Wenn Kunst Stadt beobachtet

Susanna Koeberle
25. 九月 2019
Megaposter von Ruth Erdt (Foto © Ruth Erdt / Kunst im öffentlichen Raum Zürich («Lokaltermin Schwamendingen 2019»))

Das Quartier Schwamendingen ist geprägt durch stetige Veränderungen. In den 1970er-Jahren durch den Bau der Autobahn A1 zweigeteilt etablierte sich nichtsdestotrotz ein vielschichtiges städtisches Gefüge, das dem Viertel eine typisch helvetische und zugleich grossstädtische Anmutung verleiht. Etappenweise ist ab 2020 der Bau einer «Einhausung» eines Abschnitts der Autobahn geplant. Über dem Tunnel soll eine Parkanlage entstehen, die der Quartierbevölkerung mehr Grün- und Freiraum bietet. Die Fertigstellung des Projekts (inklusive Umgebungsgestaltung) ist gemäss einer eigens lancierten Webseite im Laufe des Jahres 2024 zu erwarten.

Als Antwort auf den kontinuierlichen Wandel dieses urbanen Raums organisiert die Arbeitsgruppe Kunst im öffentlichen Raum (AG KiöR) seit 2010 den «Lokaltermin Schwamendingen: Kunstbeobachtungen». Die künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum setzen sich mit dem spezifischen Charakter des Ortes auseinander, reflektieren diesen und schaffen damit einen Denkraum. Eine dokumentierende Langzeitstudie der Fotografin Ruth Erdt begleitet dieses Projekt. Sie lebt und arbeitet seit über 20 Jahren im Quartier. 

Für die diesjährige Ausgabe von «Lokaltermin Schwamendingen» präsentiert Ruth Erdt bereits zum fünften Mal einen Ausschnitt ihrer fotografischen Langzeitstudie über die Entwicklungen im Quartier. Auf einem Megaposter an der Winterthurerstrasse sieht man eine Gruppe von Jugendlichen. In der Galerie Tenne sind zudem eine Reihe von Fotografien zu sehen, die in den letzten Jahren im Quartier entstanden sind. Für Christoph Doswald, den Vorsitzenden der AG KiöR, ist eine basisnahe Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten vor Ort zentral bei diesem Kunstprojekt, wie er an der Vernissage erläuterte. Elitäre White Cube-Kunst wäre hier fehl am Platz. Das rege Interesse der Lokalbevölkerung gibt ihm recht. 

Diese Arbeit erinnert an eine Strassenlaterne. (Foto © Cristian Andersen / Kunst im öffentlichen Raum Zürich («Lokaltermin Schwamendingen 2019»))

Auch der Künstler Cristian Andersen hat eine besondere Beziehung zu Schwamendingen. Er hielt sich dort als Gymnasiast auf, wenn er die Schule schwänzte. Er habe die familiäre Bande unter den Jugendlichen dort (sogenannten «Secondos») eher gespürt als am Gymnasium Rämibühl am Zürichberg. «Von aussen vorbeifahrend ein Unort, nicht ansatzweise einladend und doch verbringen dort viele lokale Einwohner ihre Zeit auf Fahrrädern, mit ihren Hunden oder spazierend. Es ist laut, es brummt von der obigen mehrspurigen Autobahn, es erinnert mich an Los Angeles», sagt Andersen zum Ort. Kaum erstaunlich wählte er für seine Arbeit «Seaside 1990», die im Rahmen von «gasträume» entstand, einen Platz unter dem Autobahnviadukt Aubrugg. Der Titel des Werks verweist auf die Kindheit des Künstlers an der dänischen Küste. Die Stahlplastik wurde nun für die Dauer der Ausstellung vor die Galerie Tenne verlegt. Andersens Beschäftigung mit architektonischen Konzepten widerspiegelt sich auch in weiteren ausgestellten Arbeiten. Im Innern der Galerie treffen Besucher*innen auf eine Reihe von architektonischen Fragmenten und Fundstücken (wie Wappenscheiben), die der Künstler im Quartier gesammelt und zu neuen Skulpturen gefügt hat. Heimat und Zugehörigkeit sind vielschichtige Begriffe. Solche Einsichten kann uns Kunst manchmal mit einfachen Verschiebungen vor Augen führen.

«Seaside 1990» von Cristian Andersen (Foto © Cristian Andersen)

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