Dämmung ohne Verblendung

Thomas Geuder
25. junho 2014
Mit seiner eher flachen, liegenden Proportion erinnert das Wohngebäude in Blankenburg an die typischen Bungalows der 1960er-Jahre in Deutschland. (Foto: Michel Bonvin Photography)

Immerhin ist der Ziegelstein eines der ältesten und vor allem bestbewährten Baumaterialien. Die immer neuen Wärmeschutzverordnungen aber haben es ihm als Mauerstein nicht leicht gemacht. Tragende Wände komplett aus Ziegelstein finden sich meist nur noch in Altbauten. Dabei erfreuen sich Wände aus Ziegelstein zumindest optisch nach wie vor einer ungebremsten Beliebtheit. Konstrukteure müssen deswegen zu verschiedenen Wärmedämm-Tricks greifen. Am verbreitetsten ist (nicht zuletzt wegen der Materialechtheit) das Verblenden einer tragenden Wand mit einer nichttragenden Ziegelmauer samt Füllen des Zwischenraums mit geeigneter Dämmung. Dieser Wandaufbau ist am Ende zwar hochwertig, im Detail ab und an aber auch kompliziert, und nicht jeder Bauherr will und kann sich das leisten. Eine interessante Alternative hat Dreier Frenzel Architecture nun in Berlin Blankenburg verwirklicht: Bauherr wie Architekt strebten bei dem Einfamilienhaus mit 1 ½ Stockwerken ein im klassischen Blockverband erstelltes Ziegelmauerwerk an. Die Ausformulierung der Wände im Grundriss mit leichten Vorsprüngen jedoch wäre mit einer zweischaligen Konstruktion sehr aufwändig gewesen. So fiel die Entscheidung auf ein tagendes, nur knapp 23 cm starkes Mauerwerk komplett aus Zielgestein im dänischen Format 228x108x54 mm. Für die nötige Dämmung sorgt dann eine Homatherm-Innendämmung, die an allen kalten Betondecken sowie den Aussenwänden innen angebracht wurde. Der Rohstoff für diese Dämmung besteht aus Holzfasern, die im Trockenverfahren zu kompakten, druckfesten Platten bzw. Matten verarbeitet werden. Der Vorteil dieses Materials ist seine gute bauklimatische wie ökologische Eigenschaft, denn es ist feuchteausgleichend und kapillaraktiv. Das sorgt für ein gesundes, angenehmes Raumklima, behaglich warme Wände und schützt das Bauwerk. Die anfallende Feuchte der Raumluft wird zwischengespeichert und geregelt wieder abgeben. Durch ihre hohe Rohdichte und die hohe spezifische Wärmekapazität besitzen Holzfaserdämmstoffe ausserdem ein gutes Speichervermögen, durch das die Wärme verzögert wieder abgegeben wird. Das passt gut zum Ziegelmauerwerk, das sich durch seine Eigenmasse ähnlich verhält.

An den Gebäudekanten und Fenstereinschnitten kann man die Filigranität der Wandscheiben gut erkennen. Knapp 23 Zentimeter Ziegel plus acht Zentimeter Innendämmung ergeben bereits eine „wohngesunde“ Wandkonstruktion. (Foto: Michel Bonvin Photography)

Bei der von Dreier Frenzel Architecture geplanten Stadtvilla funktioniert das konkret so: Zunächst wurden sämtliche Wände gemauert und darauf die Elementdecken aus Stahlbetonfertigteilen und Ortbeton mit Ringanker gesetzt. Danach wurde die Wand von innen verputzt und so für das Verkleben der 80 Millimeter dicken Innendämmung vorbereitet. Auf die Wand wurde anschliessend eine zwölf Millimeter dicke Schicht Klebemörtel aufgebracht und die druckfesten Dämmplatten fugenfrei und vollflächig auf die Wand geklebt und zusätzlich pro 124 x 60 cm grosser Dämmplatte mit je vier Dämmstoffdübeln befestigt. Nun konnten die Monteure die benötigten Installationskanäle in die Dämmplatten einfräsen und anschliessend einen Grundputz aufarbeiten, der zusätzliche mit einem Armierungsgewebe versehen wurde. Nach dem Trocknen wurde schliesslich der finale, weisse Oberputz aufgebracht. Dieser Wandaufbau gewährleistet, was architektonisch zum Ausdruck gebracht werden soll: Das L-förmige Gebäude befindet sich auf einem schmalen, rechteckigen, parkähnlichem Grundstück, das durch das Gebäude in zwei Zonen gegliedert wird. Zum Vorgarten und zur Strasse orientiert sich der eingeschossige Flügel mit offener Küche, Wohn- und Essbereich, der zweigeschossige Gebäudeflügel inmitten des baumbestandenen Gartens und schafft einen ruhigen, nicht einsehbaren Rückzugsbereich. An diesem Ort sollte ein Gebäude mit flachen, liegenden Proportionen entstehen, fast schon wie die typischen Bungalows der 1960er-Jahre in Deutschland, auf deren Bautypus auch Architekten wie Frank Lloyd Wright zurückgriffen. Dementsprechend sollte die Materialität möglichst ehrlich sein, mit viel Glas und gemauerten Aussenwänden aus Ziegelstein – und ebenso ehrlicher wie natürlicher Materialien auch im Innenraum.

Über die zum Teil vier Meter breiten, geschosshohen Fensteröffnungen stellt die 140 Quadratmeter grosse Wohnfläche einen unmittelbaren Bezug zum parkähnlichen Aussenraum her. (Foto: Michel Bonvin Photography)
Grundstücksplan
Grundriss Obergeschoss
Grundriss Erdgeschoss
Quer- und Längsschnitt
Durch ihre hohe Rohdichte und die hohe spezifische Wärmekapazität besitzen Holzfaserdämmstoffe ein ausgesprochen gutes Speichervermögen, das die Wärme lange im Bauteil hält und nur gebremst nach innen abgibt. (Foto: Homatherm)
Wandaufbau mit Innendämmplatte ID-Q11 standard: Auf den äusseren Putz kann man je nach Mauerstein natürlich verzichten. (Quelle: Homatherm)
Dank des vorbildlichen Heiz- und Lüftungsverhalten der Bewohner ergab die Messung der Luftfeuchtigkeit nach dem ersten Winter sehr gute wohnklimatische Werte und die Bewohner fühlen sich (laut Hersteller) in ihrem neuen Heim rundum wohl. (Foto: Michel Bonvin Photography)
Projekt
Villa Berlin Blankenburg
Berlin, D

Hersteller
Homatherm GmbH
Berga, D

Kompetenz
Innendämmplatte ID-Q11 standard
Innendämmmatte holzFlex standard

Architekt
Dreier Frenzel Architecture + Communication
Lausanne, CH

Bauherr
privat

Verarbeiter
Brunzel Bau GmbH
Velten, D

Fertigstellung
2013

Fotografie
Michel Bonvin Photography

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