Gelungener Einstand

knüselleibundgut
7. Januar 2021
Foto: Rasmus Norlander
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Das 1972 erbaute und zu erweiternde Schulhaus Hagen ist Teil eines grossen Schulareals mit Einzelgebäuden aus verschiedenen Dekaden. Mehrere der Schulhausbauten, die den gemeinsamen Pausenplatz säumen, zeichnen sich durch einen Kopfbau aus. Der Erweiterungsbau bildet einen neuen Kopf für das Schulhaus Hagen und bezieht sich auf die Identität des Ortes und dessen Massstäblichkeit. Entsprechend dem städtebaulichen und grundrisstypologischen Thema sucht die Erweiterung einen Ausdruck, der die Rasterung und Schlichtheit des Bestands fortsetzt, gleichzeitig aber eine eigene, zeitgemässe Identität entwickelt – ganz im Sinne des Weiterbauens.

Neuer Vorplatz mit Blick zum Pavillon (Foto: Rasmus Norlander)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?


Bereits bei der ersten Besichtigung der Schulanlage berührte uns das benachbarte Schulhaus Bernarda von Fritz Metzger aus der Nachkriegsmoderne besonders. Mit einer feinen Detailierung, natürlichen Materialien und verspielten Elementen schuf Metzger eine Architektur, die Empathie und Behaglichkeit ausstrahlt und unserer Ansicht nach bis heute ihre Gültigkeit hat. Daher verfolgten wir die Absicht, dem nüchternen, rigiden Schulhaus Hagen mit wenigen Eingriffen einen ähnlichen gestalterischen und räumlichen Mehrwert zukommen zu lassen. Metzger selbst verwies in einem Schriftstück auf folgendes Goethe-Zitat, welches als Inspiration für die Erweiterung diente: «Es gibt kein Vergangenes, das man zurücksehnen dürfte, es gibt nur ein ewig Neues, das sich aus den Elementen des Vergangenen gestaltet.» So griffen wir Form- und Gestaltungselemente auf und versuchten, sie für das Schulhaus Hagen passend zu interpretieren. 

Foyer im Erdgeschoss (Foto: Rasmus Norlander)
Innenfenster im Musikzimmer (Foto: Rasmus Norlander)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Wir versuchen, unsere Umwelt mit grossem Interesse am Vorhanden zu lesen. Unser Ziel ist es, daraus Inspiration für das Neue zu erhalten und jeweils eine Architektur von und für den spezifischen Ort zu entwerfen. Obwohl unser Interesse am Ort und den Bestandsgebäuden gross ist, wollen wir uns gleichzeitig nicht unterwerfen, sondern suchen eine eigenständige, zeitgemässe Ausdrucksform, welche die vorhandenen Qualitäten mit viel Empathie aufnimmt.

Halle mit Garderobe im Dachgeschoss (Foto: Rasmus Norlander)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Die Gemeinde Altdorf entschied sich, für diese vergleichsweise kleine Schulhauserweiterung einen offenen Projektwettbewerb auszuschreiben. Wir haben damals spontan beschlossen, unser Glück zu versuchen – das war noch vor Gründung unseres Büros. Die Baukommission schenkte uns von Beginn an grosses Vertrauen und sah kein Nachteil darin, dass dieser Bau ein Erstlingswerk ist. Dadurch ermöglichte sie uns eine kontinuierliche Verfeinerung und konsequente Umsetzung unserer Ideen aus dem Wettbewerb. Die Projektgrösse war ideal für den Start in die Selbständigkeit.

Klassenzimmer im Dachgeschoss (Foto: Rasmus Norlander)
Gruppenraum mit Schrankwand (Foto: Rasmus Norlander)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Durch neu hinzugefügte Elemente, beispielsweise den sorgfältig gestalteten Einbauten aus Eschenholz und den runden Guckfenstern in den Türen, erhält der gesamte Innenraum eine verspieltere, kindergerechte und warme Atmosphäre. Die in Zusammenarbeit mit dem Grafiker Philippe Karrer entworfenen Tiermotive schmücken das Gebäude an verschiedenen Stellen und schaffen so einen künstlerischen Mehrwert. Die Möglichkeit, einem etwas unliebsamen Gebäude aus den 1970er-Jahren mit wenigen Eingriffen zu neuer Heiterkeit zu verhelfen und eine Aufwertung zu schaffen, welche direkten Einfluss auf die Lebensdauer des Bestands hat, empfinden wir als eine sehr wertvolle Erfahrung. 

Situation
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Obergeschoss
Schnitte A und B
Ansichten
Bauwerk
Erweiterung Schulhaus Hagen
 
Standort
Bahnhofstrasse 36, 6460 Altdorf
 
Nutzung
Primarschulhaus
 
Auftragsart
Offener Projektwettbewerb 2017
 
Bauherrschaft
Gemeinde Altdorf
 
Architektur
knüselleibundgut architektur, Zürich und Basel
Dominique Knüsel, Christina Leibundgut
 
Fachplaner 
Bauingenieur: ZPF Ingenieure AG, Zürich
Elektroplanung: R. Mettler AG, Flüelen
HLKS-Planung: Zurfluh Lottenbach GmbH, Luzern
Bauphysik: RSP Bauphysik AG, Luzern
Geologie: CSD Ingenieure AG, Altdorf
Landschaftsarchitektur: Antje Gamert Architektur und Landschaft, Basel
Grafik Tiermotive: Philippe Karrer, Basel
Typografie: Michi Nussbaumer, Basel
 
Bauleitung
siebzehn13 architekten ag, Altdorf
 
Kostenplanung
Büro für Bauökonomie AG, Luzern
 
Jahr der Fertigstellung
2020
 
Gesamtkosten BKP 1–9
CHF 4,1 Mio.
 
Gebäudekosten BKP 2
CHF 2,9 Mio.
 
Massgeblich beteiligte Unternehmer 
Baumeister: Implenia Schweiz AG, Altdorf
Montagebau in Holz: Gotthard Holzbau GmbH, Flüelen
Spenglerarbeiten: Näpfli Gebäudehülle AG, Schattdorf
Aussentüre in Holz: Schreinerei Thomi GmbH, Altdorf
Metallarbeiten: Brand Metallbau AG, Schattdorf
Innentüren: Schreinerei Beeler AG, Erstfeld
Schreinerarbeiten: Hans Rickenbacher AG, Läufelfingen
Plattenarbeiten: Gebr. Gisler, Schattdorf
Deckenbekleidung: Schuler Modul AG, Altdorf
 
Fotos
Rasmus Norlander, Zürich

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