Der Himmel über Basel

Manuel Pestalozzi
18. September 2015
Bild: Wladyslaw Sojka (www.sojka.photo)

Jede Amerikanische Stadt, die etwas auf sich hat, feiert ihre Existenz und wirtschaftliche Potenz mit einem Cluster von Wolkenkratzern. Es ist weniger der Mangel an Raumreserven als das Bedürfnis, Zeichen zu setzen, der in Orten wie Omaha für eine aufregende Silhouette sorgt. Praktisch immer handelt es sich auch um eine Manifestation des Kapitalismus. Es sind Corporations, die baulich zu den Sternen streben. Der Cluster deutet entweder an, dass man im Wettstreit steht oder sich als Teil eines Verbunds sieht. Vielleicht auch beides.
 
In Schweizer Städten hat man sich lange mit Hochhäusern zurückgenommen. Nur der Sulzerkonzern wagte es, sich in den 1960er-Jahren in Winterthur mit einem Turm ein Denkmal zu setzen. Lange war er mit 92 Metern der nationale Spitzenreiter. In den vergangenen Jahren ist die Zurückhaltung bei der Höhenentwicklung aber gewichen. Da und dort strecken sich Strukturen in der Vertikalen. Zu wirklichen Clusterbildungen ist es nicht gekommen, selbst in Zürich West muss man von einer Versammlung von Einzelgängern sprechen, denen jedes Zusammenghörigkeitsgefühl abgeht.
 
Basel hat nun zwei dieser Einzelgänger Hochhäuser in den Top Three, neben dem Roche-Tower den Messeturm auf Platz drei (nach dem Prime Tower in Zürich). Letzterer markiert einen öffentlichen Raum im Stadtgefüge. Der Roche-Tower steht hingegen in einem geschlossenen Areal des Unternehmens und beansprucht als «firmeninterne Angelegenheit» reichlich Luftraum. Bezeichnenderweise ist zu ihm bei de.wikipedia.org zu lesen, dass sich seine Architektur an jener von Rudolf Otto Salvisberg orientiert, der ab den 1930 Jahren als Roche-Hausarchitekt den Charakter des Areals entlang des rechten Rheinufers massgeblich prägte. Unendlich gestapelter Salvisberg? Das ist für Fachleute wie Laien schwere Kost.
 
Die Vereinnahmung des Basler Himmels von einem Grosskonzern, der mit dem Standort zwar emotional verbunden ist aber eben doch nicht ganz Basel repräsentieren kann oder will, stiess nicht nur auf Freude. In der Stadt sind die kritischen Voten zahlreich. Die Tat ist nun vollbracht, man wird sich an den Bau gewöhnen müssen. Ob er sich zu einer Ikone für den Konzern oder die Stadt entwickelt, wird sich weisen. Für den Moment ist es eher zu bezweifeln, dass er das schafft. Zu banal ist seine Kontur, zu wuchtig erscheint sein «Fussabdruck» im urbanen Gefüge.

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