Stilstreit auf der Schartenflue

Manuel Pestalozzi
1. juli 2019
Foto via gempenturm.com

Weshalb die Solothurner Zeitung ihren Artikel mit «Kanton will einen Glaskubus auf dem Gempenturm» betitelt, erschliesst sich aus der Lektüre nicht ganz. Aber der offenbar schon seit längerem andauernde Streit ist auch so symptomatisch für die schleichende Entfremdung zwischen weisungsbefugten Fachstellen und dem «ignoranten Fussvolk». Letzteres besteht in diesem Fall aus dem bauwilligen Restauranteigentümer Hansruedi Kellenberger. Unterstützt wird er von «seinem Architekten» Christian Brodbeck. Ihre Idee ist die «Spiegelung» des bestehenden Gebäudes: Das Neue soll sich dem Alten angleichen.

Doch die eingereichten Pläne gefielen den kantonalen Amtsstellen offenbar nicht. Seit über zehn Jahren streitet man nun schon miteinander, sagt der Bauwillige. Anscheinend machten sie auch Alternativvorschläge, darunter der nicht näher spezifizierte «Glaskubus». Der Beauftragte für Heimatschutz, Markus Schmid, führte gegenüber der Solothurner Zeitung aus, dass heute bei einem Ausbau an einem landschaftlich sensiblen Ort die Abgrenzung zwischen dem Bestehenden und dem Neuen erkennbar sein müsse. «Die Erweiterung eines Bergrestaurants soll in einer zeitgemässen Art erfolgen mit Bezug nach aussen, weil man den Ort aufsucht, um die Aussicht zu geniessen», wird Schmid zitiert.

Der filigrane, 1897 errichtete Stahl-Aussichtsturm, von dem man weit in die Region Basel, ins Elsass und die Vogesen blicken kann, befindet sich nicht nur in der Juraschutzzone, er gehört auch zum Bundesinventar der Landschaften und Denkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) und unterliegt dem Waldgesetz. Was das heisst, präzisiert im Artikel Kreisplaner Lionel Leuenberger: «Die Ausbaupläne für das Restaurant müssen sich nach den übergeordneten Vorgaben richten.» Das tönt schon ziemlich obrigkeitlich. Immerhin hat sich jetzt zur Entschärfung der Fronten das Forum Schwarzbubenland, ein Regionalverein, eingeschaltet. Kantonsrat Mark Winkler (FDP) initiierte einen runden Tisch, an dem auch die Vertreter von Bürger- und Einwohnergemeinde teilnahmen. Die Angelegenheit liege jetzt bei einem Planungsbüro in Solothurn, endet der Beitrag.

Auch der Flugpionier Walter Mittelholzer fand Gefallen an der Schartenflue. Der filigrane Turm ist in seiner Aufnahme von 1924 praktisch unsichtbar. (Foto: Walter Mittelholzer/ETH-Bibliothek)

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