Berthold im Blickfeld

Manuel Pestalozzi
29. April 2016
Stifterfigur Berthold V. von Zähringen. Der Mann gibt dem Spitalprojekt für Zürich seinen Namen – und dem Facebook-Account «Berthold im Blickfeld» das Profil. Bild: Andreas Praefcke via Wikimedia

Es geht bei diesem «Geschäft» um eine massive Verdichtung, einen deutlichen Massstabssprung und einen epochalen Wandel im Zentrum der Stadt Zürich. Ich stellte den Masterplan Hochschulgebiet Zürich Zentrum in einem Hintergrundartikel vor und berichtete auch über die Informations-«Show» vom 2. November 2015, welche die Baudirektion des Kantons Zürich im Kunsthaus veranstaltete. Jenny Keller wies in diesem Magazin auch auf das Medienecho hin, welches das Generationenprojekt auslöst.
 
Trotz aller Betriebsamkeit ist das nächste Kapitel in Bertholds Werden noch nicht aufgeschlagen. Noch immer berät die zuständige Kommission des Kantonsrats über die Änderungen im Richtplan, welche der Masterplan erfordert. Mit einer Empfehlung der Kommission rechnen Eingeweihte vor den Sommerferien, der Rat soll entscheiden, wenn er erholt aus dem Urlaub zurück ist. Derweil sind Gestaltungspläne in Bearbeitung. Es wird also zeitlicher Druck aufgebaut. Man will endlich vorwärts machen.
 
Berthold im Architekturforum
Die Fachwelt beginnt langsam, auf Berthold aufmerksam zu werden. Am 6. April fand im Architekturforum Zürich eine von der Zeitschrift Hochparterre, dem Architekturforum und dem BSA organisierte Diskussionsveranstaltung statt. Ich durfte den Anlass anregen und in der Vorbereitungsphase einige Inputs geben. Er war sehr gut besucht und bot neue Eindrücke. Von Aufbruchsstimmung keine Spur; die Euphorie, die an den Veranstaltungen des Kantons verströmt wurde, fehlte ganz. Der Tenor war: Es geht halt nicht anders.
 
Auf dem Diskussionspodium zeigte sich klar das Janushaupt der Planungsbranche: Einerseits steht sie lautstark ein für Baukultur und «guten Städtebau», andererseits schielt sie auf einträgliche Aufträge. That’s the way the banana splits – das wissen nicht nur jene, die alte Hollywoodfilme gucken. Mike Guyer hatte die undankbare Aufgabe, die Doppelrolle vor dem Publikum zu verkörpern. Er war an den Vertiefungsstudien beteiligt, er gilt als der Mann, der den Bestellern bestätigte, dass es aus Architektensicht so, wie im Masterplan angedacht, geht und diesen quasi fachlich absegnete.

Mike Guyer spielte diesen Part tapfer aber nicht besonders gut gelaunt. «Das ist alles so schweizerisch», kommentierte er verärgert und müde die kritischen Anmerkungen in der Runde. Für ein Herumnörgeln sei es längst zu spät, die Fachwelt habe Chancen verpasst, sich konstruktiv in den Entwicklungsprozess einzumischen. Das hätte man 2001 machen müssen. Vonseiten der Projektverantwortlichen wurde nach der Veranstaltung bemerkt, dass einige Stimmen, die kritische Einwände machten, in der langen, teuren Entwicklungsphase mitverdient hätten …

Verhältnismässigkeit und Schutzobjekte
Die wichtigste neue Einsicht, welche der Anlass im Architekturforum für mich bot, betraf die Rolle der Schutzobjekte. Vage drang in der Diskussion durch, dass die Verteilung der Volumen massgeblich oder sogar entscheidend durch die Tabuzone des Spitalkomplexes von Haefeli Moser Steiger und seinem Park bestimmt wurde. Instanzen der Denkmalpflege werden sie mit Zähnen und Klauen verteidigen. Die Aussicht auf einen zeitraubenden Kampf mit geringen Erfolgsaussichten macht sogar den forschesten Spitalplanern Angst.
 
So sehr man die historischen, baukünstlerischen und landschaftsgestalterischen Qualitäten dieses Ensembles schätzt und anerkennt, die Idee, einen grossen, ausgedehnten Zweckbau zu schützen, der seinen ursprünglichen Zweck nicht mehr erfüllt, ist im gegebenen Kontext jenseits und bar jeglicher Verhältnismässigkeit. Es ist überhaupt Zeit, dass die aktuelle Denkmalpflegementalität gründlich und in aller Öffentlichkeit debattiert wird.
 
Dieser Beitrag will zeigen, dass die planerischen und architektonischen Themen rund um Berthold interessant und aufregend sind. Das «Generationenprojekt» sollte deshalb permanent verfolgt werden, es darf nicht einfach im Hintergrund vor sich hin motten. Ich habe zu diesem Zweck den Facebook-Account «Berthold im Blickfeld» eröffnet. Es will das Projekt und seinen Fortschritt ebenso dokumentieren wie die räumlichen und sinnlichen Eigenheiten des Hochschulquartiers, das garantiert nie zur Brache wird. «Gefällt mir»-Klicks und Besuche sind jederzeit erwünscht!

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