Architekturpreis Beton 21: Bearth & Deplazes machen das Rennen

Manuel Pestalozzi
27. augustus 2021
Monumentale Geste in archaischer Gebirgslandschaft – der Unterhaltsstützpunkt auf dem Berninapass von Bearth & Deplazes Architekten. (Foto © Hochbauamt Graubünden)

Seit der Klimawandel kaum noch zu übersehen ist und die Sensibilität für die Thematik wächst, hat Beton einen zunehmend schweren Stand. Die allermeisten am Bau Beteiligten wissen mittlerweile um seine ökologischen Nachteile. Und dennoch: Zu glauben, dass Beton einfach aus der Bauwirtschaft verschwinden wird, ist naiv. Vielmehr stellt sich die Frage, wie künftig verantwortungsvoller mit dem Baustoff umgegangen werden kann. Lässt sich seine Umweltbilanz durch technische Innovationen verbessern? Und vor allem: Wie soll mit den vielen Bestandsgebäuden aus Beton umgegangen werden, die hierzulande aktuell oft abgebrochen werden, obwohl sie noch fit sind und man sie umgestalten könnte? Interessant also, ob der Architekturpreis Beton 21 der Lobbyorganisation Betonsuisse vorbildliche Lösungen zutage fördern würde. An Teilnehmern mangelte es schon einmal nicht: 175 Eingaben hatte die Jury um die Vorsitzende Elli Mosayebi zu bewerten. Die Qualität sei dabei durchwegs hoch gewesen, hiess es von den Juroren, und entsprechend schwer sei die Auswahl auch gefallen. 

Preisträger aus den Hochalpen

Der mit 50000 Franken dotierte Preis ging schliesslich an Bearth & Deplazes Architekten für ihren Neubau des Unterhaltsstützpunktes am Berninapass. Das Bauwerk, das der Pflege der Strasse dient, befriedigt nicht nur funktionale Ansprüche und genügt den besonderen Anforderungen im hochalpinen Raum, sondern es passe sich ausserdem, so Betonsuisse, mit seinem architektonischen Ausdruck hervorragend in die raue Landschaft rundherum ein. Dazu benötigten die Gestalter gerade einmal zwei wesentliche Elemente: einen mit Beton ummantelten Siloturm sowie eine mit Rippen und Vordach verstärkte Mauer in Form eines Kreissegmentes. Der Beton dringt am Berninapass mit geometrischer Strenge aus dem Berggestein.

Eine bestehende Betonkonstruktion lässt sich umnutzen und architektonisch aufwerten. Dies beweist der Umbau des Silos Erlenmatt in Basel von Harry Gugger Studio eindrücklich. Das Projekt wurde mit einer Auszeichnung gewürdigt. (Foto © Harry Gugger Studio)
Interessante Projekte gewürdigt

Je eine Auszeichnung erhielten Penzel Valier für den Neubau des Zürcher SRF Campus, Harry Gugger Studio für den Umbau des Silos Erlenmatt in Basel, Nickisch Walder für das Zweifamilienhaus «Sulten» in Flims und das der ETH Zürich angegliederte interdisziplinäre Planungskollektiv des Nationalen Forschungsschwerpunkts Digitale Fabrikation um Matthias Kohler und Konrad Graser für die innovativen Ansätze im DFAB HOUSE am Forschungsbau NEST in Dübendorf. Für Betonsuisse repräsentieren diese Projekte das breite Spektrum des Einsatzes von Beton in der Architektur. Sie würden sich, so die Organisation, durch effiziente und zugleich expressive Tragstrukturen, durch sensible Eingriffe in die historische Substanz, durch hohe Flexibilität und einen optimierten Materialeinsatz sowie durch die innovative Verwendung von Beton und die Erforschung neuartiger Betontechniken auszeichnen.

Mit einem Förderpreis wurde zudem das junge Tessiner Büro Inches Geleta Architetti für den Palazzo Pioda in Locarno ausgezeichnet. Bei dem Haus sind sechs Wohnungen übereinander gestapelt und die markante Betonkonstruktion aus geschosshohen Dreigelenkrahmen zeichnet sich prägnant ab. Die dynamische Form illustriert schön den Kraftfluss. 

Unterschiedliche Betonoberflächen und kraftvolle Formen kann man in der Tiefgarage des Neubaus für das SRF in Zürich von Penzel Valier bestaunen. (Foto © Kuster Frey)
Die markante Tragstruktur des Palazzo Pioda in Locarno wird durch eine Gebäudehülle in Leichtbauweise ergänzt. Für die Gestaltung wurden Inches Geleta Architetti mit dem Förderpreis geehrt. (Foto © Tonatiuh Ambrosetti, Daniela Droz)

Besonders erfreulich ist die Auszeichnung für den Umbau von Harry Gugger und seinem Team. Mit dem Silo Erlenmatt zeigen sie, dass Bestandsbauten aus Beton architektonisch anspruchsvoll transformiert werden können, und ermutigen so hoffentlich andere Architekturschaffende und auch die eine oder andere Bauherrschaft. Ausserdem gefällt auch die Würdigung der Forschungsleistungen des NFS Digitale Fabrikation. Die Projekte des Teams – sehr filigrane Deckenelemente zum Beispiel – könnten mittelfristig helfen, die Menge des verwendeten Betons im Vergleich zu heutigen Konstruktionen deutlich zu senken.

Sie möchten die ausgezeichneten Projekte genauer unter die Lupe nehmen? Bis zum 29. August 2021 läuft in der Haupthalle der ETH Zürich eine Ausstellung zum Architekturpreis Beton 21. Im Anschluss geht sie auf Wanderschaft durch die Schweiz.

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