Gegen das Vergessen: Berta Rahms «Saffa»-Pavillon von 1958 retten

Elias Baumgarten
23. april 2020
Foto: Privatarchiv Patrick Romanens
«Ich empfand es schon nach dem Zweiten Weltkrieg als stossend, wie viele Aufgaben und Pflichten die Frauen während des Krieges übernommen hatten, ohne dass ihnen entsprechende Rechte zugestanden worden wären. Wir sind damals, nach dem Krieg, ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Frauen nun auch ihre politischen Rechte bekommen. Das ist aber etwa gar nicht automatisch geschehen. Und an der ‹Saffa›, fünfzehn Jahre später, haben wieder so viele Frauen gezeigt, was sie alles können.»

Elisabeth Pletscher (1908–2003)

Zum zweiten Mal nach 1928 fand vom 17. Juli bis zum 15. September 1958 die «Saffa», die «Schweizerische Ausstellung zur Frauenarbeit», statt. Die Schau in Zürich, gemeinsam organisiert vom Bund Schweizerischer Frauenvereine, dem Schweizerischen Frauengewerbeverband, dem Schweizerischen Katholischen Frauenbund und 28 weiteren Vereinen, demonstrierte inmitten des konservativen Klimas der 1950er-Jahre eindrücklich, welche Vielfalt an Aufgaben Frauen, obschon damals noch ohne Möglichkeit zur politischer Mitbestimmung, in der Schweiz übernahmen. Auch wenn tradierte Rollenbilder nicht wesentlich infrage gestellt wurden, war die «Saffa» politisch und soziokulturell eine wichtige Etappe, half sie doch, Leistungen und Fähigkeiten von Frauen, bis anhin zumeist für selbstverständlich genommen und kaum gesehen, in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung zu rücken. 

Häufig liest man heute, die «Saffa» von 1958 sei vor allem für die herausragenden architektonischen Leistungen in Erinnerung geblieben, die im Zusammenhang mit ihr vollbracht wurden. Eine davon ist der kleine, doch elegante und überzeugend gestaltete Pavillon von Berta Rahm (1910–1998). Sie war eine der ersten Architektinnen, die an der ETH Zürich ausgebildet wurden. Ihr Karriereweg zeigt, wie schwer sich talentierte Frauen in der Schweiz von damals taten, beruflich Fuss zu fassen und die verdienten Erfolge einzufahren. Zwar gestaltete sie zahlreiche Einfamilien- und Ferienhäuser sowie Umbauten, doch immer wieder wurden ihr Baugenehmigungen verweigert. Auch einen öffentlichen Auftrag erhielt sie nie – obwohl sie vielfach an Wettbewerben teilnahm und ihre Entwürfe immer wieder ausgezeichnet wurden. Der Steine müde, die ihr fortwährend in den Weg gelegt wurden, gab sie 1966 ihr Architekturbüro auf. 1973 gründete die engagierte Feministin den Ala-Verlag, der bis 2000 bestand und mit Schwerpunkt feministische Literatur herausbrachte. Doch zurück zu ihrem Pavillon: Rahm erhielt den Auftrag, den Clubpavillon des Italieners Carlo Pagani (1913–1999) aufzustellen. Sie erweiterte diesen um einen kleinen Anbau, der elegant und voller Leichtigkeit die Formensprache und Materialisierung des Pagani-Baus mit einer Fassade aus Aluminiumbändern aufnahm und zugleich eine eigene gestalterische Position überzeugend markierte. Das kleine Gebäude ist ein wichtiges Zeugnis Schweizer Baukultur.

Nach der «Saffa» wurde der Pavillon demontiert und verkauft. Erica Hauser erwarb ihn, liess ihn bei Gossau, ZH, aufbauen und verwendete ihn fortan als Kantine und Schauküche ihrer Pilzzucht. Doch in den letzten Jahren wurde das Objekt nicht mehr genutzt und begann zu verfallen. Wie seine Architektin geriet auch der kleine Pavillon fast völlig in Vergessenheit. Dieses Frühjahr aber wurde die kantonale Denkmalpflege auf ihn aufmerksam gemacht. Sie informierte wiederum eine Forschungsgruppe, die aktuell an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zur «Saffa 1958» forscht. Das Gebäude präsentierte sich in schlimmer Verfassung, und noch schwerwiegender: Eine Abbruchgenehmigung lag bereits vor. Expertinnen um Eliana Perotti, Katia Frey und Inge Beckel machen sich seither für eine Rettung stark. Allerdings: Rückbau und angemessene Lagerung würden rund CHF 80'000 kosten. Um diese Summe über Spenden zusammenzubekommen, wurde der Verein «ProSaffa1958-Pavillon» gegründet.

Sein Einsatz ist wichtig für die Bewahrung des baukulturellen Erbes der Schweiz und sorgt dafür, dass die Verdienste von Architektinnen um dieses ein Stück mehr gesehen werden. Die Zeit indes drängt, die Rettungsaktion muss bald durchgeführt werden, um dem Abriss noch zuvorzukommen. Der Verein bittet daher um rasche Zusage und Überweisung der Spenden.

Ein Spendenkonto wurde bei der Zürcher Kantonalbank eingerichtet. 
 
Spenden sind über der Website des Vereins möglich: www.prosaffa1958-pavillon.ch/spenden
 
Auch können Sie direkt Überweisungen vornehmen: ZKB, ProSaffa1958-Pavillon, CH81 0070 0114 8034 6417 9
 
Ihre Adressangaben für die Spendenbestätigung senden Sie bitte per E-Mail an: [email protected]
 
Weitere Informationen zum Gebäude, der Architektin und den Möglichkeiten, die Aktion zu unterstützen

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