Glokale Architektur: playze architects stellen bei Aedes in Berlin aus

Ulf Meyer
13. 9月 2022
playze architects mit Thomas Kröger Architekten, Projekt Moos, Umbau einer historischen Badewannenfabrik zu gemeinschaftlichem Wohnraum und Co-Working-Spaces, Berlin (Foto © Michael Tewes)

Das Büro playze versteht sich als internationales Architekturnetzwerk. Es wurde vor 15 Jahren vom Schweizer Pascal Berger, dem Chinesen He Mengjia und Marc Schmit aus Luxemburg gegründet. Mit einer Ausstellung bei Aedes in Berlin feiert es derzeit gross sein Jubiläum. Im Jahr 2021 erweiterten die drei Gründer ihr Netzwerk mit Büros in Berlin, Basel und Shanghai um das Studio playze timber mit Maximilian Schröder.

Refugium Beelitz, Umbau eines historischen Sanatoriums zu Atelierresidenzen und Gemeinschaftsräumen, bei Berlin (Foto © playze architects)
Der riesige Komplex hat eine bewegte Geschichte hinter sich: Im Ersten Weltkrieg wurde Adolf Hitler dort behandelt, im Zweiten Weltkrieg wurde das Gelände angegriffen, wobei an den Bauten schwerer Schaden entstand. Dann dienten die Gebäude der Sowjetarmee als Hospital. Vor dem Umbau standen sie längere Zeit leer und verfielen. (Foto © playze architects)
Drängende Zukunftsfragen und Umbauten

Ihre Architektur sei auf das lokale Umfeld spezialisiert, sagen die Bürogründer. Das ist spannend, denn ihr Netzwerk ist global. Unter dem Titel «Local & Transcultural» stellen playze architects in Berlin Fragen zu den Themenfeldern Wirtschaft, Politik, Mobilität, Digitalisierung, Globalisierung und Umweltschutz sowie Kultur und Soziales. Jede Frage wird dabei mit einem konkreten Beispielprojekt beantwortet. In der Praxis des Netzwerks spielen diese Zukunftsthemen nämlich eine wichtige Rolle. Viele seiner Projekte sind Umnutzungen, bei einigen wurde eine neue Verwendung für Bestandsbauten mit schwieriger Vergangenheit gefunden.

Shaoxing Guesthouse, Umbau eines historischen Hofgebäudes, China (Foto © playze architects)
Landwirtschaft zum Anfassen in China

Die bisher realisierten Projekte von playze in China, Deutschland, Luxemburg und der Schweiz reichen vom Restaurant Schankhalle und dem Hostel auf dem Pfefferberg in Berlin – in der unmittelbaren Nachbarschaft von Aedes übrigens – bis zum Umbau einer ehemaligen Badewannenfabrik zu einer Wohngemeinschaft mit Co-Working-Spaces am Treptower Park in der deutschen Hauptstadt. Auch für einen Biobauernhof bei Shanghai war das Team schon tätig: Tony’s Farm ist der grösste Betrieb in der Region und produziert Obst und Gemüse. Das Team von playze hat eine Halle entworfen, von der aus die Produkte verschickt werden. Die Anlage kann besucht werden und verfügt daher über ein Gebäude aus Containern, in dem ein Foyer mit Rezeption, ein VIP-Bereich und Büros Platz gefunden haben. Von diesem Bau aus kann man das Verpackungszentrum nebenan überblicken. Das schafft eine Transparenz, die in China neuartig ist. Terrassen vor dem Haus dienen unterdessen für Outdoor-Meetings, und eine Auskragung markiert architektonisch den Haupteingang. Die Fassaden wurden gut isoliert und die Containertüren als Sonnenschutz perforiert. Eine Wärmepumpe liefert Energie. Böden und Möbel aus Bambus sollen den Anspruch der Bauherrschaft unterstreichen, ein nachhaltiges Gebäude zu errichten.

Tony’s Farm, Empfang, Büros und Verpackungszentrum eines Biobauernhofs, Shanghai (Foto © Bartosz Kolonko)
Das Unternehmen erlaubt seinen Gästen, Verpackung und Produktion mitzuverfolgen. Sein Bauwerk soll den Anspruch unterstreichen, eine nachhaltige Firma zu sein. (Foto © Bartosz Kolonko)
Von der geschichtsträchtigen Heilanstalt zum Ort der Kreativität

Beim Umbau des Refugiums Beelitz ging es darum, das ehemalige Sanatorium südwestlich von Berlin in Atelierresidenzen zu transformieren. Die verlassenen Heilstätten, die vor der Entdeckung der Antibiotika zur Behandlung von Tuberkulose genutzt wurden, wurden umfassend saniert. Bei den zwischen 1898 und 1930 aufgebauten Lungenheilstätten mit insgesamt 60 Gebäuden handelt es sich um den grössten Krankenhauskomplex im Berliner Umland. Entworfen wurde die Anlage von den Architekten Heino Schmieden und Julius Boethke, wobei später auch Fritz Schulz an ihrer weiteren Gestaltung mitwirkte. Die Bauten sind historisch bedeutsam: Im Jahr 1916 wurde dort Adolf Hitler behandelt. Im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, wurde das Gelände 1945 zum Militärhospital der sowjetischen Armee. Im sogenannten Frauen-Sanatorium, einem Pavillon und dem denkmalgeschützten Küchen- und Wäschereigebäude haben playze architects ein «Creative Village» mit Ateliers und Mietwohnungen für Kreative verwirklicht. Tragwerk und Fassaden mussten dabei erneuert werden.

Wohnen und Arbeiten in der Chemiefabrik

Beim Projekt Xingfuli handelt es sich um die Umwandlung einer grossen chinesischen Chemiefabrik in ein Quartier mit Geschäften, Restaurants, Cafés, Büros und einem Studio von playze, das 2018 eröffnet wurde. Gastronomie und Geschäfte sollen dabei die Erdgeschosszone und den Strassenraum beleben – ähnlich wie bei verwandten Transformationen einstiger Industrieanlagen in Mitteleuropa. 

Xingfuli, Umwandlung einer grossen Chemiefabrik in ein durchmischtes Stadtquartier, Shanghai (Foto © playze architects / Zhu Siyu)
Foto © playze architects / Zhu Siyu
Architektur und Kochen – die Schau bei Aedes

Der erste Ausstellungsraum empfängt die Besucher*innen mit einer Küche, an deren Tischen Monitore statt Sitznachbarn platziert sind, auf denen Projektteilnehmer einen Blick hinter die Kulissen der Bauten und der Studios gewähren. «Die Architekten laden in der Küche zum Kochen ein», heisst es. Nun denn. Aber die Einblicke in die Arbeit des Netzwerks sind interessant.

Im zweiten Ausstellungsraum werden acht Projekte von playze mit Axonometrien präsentiert. Darüber hinaus sind Skizzen, Modelle und Filme an langen Tischen zu sehen. Sie vermitteln ein Verständnis für das disparate Werk des Architekturbüros und erlauben ein vertieftes Studieren seiner Arbeit.

Die Ausstellung im Aedes Architekturforum (Christinenstrasse 18–19, 10119 Berlin) dauert noch bis zum 5. Oktober 2022. Sie ist dienstags bis freitags von 11 bis 18.30 Uhr geöffnet sowie sonntags und montags von 13 bis 17 Uhr.

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