m.a.x. Museo Chiasso

6. Juni 2006

m.a.x. Museo Chiasso
2005

Via Dante Alighieri
Chiasso

Bauherrschaft
Fondazione
Max Huber.Kono
Chiasso

Architektur
Durisch + Nolli
Lugano

Projektleitung
Pia Durisch, Aldo Nolli

Mitarbeit
Michele Zanetta
Lugano

Auftragsart
Direktauftrag

Bauführung
Diego Ostinelli
Balerna

Bauingenieure
Grignoli Muttoni Partner
Lugano

Klimakonzept
Colombo & Pedroni
Bellinzona

Beleuchtung
Modaluce SA
Lugano

Anlagekosten
(BKP 1–9)
CHF 3,5 Mio.

Gebäudekosten
(BKP 2/m)
CHF 561.–

Nachts leuchtet das m.a.x. Museo wie eine Laterne und macht unübersehbar Chiassos neuen kulturellen Anspruch klar.

Die Kulturinsel
Ein wichtiger Bestandteil dieser Erneuerung ist Chiassos neu geschaffene Kulturinsel. Etwas abseits der Hauptachse steht seit 1936 das Cinema Teatro, ein wohl erhaltener Art-déco-Bau aus dem Jahr 1936 des Architekten Americo Marazzi. (Mit Dachaufbauten allerdings vor kurzem lieblos erweitert.) Seine dem Corso San Gottardo zugewandte Rückwand ziert ein riesiges Wandbild des Malers Carlo Basilico, ein Bilddenkmal. Dem Teatro gegenüber stand eine verwahrloste, verlassene Garage in einem Stück Niemandsland. Mit diesem Grundstück beginnt die Geschichte der Kulturinsel und des m.a.x. Museo, genauer, mit seiner Entdeckung durch die Architekten Durisch + Nolli.
Die Witwe des 1992 verstorbenen Grafikers Max Huber, Aoi Huber Kono, gründete eine Stiftung, die das Werk ihres Mannes und ihres Vaters, dem japanischen Grafiker Takashi Kono, zugänglich machen sollte. Sie entschloss sich, einen kulturellen Kraftort zu bauen, das m.a.x. Museo. ‹m› steht für Museum, Max Huber und Multimedia; ‹a› für Art, Avantgarde und Architektur; ‹x› ist die Unbekannte, die darauf hinweist, dass das Museum allen Kunstgattungen offen stehen soll und dies besonders für junge Künstler.

Tagsüber wirkt das Museum wie geheimnisvoller Schrein zwischen der Stadthalle (links) und dem Cinema Teatro (rechts).

Pia Durisch und Giancarlo Nolli wurden mit dem Projekt beauftragt. Sie mussten sich nicht bloss überlegen wie, sondern auch wo. Da fanden sie das Niemandsland der Garage, sie brachten die Stadt dazu, es zur Verfügung zu stellen. Doch sahen sie sich den Ort genauer an. Hinter der Garage stand ein leerer Hangar in einem dreieckigen Grundstück, der verdächtig nach Abbruch roch. Doch sahen Durisch + Nolli die Chance: der Museumsbau ist nicht ein Einzelobjekt, sondern der Kern einer Kulturinsel. Das Museum stellten sie als schmalen Riegel an die Strasse, den Hangar bauten sie zu einem ‹Spazio Officina›, einem Stadtsaal um, setzten gegen die anschliessende Schule einen Portikus als Abschluss, gestalteten die Umgebung als städtischen Platz mit einem Brunnen und gewannen damit die Kulturinsel. Sie hat heute vier Bestandteile: Kunsthalle, Kino / Theater, Stadtsaal und Platz. Geplant ist noch eine Tanzschule, die die Kalifornierin Carolyn Carlson in einer am Platz liegenden Fabrik einrichten will. Das kulturelle Programm Chiassos lockt unterdessen auch Besucher aus dem nahen Mailand an.

Der doppelthohe Saal im Untergeschoss wird durch eine Auskragung, die symmetrisch zu der des Eingangs liegt, möglich.

