Den Boden der Spekulation entziehen

Inge Beckel
7. März 2016
Publikation von Hans Bernoulli, 1935. Bild: ETHeritage, 2016/blogs.ethz.ch.

1876 geboren, wurde Hans Bernoulli 1912 Chefarchitekt der Baugesellschaft Basel und ersuchte gleichzeitig die ETH um Lehrerlaubnis. Mit Empfehlung der Professoren und aufgrund seiner publizistischen Tätigkeit wurde er per Sommersemester 1913 zum Privatdozenten der ETH für Städtebau ernannt, später zum Titularprofessor.

Als in den 1920er-Jahren die Schweiz in einer Wirtschaftskrise steckte, las Bernouli das Grundlagenwerk1 der Freiwirtschaftslehre. Gemäss dieser Lehre war der Boden in staatlichen Besitz zu überführen, um ihn der Spekulation zu entziehen. Die staatliche Geldpolitik sollte auf stabile Löhne und stabile Kaufkraft ausgerichtet sein, um Krisen zu verhindern.

Bernoulli war Feuer und Flamme. Er hielt Vorträge zum Thema und reiste durch die Schweiz. Das passte nicht allen, und der ETH-Schulrat erhielt mehrfach empörte Schreiben wegen Bernoullis Einsatz für die Freiwirtschaft. In der Folge wurde der Schulratspräsident angehalten, «mit Bernoulli ernstlich zu sprechen und ihn darauf hinzuweisen, dass er in seinem Unterricht sich jeglichen Hinweises auf die Freigeldtheorie enthalte»2, schreibt Yvonne Voegeli im ETH-Blog. Denn jene Theorie hielt der Schulratspräsident schlicht als unwissenschaftlich.

Im Dezember 1938 erhielt Bernoulli schliesslich die Kündigung. Im Winter 1939 setzten sich zahlreiche Mitstreiter und Sympathisanten für ihn ein und sprachen beim ETH-Schulrat vor – es blieb aber dabei. Ab 1941 leitete Bernoulli eine neue freiwirtschaftliche Zeitschrift. Nach Kriegsende war er ein gefragter Berater für den Wiederaufbau zerstörter Städte in Europa; zudem sass er 1947–1951 für den Landesring der Unabhängigen im Nationalrat. 1947 verlieh ihm die Universität Basel die Ehrendoktorwürde, ein Trostpflaster.


1Silvio Gesell, Die natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld, 1916.
2Yvonne Voegli, Freigestellter Freigeist – Hans Bernoulli zum 140. Geburtstag, auf: ETH Bibliothek, EHTertiage, vom 19.2.2016.

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