Basel diskutiert über unbefriedigend genutzte Bauten

Manuel Pestalozzi
18. Dezember 2023
Eigentlich sollte das oberste Geschoss des Claraturms (links im Bild) eine öffentliche Nutzung erhalten. Aber bis heute wurde dieses Versprechen nicht eingelöst. Das bringt die UBS als Eigentümerin unter Druck. (Foto: Manuel Pestalozzi)

«Was ist eigentlich im Claraturm los?», wunderte sich am 30. November Larissa Bucher auf dem Portal Baseljetzt. Die Frage ist berechtigt, schliesslich hatte das Stimmvolk 2013 das Hochhausprojekt beim Messeplatz aus der Feder von Morger Partner Architekten an der Stimmurne zu genehmigen. Es lockte ein schöner Rundblick für alle: «Im obersten Stockwerk des Claraturms ist ein Saal von über 300 Quadratmetern für bis zu 240 Personen vorgesehen. Dieser soll als Quartierzentrum der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen», zitiert Larissa Bucher das Abstimmungsbüchlein. Obwohl der Claraturm seit 2021 bezogen ist, wurde dieses Versprechen bisher nicht eingelöst. 

Auch Architektur Basel fielen die stets dunklen Fenster an der Turmspitze auf. Lukas Gruntz fragte bei der Eigentümerin, der Grossbank UBS, nach. Diese begründete den Leerstand damit, dass sich bisher niemand habe finden lassen, der die Anforderungen einer Publikumsnutzung erfülle. Gruntz könnte sich im obersten Stock des Turms auch einen Pop-Up-Betrieb vorstellen, die UBS kann das offenbar (noch) nicht. 

Doch möglicherweise muss sich die Eigentümerin demnächst etwas energischer um eine Lösung bemühen. Grossrat René Brigger hat eine Anfrage eingereicht: «Ich gehe davon aus, dass dieser Sondernutzungsplan verbindlich gegenüber der Eigentümerschaft durchgesetzt werden kann», meint er gegenüber Baseljetzt. Vom Regierungsrat will er wissen, wann und wie der Bebauungsplan so umgesetzt werden kann, dass im obersten Vollgeschoss eine Publikumsnutzung möglich wird. Die Antwort steht noch aus.

Lebloses Kultur- und Kreativzentrum?

«Gähnende Leere» herrsche derweil auch im Kultur- und Kreativzentrum in der einstigen Kaserne, die von Focketyn del Rio Studio umgebaut wurde, schreibt die bz. Die Eröffnung fand im März 2022 statt. Das «K-Haus» wird offenbar weitaus weniger frequentiert als erwartet. Das Projekt sei deswegen auch finanziell in Schieflage geraten, steht in dem Kommentar von Patrick Marcolli. Die Betreibergesellschaft verfüge über weniger Einnahmen als geplant, habe im ersten Betriebsjahr einen sechsstelligen Verlust eingefahren und müsse beim Kanton um Unterstützung «betteln». 

Dass das Haus nicht nur Freunde hat, liegt auch an den Bauverzögerungen in der Realisierungsphase und an der bisher erfolglosen Suche nach einem Betreiber für das Restaurant, das noch nicht genutzt wird. Das neue Nutzungskonzept für das Gebäude stehe ganz in der Tradition der früheren Kulturwerkstatt Kaserne, etwas Sponti-Geist der 1980er-Jahre, gemixt mit dem staatlichen Kultur-Interventionismus der 2000er und verfeinert mit betriebswirtschaftlichem Start-Up- und Flexibility-Denken der 2010er, ätzt Marcolli. Er kritisiert auch die schwere Auffindbarkeit des Durchgangs zum Rhein und zur Kasernenwiese durch den Kopfbau. Ob zukünftig tatsächlich Nutzungsanpassungen ins Auge gefasst werden? Das interessante und mit viel Fingerspitzengefühl sanierte Bauwerk würde sich in diesem Fall bestimmt als flexibel genug erweisen. Es steht erst am Anfang seines zweiten Lebens.

Die beiden Geschichten zeigen auch die Grenzen der Architektur auf: Es kommt bei jedem Projekt der Moment, in dem alles entworfen, gebaut und eingerichtet ist. Die Gestalter*innen übergeben ihr Werk und legen sein Schicksal in die Hände anderer. Sie können ab diesem Zeitpunkt dessen Erfolg meistens kaum noch beeinflussen; das vorgegebene Raumprogramm ist nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt. Ihr Einfluss auf einen zufriedenstellenden Betrieb ist hingegen beschränkt. Sowohl beim Claraturm als auch im K-Haus sind keine gestalterischen Mängel für die kritisierte Leere verantwortlich. Dass es harzt, scheint vielmehr an konzeptuellen, vielleicht auch politischen Knackpunkten zu liegen.

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