Naturgeschichte, Staatsgeschichte

Manuel Pestalozzi
20. August 2015
Basels Bahnhof St. Johann mit dem neuen Museums-Stadtbaustein. Bilder: EM2N

Das Naturhistorische Museum Basel und das Staatsarchiv Basel-Stadt gelten als wichtige kulturelle Institutionen mit langer Tradition, deren Sammlungen und Archive über die Region hinaus Bedeutung haben. Sie stellen der Bevölkerung ein historisches und naturwissenschaftliches Wissen zur Verfügung und bilden das regionale Gedächtnis von Natur- und Kulturgeschichte. Mit dem Neubau und der Konzentration der beiden Institutionen an einem Standort, an der Voltastrasse, neben dem alten Vorortsbahnhof St. Johann, soll die Chance ergriffen werden, einen zukunftsgerichteten öffentlichen Kulturkomplex mit zwei sich ergänzenden Identitäten zu schaffen.

Sauriereier und die Geburtsurkunde Alfred Rassers unter einem Dach? Ein schöner Gedanke, der demnächst Realität werden könnte. Mit EM2N, dem Zürcher Architekturbüro von Mathias Müller und Daniel Niggli, gewann ein Projekt von Autoren, die sich bereits mit Kulturbauten der jüngsten Generation einen Namen gemacht haben – und schon beim Monokultur-Staatsarchiv des Nachbarhalbkantons Basel-Landschaft einen Erfolg verbuchen konnten.

Es wäre zwar vermessen und falsch, den Entwurf von EM2N mit dem Toni-Areal in Zürich zu vergleichen. Doch das Neubauprojekt in Basel hat mit der zur Kunsthochschule mit Museum umgebauten Grossmolkerei in Zürich einiges gemeinsam. Beide liegen in einem während langer Zeit von der Industrie geprägten Gebiet, in unmittelbarer Nähe von stark frequentierten, sich überlagernden Verkehrswegen. EM2Ns Archiv/Museum beim Bahnhof St. Johann passt sich mit seiner kantigen Sichtbackstein- und Glasästhetik ins bestehende städtische Gefüge ein und trennt die Voltastrasse und den verlängerten Bahnhofvorplatz vom Geleisefeld. Zwischen dem historischen Stationsgebäude und dem geplanten Neubau verläuft die Brücke des Luzernerrings, der Bahn, Platz und Strasse überquert.
 
Das kompakte, langgezogene Volumen verringert seine Breite nach Süden in mehreren Versätzen. An seinem nördlichen Ende, bei der Brücke des Luzernerrings, ragt eine Turmscheibe als Kopfbau in den Himmel, ein eingeschossiger Vorbau schiebt sich vor ihm unter die Brücke. So wird ein abwechslungsreicher, der Situation angemessener und repräsentativer Auftritt und ein sinnvoller Anschluss an den Bahnhof bewerkstelligt. Das Prinzip von Fügung und Schichtung bildet in den Worten der Architekten das durchgängige Leitmotiv des Projekts, welches von aussen erkennbar ist und sich in der inneren Raumstruktur fortsetzt. Analog zum Toni-Areal erschliesst sich das Konzept den Betrachtenden am ehesten in den Schnitten. Es ist erkennbar, dass praktisch die Hälfte der Anlage im Erdreich liegt. Mehrere Atrien in variierender Höhe und Ausdehnung gliedern das Volumen.

Gemäss dem Basler Bau- und Verkehrsdepartement ist vorgesehen, unmittelbar im Anschluss an den Wettbewerb mit EM2N in die Vorprojektphase zu starten. Die Realisierung soll 2018 starten, vorbehaltlich der Bewilligung des Baukredits durch den Grossen Rat. Bei reibungslosem Ablauf des Bewilligungs-, Planungs- und Realisierungsverfahrens kann 2021 mit dem Abschluss der Bauarbeiten und nach individuellen Einrichtungsphasen ca. 2022/ 23 mit der Eröffnung von Staatsarchiv und Museum gerechnet werden. Das Siegerprojekt weist eine Geschossfläche von rund 35500 m2 auf. Das Kostendach für das Gesamtprojekt ist durch den Regierungsrat 2013 auf 190 Mio. Franken festgelegt worden.
 
Die Wettbewerbsergebnisse sind vom 20. August bis zum 13. September im Naturhistorischen Museum ausgestellt. Öffnungszeiten jeweils dienstags bis sonntags, von 10-17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Der Jurybericht und die Visualisierungen des Siegerprojekts sind ab Mittwoch, 19. August, abrufbar unter www.hochbauamt.bs.ch/wettbewerbe.

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