen bzw. fotografischen Portraits in den Ausstellungen vertreten sein.

Im Innern des siegreichen Architekturprojekts der Art Awards 2017. Bild: jk
Die Basler Secession oder ein Kenotaph für den offenen Raum? Bild: BAK, Guadalupe Ruiz

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