Schrein und Laterne
Das Museum ist eine karges Schatzhaus, eine weiss leuchtende Laterne nachts, ein geheimnisvoller Schrein tagsüber. Das Bauprogramm ist einfach: Im Obergeschoss drei Ausstellungssäle, im hochliegenden Erdgeschoss Vorplatz, Eingangszone mit Kasse, Caffetteria und Shop, im Untergeschoss Lager, und zwei Ausstellungsräume. Erst im Längsschnitt wird die statische Raffinesse klar: Die Auskragung über dem Vorplatz wiederholt sich am gegenüberliegenden Gebäudeende, was dort einen zweigeschossigen Saal im Untergeschoss ermöglicht. Zur Raffinesse gehört auch die seitliche Versetzung der Treppenläufe und der Lichthof im Obergeschoss. Die volle Höhe des an sich kleinen Gebäudes wird dem Besucher beim Treppensteigen deutlich gemacht. Ebenso gehören die präzis gesetzten Höhensprünge des Vorplatzes dazu.

Die Grundrisse des Ober-, Erd- und Untergeschosses: oben drei Ausstellungsräume, in der Mitte Vorplatz, Foyer und Luftraum, unten Lager, Ausstellungsraum und doppelhoher Saal.

Längsschnitt auf der Mittelachse: Die Auskragung an beiden Gebäudeenden wird hier kaum deutlich.

Die Ausstellungsräume sind überall durch Bandfenster mit hohem Seitenlicht belichtet. Oben nur an den Längswänden, im doppelhohen Saal des Untergeschosses dreiseitig. Alle diese Glasbänder sind geätzt, das Licht wirkt, wie wenn man in ein Luftbecken eingetaucht wäre, man schwimmt durch die Räume. Es gibt nur an zwei Orten gewählt inszenierte Klarsicht: beim Innenhof des Obergeschosses und die Aussicht aus dem Foyer auf das Cinema Teatro. Das Museum hüllt sich in einen Mantel aus Profilglas, der im Obergeschoss sechzig Zentimeter vor der tragenden Wand steht. Der Zwischenraum ist eine Vitrine in Gebäudegrösse. Sie ist zugänglich und kann als verfremdetes Schaufenster für die Ausstellungen benützt werden.
Das knappe Gebäude ist, was es ist, Details sind selten. Es regiert die heilige Nüchternheit der sparsamen Verwendung der Mittel, der architektonischen und der finanziellen. Die Tragstruktur entspricht der Raumstruktur, Verkleidungen und ‹Innenausbau› gibt es keinen. Das Museum lebt vom Licht, dem innern und dem äussern. Innen das introvertierte milde Licht, das zur Kontemplation einlädt, aussen die Ausstrahlung der Laterne und des weissen Schreins. Wir müssen Chiasso neu zur Kenntnis nehmen, hier ist ein neuer Kraftort entstanden.

Situationsplan: Calidafabrik mit zukünftiger Tanzschule 1, Turnplatz 2, Vorplatz Museum 3, m.a.x. Museo 4, Cinema Teatro 5, Portikus und Stadtplatz 6, Stadthalle 7, Schule 8, Brunnen 9, Baufeld 10, Stadtpark mit Denkmal für Oberst Bernasconi 11.
Die Fassade in Detail: Der Glasmantel lässt die dahinter liegende Wand durchschimmern. Dadurch wird der scharf geschnittene Kubus mehrdeutig.

m.a.x. Museo Chiasso
2005

Via Dante Alighieri
Chiasso

Bauherrschaft
Fondazione
Max Huber.Kono
Chiasso

Architektur
Durisch + Nolli
Lugano

Projektleitung
Pia Durisch, Aldo Nolli

Mitarbeit
Michele Zanetta
Lugano

Auftragsart
Direktauftrag

Bauführung
Diego Ostinelli
Balerna

Bauingenieure
Grignoli Muttoni Partner
Lugano

Klimakonzept
Colombo & Pedroni
Bellinzona

Beleuchtung
Modaluce SA
Lugano

Anlagekosten
(BKP 1–9)
CHF 3,5 Mio.

Gebäudekosten
(BKP 2/m)
CHF 561.–

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