Die Schule auf dem Werkhof

Manuel Pestalozzi
19. September 2023
So soll es in den Räumen der Schulanlage Sirius dereinst aussehen. (Visualisierung: © indievisual AG, Zürich)

Die Hochstrasse ist eine der ältesten Strassen zwischen Zürichs Altstadt und dem Zürichbergwald. Sie verläuft durch Zürich-Fluntern und ist gesäumt von etlichen Bauten, die älter als hundert Jahre sind. Zu den Bestandsbauten gehört auch der Werkhof Hochstrasse, der um 1930 errichtet wurde und an den Quartierpark Siriuswiese grenzt. Doch bis 2029 soll just an dieser Stelle ein neues Schulhaus entstehen – genauer gesagt, eine einzigartige Kombination aus Schulhaus, Sporthalle und Werkhof.

Den Wettbewerb für den Ersatzneubau hat ein Team bestehend aus Esch.Sintzel Architekten, der Firma Proplaning und den Büros KOLB Landschaftsarchitektur sowie Dr. Lüchinger+Meyer Bauingenieure gewonnen. Mit ihrem ungewöhnlichen Projekt «Kevin» schlagen sie vor, den Werkhof und die Doppelsporthalle in unterirdischen Kavernen unterzubringen. Beim neuen Schulhaus indes handelt es sich um einen viergeschossigen Baukörper. Auf diese Weise kann der erwähnte Park mitsamt seinem schönen Baumbestand erhalten bleiben. Zudem bleibt Platz für diverse schulische Aussenanlagen, zu denen ein Rasenspielfeld und zwei Tennisplätze gehören werden, die auch der Bevölkerung zugänglich sein sollen.

Auch eine Mensa gehört zum umfangreichen Raumprogramm für den Ersatzneubau. (Visualisierung: © indievisual AG, Zürich)

Das Raumprogramm des neuen Bildungsbaus umfasst 12 Primaschulklassen, vier Kindergärten, eine Mensa und die besagte Doppelsporthalle. Hoch- und Gladbachstrasse sollen durch einen zentralen Durchgangsweg miteinander verbunden werden, an dem sich der gedeckte Pausenplatz befindet. Die Kindergartenkinder betreten den Neubau dereinst über einen kleinen Fussweg kommenden auf der geschützten Rückseite. Die Zufahrt zum Werkhof wird neu im Nordwesten über die Hochstrasse erfolgen. Sie ist also klar vom Eingang der Schule getrennt.

Das kompakte Volumen des oberirdischen Teils der Anlage bringt einen neuen Massstab ins gut durchgrünte Quartier. (Situation: © ARGE GP Esch.Sintzel GmbH | Proplaning AG, Zürich)

Die Jury lobt in ihrem Bericht, das Gebäude des Büros Esch.Sintzel, das zuletzt zum Beispiel die bekannten Wohn- und Geschäftshäuser an der Zollstrasse unweit des Zürcher Hauptbahnhofs realisiert hat, greife den Massstab der Nachbarbauten überzeugend auf. Festgemacht wird dies an der vor- und rückspringenden Fassade. Auch passe das Projekt gut ins schützenswerte Ortsbild ringsherum, heisst es weiter. Doch wie Pläne und Modellfotos erahnen lassen, sprengt der voluminöse Ersatzneubau in Wahrheit den Massstab des verschlafenen Quartiers. Das lässt in der Nachbarschaft mittelfristig Opposition gegen das Projekt erwarten, obschon es in der Öffentlichkeit bisher noch unumstritten ist. Allerdings muss bei der Kritik am Massstabssprung und der Gebäudegrösse umgekehrt gesehen werden, dass es in Zürich chronisch an Schulraum mangelt, was wiederum innovative Lösungen und zuweilen auch Kompromisse erforderlich macht. Eindeutig positiv sind unterdessen der Erhalt des Quartierparks und die Öffnung der Aussenräume für die Bevölkerung zu werten.

Grosse unterirdische Kavernen für den städtischen Werkhof und eine Doppelsporthalle gestatten den Erhalt des benachbarten Quartierparks. (Schnitte: © ARGE GP Esch.Sintzel GmbH | Proplaning AG, Zürich)

Die Stadt lobt weiterhin die ökologische Umsichtigkeit der Gestalter*innen: Die Aussenräume mit zusätzlichen Bäumen werden zur lokalen Hitzeminderung beitragen, und die Anlage soll den Minergie-P-Standard erfüllen. Eine reversible Erdsonden-Wärmepumpe wird zu allen Jahreszeiten für ein behagliches Raumklima sorgen, und eine Solaranlage soll einen grossen Teil des für den Betrieb benötigten Stroms erzeugen. All das klingt gut. Doch ob derart grosse unterirdische Baumassnahmen umweltfreundlich sind und zum Erreichen des Ziels Netto-Null 2035 beitragen, darf trotzdem kontrovers diskutiert werden.

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